Nur den Titel gemeinsam
hat das ungeheure Epos von Giorgio Pezzin, das
vor allem in Zusammenarbeit mit dem
Micky-Experten Massimo de Vita mit Leones
legendärem Film aus den 80er Jahren. Denn hier
geht es weniger um Schmuggel, Mord und sonstige
Delikte als vielmehr darum, den Weg Nordamerikas
zu begleiten, von seiner Besiedlung bis in die
Gegenwart. Und so verfolgt die Geschichte die
Ahnenreihe Mickys, die prägend an der
Entwicklung in den USA mitgearbeitet hat.
Beinahe allen Teilen ist
gemein, dass sie vor allem zeichnerisch brillant
sind (auch wenn Petrossi und Ziche hinter de Vita
etwas zurückbleiben), aber auch erzählerisch
hervorragend. Die Geschehnisse um die Mäuse sind
hervorragend in die amerikanische Geschichte
eingebettet und maßgeblich daran beteiligt, auch
wenn manchmal ein wenig an der zeitlichen
Einordnung herumgespielt werden muss, damit die
Geschichte in sich stimmig bleibt. Doch das
fällt nicht ins Gewicht, da die Story ja auch
nicht unbedingt für sich in Anspruch nimmt, zu
100% historisch korrekt zu sein.
Etwas sonderbar mutet
sicherlich auch an, dass die Mickys aller
Generationen gleich aussehen, immer Frauen
kennenlernen, die wie Minni Maus aussehen,
irgendwo auf Leute treffen, die wie Goofy
aussehen und ihre Freunde werden und sich mit
Kater Karlo ähnlichen Gestalten herumschlagen
müssen. Doch natürlich ist das erforderlich, um
nicht viele neue Charaktere vom Grundsatz her neu
einzuführen, wozu ja auch der Rahmen in keinster
Weise gegeben ist, da die einzelnen Kapitel mit
Längen zwischen 30 und 41 Seiten auch eine
humane Länge haben, so dass auch das Gesamtwerk
durchaus am Stück gelesen sinnvoll unterteilt
werden kann. Außerdem sorgt die Benutzung auf
den ersten Blick bekannter Charaktere natürlich
auch stets dafür, dass sich der Leser sofort mit
dem Geschehen identifizieren kann und ist auch
von daher sinnvoll, als die einzelnen Kapitel in
teilweise großen zeitlichen Abständen
erschienen sind und (leider, leider) auch bis
heute keine Komplettausgabe der Saga vorliegt (es
gibt lediglich eine italienische Ausgabe, die 11
der 14 Teile beinhaltet).
Gleichzeitig kann man aber auch problemlos alles
nachvollziehen, wenn man die Sage geschlossen
liest, wobei sich dann auch noch zusätzliche
Zusammenhänge erschließen, die andernfalls
möglicherweise in Vergessenheit geraten, so dass
also ein sehr guter Kompromiss zwischen
Abgeschlossenheit der Kapitel für
Gelegenheitsleser und Gesamtzusammenhang gefunden
worden ist.
Ein Sieb kleidet
ungemein
Und das ist die Geschichte
des Maus-Clans beginnend bei der Auswanderung aus
dem guten, alten England:
Teil 1: Der Schatz
der Pilgerväter, Teil 1 (LTB 202)
Wir treffen auf die
europäischen Ahnen Mickys, 8-9 Generationen vor
der Geburt des später so bekannten Mäuserichs.
Im September 1620 lebt Micky Maus, der Urahn der
bekannten Maus, als Schneidermeister im
englischen Southampton, und das nicht schlecht.
Doch das Schicksal spielt ihm einen Plan für
einen Raubüberfall in die Hände, den er dem
Polizeichef übergibt. Dieser stellt sich leider
als korrupt heraus und lockt Micky so in eine
Falle, die ihn am Ende als einen Mittäter am
Überfall dastehen lässt und ihn ins Gefängnis
befördert. Doch ihm gelingt die Flucht und er
schafft es auch, die Beute des Überfalls zu
finden und den Bestohlenen zurückzugeben - aber
als flüchtiger Krimineller kann er sich
natürlich nicht mehr sehen lassen, und so weckt
er tief in der Nacht seine große Liebe Minni mit
dem Vorschlag, am nächsten Morgen nach Amerika
aufzubrechen, wo die Vergangenheit Geschichte
ist. Auf zu neuen Ufern!
