Im Tal der Redensarten (LTB 171, Der Schmutzgeier ist wieder da)

Wer ein wahrer Freund des Vogels ist, der tut was für das flatternde Federvieh. Und so engagiert sich auch Minni Maus, seit neuestem ornithologisch interessiert, für den zweibeinigen Piepmatz im allgemeinen. Also wird im Garten, der in den Vogelfluglinien vermutet wird, ein Vogelhaus aufgestellt. Konsequenz: Ein Papagei, sprechend, dafür aber ausgesprochen unverschämt, kommt zu Besuch. Da dies kein rechter Umgang für eine Dame ist, wird das Tier zu Freund Micky abgeschoben. Der ultimative Ausgangspunkt für ein ungeheures Abenteuer!


Flieg, Vogel, flieg!

Das Wesen erweist sich als recht mitteilsam, und so erfährt der aufgeweckte Mäuserich, und mit ihm die Leserschaft, so einiges über den Papagei, dessen Name sich als Heinerich erweist - und man wird motiviert, gemeinsam eine Reise ins "Tal der Regenbogen" zu unternehmen, von dem man allerdings außer dem Namen nahezu nichts weiß. Das erweist sich als negativ, nachdem man sich über Stock und Stein und einige Hindernisse überwindend in eben dieses Tal begeben hat. Auf diesem lastet ein unschöner Fluch, der all seine Bewohner dazu verurteilt, eine Rolle gemäß beliebter Redewendungen auszufüllen.


Wahrlich ein unschönes Schicksal, redensartlich eine negative Nische zu besetzen

Sei es die weise Eule, der Angsthase, der dumme Esel, die blöde Gans, all dies und noch viel mehr ist vertreten. Interessant wird es vor allem, als auch Kater Karlo aufkreuzt, der sich an die Fersen der Maus geheftet hatte - was läge da näher, als diese beiden erst einmal eine Runde "Katz und Maus" spielen zu lassen? Doch die Mischung aus den kriminellen Impulsen des Katers und der Intelligenz Mickys ist durchaus vorteilhaft, führt sie doch letztlich dazu, dass es glückt das Tal zu verlassen. Nun aber muss natürlich noch der Fluch von diesem genommen werden! Auch hier sind einige Hürden zu überwinden, doch natürlich ist der Weg des Schicksals nicht aufzuhalten und schon bald geht auch im Tal der Redensarten alles wieder den üblichen Gang.


Dankbarkeit? Kokolores!

Die Story ist nicht nur ausgesprochen originell, sondern auch zeichnerisch großartig umgesetzt. Viele Gags, die diesen Namen auch verdienen, lockern das Maussche Abenteuer gekonnt auf, die zu Teilen über die Sprache und einige ganz hervorragende Wortspiele, zu Teilen aber auch über die Zeichnungen transportiert werden. Die Darstellung des Charakter des Heinerich als ewig nörgelndem Egoisten, der aber im Ernstfall auch zurückzustecken weiß, ist ausgesprochen amüsant geglückt, und bis zum Schluss muss der Leser hier wirklich auf die Auflösung des Knotens warten, die zwar etwas überraschend, aber dennoch nicht unlogisch daherkommt - es wird also nicht nur eine atmosphärisch dichte Story immer wieder gekonnt aufgelockert, sondern diese wird auch spannend zu einem passenden Ende gebracht. Auch der Gegensatz zwischen einigen textlastigen, erklärenden Passagen und dem Vorantreiben der eigentlichen Handlung durch in erster Linie zeichnerische Elemente ist gelungen und verhindert endgültig ein Abdriften der Story in langweilige Abschnitte. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass es durchaus auch in Zeichenstudios gefertigte Stories gibt, die zu überzeugen wissen - das ist wohl die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigt :)

Carsten Spitz, 2004

Autor: Paolo Crecchi
Zeichner: Comicup Studio
Seiten: 60
Veröffentlicht: 1991