Die Welt ohne Zeit
(LTB 125, "Freie Fahrt für
Phantomias") Nichtsahnend
ist Micky mit seinem Freund Goofy mit dem
Frühjahrsputz beschäftigt, als es an der Tür
klingelt. Man öffnet die Türe - und herein
spaziert das nächste Abenteuer der beiden. Ein
Mann, der sich als Manuel Maier vorstellt, soll
sie zu seinem Boss, dem legendären Millionär
Baldur Bonzel, bringen. Man willigt ein und
landet unversehens in einer verworrenen
Geschichte um andere Welten, Fehden und Intrigen
- es scheint nämlich, als gebe es unter der
Antarktis ein Land, in dem die Zustände der
Vorzeit alles überdauert hätten, so dass die
Gegend dort eher der in einem passablen
Steinzeitfilm denn der in der modernen
Großstadtlandschaft gleicht. Eine spannende
Aufgabe also, dieses Land zu erforschen. Zur
allgemeinen Überraschung kommt auch Mickys
Freundin Minni mit, die es satt hat, stets
tatenlos zu Hause herumzusitzen, während ihr
Liebster durch die Welt jettet. Wir lernen
außerdem die beiden stets streitsüchtigen
Zwillinge Pedro und Pablo kennen, die ebenso
dabei sein werden wie auch Kapitän Omen.
Baldur Bonzel, seit 30 Jahren alterungsfrei
Gemeinsam
erreicht die Gruppe die Antarktis und findet auch
rasch den gesuchten Weg in das Land vor unserer
Zeit - und wird dort von den Lebensumständen
überrascht. Es zeigt sich, dass im Erdinneren
eine weitere Sonne befindet, die die innere Welt
mit Licht und Wärme versorgt - doch kaum ist
dies erkundet, kommt es zu einem Unfall, der die
Gruppe trennt. Die Zwillinge landen mit Micky bei
einem nur auf den Bäumen lebenden Volk, den
sogenannten Bäumlern, während Goofy und Omen
sich bei einem Seefahrervolk wiederfinden, das
sich Flüssler nennt. Minni enteilt dem Geschehen
gemeinsam mit Baldur Bonzel, der sich
verblüffend gut auskennt. Nun ist es so, dass
die Flüssler und die Bäumler einander
bekämpfen, und dass ihre Zwietracht noch durch
ein weiteres Volk, die Schergen des sogenannten
"Herrn der Lüfte", verstärkt wird,
die sich nämlich als Unterdrücker präsentieren
und von den anderen Tributzahlungen verlangen.
Dieses Volk besitzt auch eine hoch entwickelte
Technologie, so dass die Flüssler und Bäumler,
die sich mit recht vorsintflutlichen Mitteln
durchschlagen, keine Chance haben, sich zu
wehren. Doch dann kommen zum Glück die Fremden
von Außerhalb hinzu und betätigen sich als
Friedensstifter: Zur Harmonie getrieben wollen
alle Beteiligten, vor allem Micky, die beiden
Stämme zu einer Freundschaft und einem
gemeinsamen Kampf gegen den Herrn der Lüfte
überreden - was auch, wenn auch auf einigen
Umwegen, gelingt.
Und so entpuppt sich am Ende alles als ganz
anders: Baldur Bonzel war dereinst der Herr der
Lüfte, wurde aber von seinem Kanzler aus dem Amt
gedrängt und in die äußere Welt verfrachtet,
nun aber kehrte Bonzel, nach langer Suche des
Eingangs in die innere Welt zurück, um den
Frieden wiederherzustellen.
Wiedersehen macht Freude
Dabei steht natürlich auch die
Rache am Kanzler auf dem Plan - und es steuert
der Plot auf die finale Eskalation zu, an deren
Ende, vor allem wegen der weitreichenden
Kenntnisse Bonzels, die Bösen unterliegen und
der Friede wieder einkehrt.
Die Geschichte lebt vor allem von ihrer Spannung
und dem angenehmen Charme, den die fremde Welt
versprüht und führt der Leserschaft wieder
einmal vor Augen, wohin blinde Rache und
unüberlegte Feindschaft führen kann, und was
sich durch überlegtes Handeln zu wandeln in der
Lage ist. Ihren Namen hat die Geschichte von der
physikalischen Eigenheit der inneren Welt, dass
die Sonne als Mittelpunkt der Geschehnisse agiert
und somit niemals auf- oder untergeht, es ist
also ein immerwährender Tag, so dass natürlich
keine nach menschlichen Maßstäben sinnvoll zu
skalierende Zeit vergeht. Außerdem hat hier das
Autoren- und Zeichnerteam seinen Scarpa ausgiebig
gelesen: Wahrlich kein Zufall ist es, dass die
streitsüchtigen Zwillinge Pedro und Pablo den
beiden Matrosen Bill und Bull aus "Das ewige
Feuer der Königin Kalhoa" beinahe bis aufs
Haar gleichen.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier
Auch die Zeichnungen Dossis passen
hier ausgesprochen gut und verstärken fulminant
den Charme der Welt ohne Zeit und unterstützen
den Plot gleichermaßen beim Aufbau der
Atmosphäre. Auch durch ihre Länge hat die
Geschichte Zeit sich in allen Einzelheiten zu
entwickeln und damit schlussendlich alle Aktionen
absolut überzeugend und folgerichtig wirken zu
lassen, statt, wie teilweise aus der Neuzeit
gewohnt, überhastetes Geschehen zu integrieren,
dennoch wird die Story aber in keinster Weise
langweilig. Auch der Humor kommt nicht zu kurz,
allerdings ist er eher subtil eingewoben und rar
platziert, dafür aber an den richtigen Stellen,
um so die Handlung geschickt aufzulockern. Gerade
beim ersten Lesen gelingt es dieser Story, eine
unglaubliche Faszination auf den Leser auszuüben
und eine vergnügliche Stunde zu bereiten, die
freilich auch beim neuerlichen Lesen bestehen
bleibt und so die Geschichte zu einer
ausgesprochen guten macht.
Bill und Bull von Scarpa - und ihre
Nachfolgerschaft
Carsten
Spitz, 2005
Autor: |
Staff di IF |
Zeichner: |
Sandro Dossi |
Seiten: |
110 |
Veröffentlicht: |
1985 |
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