Der Realitätsbezug ist
hier vor allem in der Rahmenhandlung für die
Story zu suchen, denn Ziel des Überfalls ist das
Ersparte der Pilgerer, die mit der Mayflower nach
Amerika aufbrechen wollen. Und nachdem Micky
ihnen dieses retten konnte, nehmen sie ihn gerne
mit, so dass er mit den ersten Siedlern in die
neue Welt gelangen kann.
Teil 2: Der Schatz
der Pilgerväter, Teil 2 (LTB 202)
Nun werden in der
Maus'schen Familienchronik ein paar Generationen
übersprungen und wir finden uns 5 Generationen
vor der heutigen Maus im Jahre 1716 in Boston, wo
der Schneider-(Ur)Enkel nun eine Tuchhandlung
leitet. Der Maus-Clan befindet sich also
weiterhin an der Ostküste USA in Massachusetts,
wo auch die Mayflower gelandet war. Doch das
Geschäft geht schlecht, denn der schurkische
Lord Lister verdirbt die Preise: Er produziert
seine Stoffe selbst, und das ohne dabei Steuern
zu entrichten an die englische Krone, zu deren
Besitz Massachusetts seinerzeit zählte. Erlaubt
ist lediglich das Importieren aus England. Doch
gelingt es Micky, diese hinterhältige
Geschäftsidee aufzudecken und Lister auffliegen
zu lassen. Doch eines lehrt dieser Vorfall die
Bewohner der Kolonie: Die Abhängigkeit von
England ist viel zu stark, daran muss sich
dringend etwas ändern.
In diesem Kapitel erleben
wir das Aufflackern der ersten
Widerstandsbemühungen gegen die englische Krone,
die das nordamerikanische Volk, das nach Freiheit
und Unabhängigkeit strebt, unterdrückt und sich
an ihm bereichert.
Werft die Fesseln ab!
Teil 3: Im
Indianerland (LTB 206)
Und wieder geht es weiter
in Richtung Gegenwart, nach Überwinden einer
weiteren Generation dürfen wir nun bereits mit
Mickys Ururgroßvater mitfiebern, der die
Tuchhandlung seiner Eltern aufgegeben hat und nun
als allseits interessierter Mensch in Springfield
(Massachusetts) lebt. Er schließt sich voller
Neugierde einer Expedition ins Landesinnere an,
die auf dem Connecticut River reisen will. Doch
leider wird er durch einen Unfall von seinen
Mitstreitern getrennt und muss sich nun allein
durchschlagen - bis er im Winter den erfahrenen
Trapper Jacques de Goof trifft, der ihn alles
lehrt, was in der Wildnis von Wichtigkeit ist.
Und so wird auch Micky ein cleverer Wildläufer
und schlägt sich stets auf die Seite des Guten
und der Natur, was ihm vor allem als
Schlüsselfigur in einem Konflikt zwischen
schurkischen Einwanderern und den Indianern sehr
zum Vorteil gereicht. So sehr gar, dass die
Indianer ihn in Ehren bei sich aufnehmen und er
die indianische Frau Die-mit-den-Augen-strahlt
ehelicht.
Teil 4: Ein
Interview mit George Washington (LTB 209)
Für den jungen Spross der
beiden, der ebenfalls den Namen seines Vaters
übernimmt, ist das Leben in der Wildnis auf die
Dauer aber nichts, ihn zieht es zurück in die
Zivilisation. Er verlässt daher seine Familie
und fährt nach Philadelphia, wo ein Jugendfreund
seines Vaters, der berühmte Benjamin Franklin,
die Zeitung Philadelphia Gazette betreibt. Dort
wird Micky von Oliver Goof zum Reporter
ausgebildet und kann seine Karriere durch ein
zugesagtes Interview mit dem General George
Washington, einem der Anführer der
Aufständischen Amerikas gegen die englische
Krone, krönen - leider werden Micky und Oliver
Goof kurz davor entführt, um mit ihren
Passierscheinen einen Attentat auf Washington zu
ermöglichen. Doch, wie beinahe erwartet, gelingt
den beiden Journalisten die Flucht und auch, das
Attentat zu verhindern. Und so endet die Episode
friedlich und mit dem ersten Entwurf der
Unabhängigkeitserklärung 1776.
