Das
verlorene Testament (LTB 143, Das Geheimnis der
Silberleuchter)
Jeder kennt das: Ein unbedachtes
Wort hier, eine unpassende Bemerkung dort,
Porzellan ist zerbrochen und es gibt nichts, was
den entstandenen Schaden vollständig reparieren
könnte, zumindest eine Narbe bleibt zurück. Es
gibt da dann die schöne Floskel "Ich würde
gerne die Zeit zurückdrehen, wenn ich es
könnte. Aber ich kann es nicht." Das ist
dann immer ziemlich schade - und zeigt uns
eindrucksvoll, dass wir nicht in einer Comicwelt
leben. Dass das in der nämlich durchaus
funktionert zeigen uns Giorgio Pezzin und
Giampiero Ubezio in dieser Geschichte.
Überraschendes Treffen
Das Museum von Schnatterfingen steht
kurz vor der Schließung. Grund: Das Gebäude, in
dem es untergebracht ist, wurde von einem
Wohltäter gestiftet, der leider kurz darauf
verstarb. Das Testament, in dem er die Schenkung
endgültig bestätigte ging aber verloren, als es
während eines Transporter mit einem Schiff sank
- so sieht es zumindest aus.
Das können Micky und Goofy natürlich nicht
geschehen lassen, also macht man sich mit den
Professoren Zapotek und Marlin daran, das
Testament zu retten. Ein munterer Trip in die
Vergangenheit steht also bevor.
Jawoll! Es kann nur einen geben!
Aber so eine Reise durch Zeit und
Raum hält manche Überraschung für den
Reisenden bereit - insbesondere bei derart kurzen
Distanzen. Voller Überraschung treffen Micky und
Goofy auf dem Schiff, das mit dem Testament
seinem Schicksal entgegenfährt, auf sich selbst
- in einer einige Jahre jüngeren Ausgabe. Dass
man dadurch quasi in doppelter Ausführung an
Bord ist, kann sich natürlich nur positiv
auswirken; besonders, als sich herausstellt, dass
das Schiff keinesfalls einem "normalen"
Unfall zum Opfer gefallen ist. Es zeigt sich,
dass der schurkische Käpt'n Orang das Schiff
gekapert (und gleichzeitig alle Gäste mittels
eines Schlafmittels im Trinkwasser betäubt und
damit auch ihrer Erinnerung beraubt) hat. Welch
Glück, dass er nichts von den doppelten Helden
weiß, die sich natürlich die Chance nicht
entgehen lassen, den Bösewicht zu verwirren und
seine Pläne gekonnt zu durchkreuzen. Keine
Frage, dass am Ende auch die Rettung des
Testaments und damit des Schnatterfinger Museums
steht.
Die Antwort war doch so nah
Pezzin ist ja generell als sehr
kreativer Autor bekannt - was er auch hier wieder
unter Beweis stellt. Micky und Goofy mit der
Zeitmaschine nur wenige Jahre zurückreisen zu
lassen und sie dort auf jüngere Ausgaben ihrer
selbst treffen zu lassen, mit denen man sich dann
gar anfreunden kann, ist natürlich ein Einfall
erster Güte. Auch das daraus notwendige
Folgenlassen des Gedächtnisschwundes fügt sich
nahtlos in die Geschichte ein, die auch rund um
diese Idee eine sehr schöne Handlung aufweisen
kann. Das Auftauchen von Käpt'n Orang (samt
einer Erklärung für seine seltene Auftritte,
trotz seiner enormen kriminellen Energie) ist
eine gelungene Überraschung, die bestens ins
Bild passt. Insgesamt ist die Story deutlich auf
das Erzählen einer spannenden Geschichte
ausgelegt und streift die Bereiche der Komik nur
am Rande - das macht aber gar nichts, denn gerade
in ihrer ernsthaften Art überzeugt sie und sorgt
damit auch dafür, dass man nichts vermisst. Die
Zeichnungen von Ubezio passen wunderbar zum
Szenario, insbesondere auch zur Figur des Käpt'n
Orang, da sie eine gewisse Ernsthaftigkeit
vermitteln und auch die richtige Atmosphäre für
das Ränkeschmieden des Schurken bieten. Unterm
Strich steht damit eine sehr ungewöhnliche, aber
trotzdem hervorragende Geschichte.
von Carsten Spitz
Autor: |
Giorgio Pezzin |
Zeichner: |
Giampiero Ubezio |
Seiten: |
54 |
Veröffentlicht: |
1988 |
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