Eine finanzpolitische Lektion (LTB 180, Die rätselhaften Zwillingsvölker)

Die Stadt Entenhausen hat Geldprobleme und dies wirkt sich direkt auf den Zustand der Straßen, der öffentlichen Einrichtungen und des gesamten Stadtbildes aus. Onkel Dagobert hat aus diesem Grunde sogar eine Position im Stadtrat übernommen und der Stadt – wie nicht anders zu erwarten – einen strikten Sparkurs verordnet.
Sparen und den Gürtel enger schnallen ist allerdings nicht sehr angenehm, weshalb der Bürgermeister gerne auf den Vorschlag Donalds eingeht, der Stadt durch die Aufnahme von Schulden neuen Glanz zu verleihen. Da Donald aufgrund seiner zahlreichen persönlichen Erfahrungen mit Schulden das nötige Know-How mitbringt, wird er unverzüglich zum Finanzminister ernannt. Da schüttelt nicht nur Onkel Dagobert mit dem Kopf... ;)


Ein echtes "Finanzgenie".

Donald entwickelt des Konzept der so genannten NEB. Das steht für "Neue Entenhausener Bons" und stellt eine Anleihe dar, bei der die Entenhausener für ihren bereit gestellten Kredit nicht nur einen unverschämt hohen Zinssatz von 10 Prozent erhalten, sondern gleichzeitig zugesichert bekommen, dass ihr Geld in die Verschönerung der Stadt investiert wird.
Das Konzept scheint komplett aufzuehen: Ganz Entenhausen scheint seine Besitztümer der Stadt zu leihen und endlich ist das Geld für all die längst angedachten Investitionen vorrätig.
Leider ist Donald ja nun doch kein wirklicher Finanzexperte und hat bei seiner Idee mit den NEBs außer Acht gelassen, dass in der Finanzwelt sehr viele Dinge unmittelbar miteinander zusammenhängen und so wird durch seine Maßnahme eine kleine Lawine losgetreten, dessen resultierende enorme Inflation noch das geringste Übel scheint.


Wer sich Geld leiht...

Denn schon bald stellt sich die Frage, was denn getan werden soll, wenn die Kreditgeber ihr Geld zurück wünschen? Donald beantwortet diese Problematik auf die ihm eigene Art und bringt neue Anleihen zu noch höheren Zinssätzen heraus, um die alten Schulden zu begleichen. Sich in einer regelrechten Schuldenfalle befindend, wird es dann doch allerhöchste Zeit, dass Onkel Dagobert wieder in das Geschehen eingreift, und Entenhausen vor dem nahenden finanziellen Kollaps erlöst.

Onkel Dagobert hat sich in weiser Voraussicht selbst ein großes Paket NEBs gekauft und fordert nun unverzüglich die Auszahlung seiner Anleihe – wohlwissen, dass das Geld längst ausgegeben ist und die Stadt ihn nicht wird auszahlen können. Als Gegenwert nimmt er Besitz von der Entenhausener Umgehungsstraße, die mit seinem Geld gebaut worden ist, und führt dort Wegezoll ein. Seinem Vorgehen nehmen sich die anderen Entenhausener ein Beispiel und schon gehört die halbe Stadt – angefangen von der Straßenlaterne bis zum Müllcontainer – den einzelnen Entenhausenern.
Dies hat neben der finanzpolitischen Lektion, die Dagobert Donald und dem überforderten Bürgermeister erteilt auch den Vorteil, dass die Bürger mit ihrem Eigentum nun sehr viel sorgfältiger umgehen, als noch zu Zeiten, wo all die Dinge in Stadtbesitz waren.


... muss es unglücklicherweise zurückzahlen.

Regelrecht beeindruckend, wie es Pezzin mit dieser Geschichte gelingt, höchst komplexe volkswirstchaftliche Zusammenhänge comicgerecht umzusetzen und dem (zumeist jungen) Leser auf diese Art in der Tat eine "finanzpolitische Lektion" zu erteilen, ohne diesen aber zu langweilen.
Die dargestellten Szenarien haben durchaus Hand und Fuß und sorgen für eine unerwartet ernstzunehmende Auseinandersetzung mit dem eigentlich ja eher trockenen Stoff der Finanzpolitik. Der Dank, dass es dennoch richtig Spaß macht diese Geschichte zu lesen (Vielleicht auch gerade wegen des realistisch anmutenden Bezugs zu Schulden anhäufenden Städten und Staaten), gebührt somit den Herren Pezzin und Scala, die den Spagat zwischen realistischem Wirtschaftsgeschehen und Unterhaltung mit Bravour meistern. So abstrus das steigende Schulden-Chaos auf den ersten Blick auch scheinen mag – Angst und Bange darf einem hier werden bei dem Gedanken daran, dass dieses Szenario in der Realität ja genau so vonstatten geht, wie Finanzgenie Donald es hier demonstriert... ;)

Christian Peters

Story: Giorgio Pezzin
Zeichnungen: Guido Scala
Seiten: 46
Veröffentlicht: 1992