Eine Stadt im Kunststoff-Fieber (LTB 128, Goldregen bringt Segen)

Giorgio Pezzin, einer der besten und bedeutendsten Comic-Autoren aus Italien, hat sich in der Geschichte "Eine Stadt im Kunststoff-Fieber" wieder einmal mit dem allzu schnell fortschreitenden Fortschritt kritisch auseinander gesetzt. Gut zeigt diese Geschichte auf, dass zunächst innovativ und ausschließlich positiv erscheinende Neuerungen oftmals erst auf den zweiten Blick auch neue Schattenseiten mit sich bringen.

Zeichnerisch wurde das Szenario von dem leider viel zu früh verstorbenen Guido Scala umgesetzt. Scalas schwungvolle Zeichnungen bereicherten mit ihrem unverkennbaren Stil den Disney-Kosmos über viele Jahre - wenngleich sein eigener Zeichenstil zugegebenermaßen mehr Geschmackssache sein dürfte, als bei anderen Zeichnern. Gerade bei Literaturparodien finde ich seinen Stil aber durchaus passend - und einen eigenen Stil zu erschaffen und durchzusetzen, verdient Anerkennung.

Eine Stadt im Kunststoff-Fieber ist nun zwar keine Comic-Umsetzung eines bekannten Romans, aber auch so sehr gelungen. Die Entenhausener Stahlindustrie befindet sich in einer schweren Krise, so dass Onkel Dagobert beschließt, neue Wege zu gehen: "Duckonyl" heißt der von seinen Ingenieuren neu entwickelte Kunsttoff, der Entenhausen und Umgebung revolutionieren soll - und dies auch tut.
Wird der Kunststoff zunächst nur zum Bau von Dagoberts Öltankern verwendet, verbreitet dieser sich mit zunehmender Geschwindigkeit in alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Federleichte Autos, die bei Zusammenstößen keinen Schaden verursachen und Häuser mit dem Gewicht, dass Kleinkinder sie zusammenbauen könnten, beherrschen fortan den Markt.
Und Onkel Dagoberts Kassen klingeln...

Wie aber so oft, hört die reichste Ente der Welt, erst einmal in seinem Element, mehr auf seinen Drang des Geldverdienens, denn auf seinen Verstand. Selbst die Bäume lässt er durch pflegeleichtere Unikate ersetzen, so dass nach und nach natürliche Pflanzen und gar ganze Berge aus der Landschaft Entenhausens verschwinden. Sogar ein kompletter Urwald wird aus Duckonyl-Bäumen hergestellt.
Neben dem Verlust der wirklichen, unberührten Natur, macht sich negativ bemerkbar, dass die unverrottbaren Kunststoffgegenstände einen immensen Müllberg produzieren.

Schlussendlich muss Onkel Dagobert eingestehen, dass er das Rad zu weit gedreht hat und es mit seinem sehr weit entwickelten Geschäftssinn übertrieben hat. Diese Erkenntnis erreicht ihn allerdings auch erst, nachdem Donald und die Kinder ihn mithilfe einer "Schocktheorie" auf den Boden der Tatsachen zurückeholt haben. Hatten sie doch schließlich sein gesamtes Vermögen kurzfristig in Duckonyl-Geld umgetauscht...
In Entenhausen erhält jedenfalls glücklicherweise schon sehr bald wieder die Normalität Einlass.

Christian Peters, 2004

Autor: Giorgio Pezzin
Zeichner: Guido Scala
Seiten: 56
Veröffentlicht: 1985