George Washington, der
baldige Präsident, mit Benjamin Franklin
und den wackeren Reportern
Wir erfahren in diesem
Abschnitt einiges über den amerikanischen
Unabhängigkeitskrieg. Ein klein wenig wurde hier
an der Geschichte herumgemogelt (Franklin gab die
Zeitung nur bis 1766 heraus, die Boston Tea
Party, auf die als früheres Ereignis auch Bezug
genommen wird, war aber erst 1773).
Teil 5: Der
vorletzte Mohikaner (LTB 218)
Micky arbeitet weiterhin
bei der Zeitung (die mittlerweile korrekterweise
Pennsylvania Gazette heißt), als plötzlich ein
englischer Notar erscheint, der ihn gemeinsam mit
seinem Partner Oliver Goof als fähige
Journalisten mit der Suche nach einem
verschwundenen Mädchen beauftragt, das angeblich
bei den Indianern lebt und eine große Erbschaft
gemacht hat. Und so macht man sich auf und sucht
nach der Dame, die, wie sich herausstellt, nun
bei den Mohikanern lebt. Durch ein Missgeschick
haben sich allerdings fast alle seines Stammes
von ihrem Häuptling Heller Wahnsinn abgewandt,
der die Besitzurkunde über ein großes Tal für
sein Volk verlor. Doch durch den cleveren
Spürsinn von Micky und Oliver wird alles zum
Guten gewendet und der Stamm der Mohikaner wieder
zusammengeführt. Ein Glück!
Echten Realitätsbezug
gibt es hier eigentlich nicht, die Episode ist
vielmehr als ein Stückchen leichte Unterhaltung
eingebaut, wozu auch passt, dass die Zeichnungen
nicht von Massimo de Vita sind, sondern von
Silvia Ziche.
Teil 6: Die
Flussprinzessin (LTB 219)
Micky hat genug von
Philadelphia und lenkt seine Schritte nach
Westen, wo er vorerst in dem beschaulichen Oak
Ridge in Tennessee bleibt, wo der kreative
Erfinder Jeremiah Pepper gemeinsam mit 6
Waisenkindern lebt, die er adoptiert hat. Leider
hat der sympathische Mann finanzielle Probleme,
die seine Farm belasten, und wird von seinem
Gläubiger gewaltig unter Druck gesetzt. Dieser
will nämlich seine Adoptivtochter Menny heiraten
- doch auf diese hat auch Micky ein Auge
geworfen. Als Rettung wird die angebaute
Baumwolle gesehen, die auf dem Markt im nahen
Chattanooga veräußert werden soll - doch der
Landweg erweist sich als unpassierbar, dem
schurkischen Gläubiger sei Dank. So bleibt nur
der Fluss, der aber in die falsche Richtung
fließt, und es schlägt die große Stunde der
Dampfmaschine. Noch unbekannt rechnet damit
niemand und die Ware lässt sich transportieren
und die Farm retten.
In dieser Geschichte
werden wir vor allem Zeuge der Entwicklung der
Dampfmaschine, die im ausgehenden 18.Jahrhundert
und beginnenden 19.Jahrhundert ihren Siegeszug
antrat.
Micky bringt es auf
den Punkt
Teil 7: Micky und
die Schlacht um Alamo
Dieser Teil ist nicht im
LTB, sondern nur im Abenteuer Team #27
erschienen. Er beschreibt die Schlacht um das
texanische Fort Alamo 1836. Die Zeichnungen
wurden von Fabrizio Petrossi übernommen.
Teil 8: Topolino e
la via dell'Oregon
Dieser Teil ist in
Deutschland nicht erschienen. Er beschreibt, wie
Micky einen Siedlertreck quer durch den wilden
Westen nach Oregon führt.
Erinnerungen an die
Helden der Vergangenheit
Teil 9: Goldfieber
(LTB 248)
Seine Reise führt ihn nun
weiter (wir sind in der Zwischenzeit und während
der in der LTB-Reihe nicht veröffentlichten
Teile bereits bei Mickys Großvater angekommen)
nach Kalifornien, wo er Teile des Goldrausches
1849 miterlebt. Er trauert seiner zuvor
verlorenen großen Liebe Clementine hinterher,
die seine vielen Reise nicht guthieß und wird
ein guter Freund der Schoschonen, da er einem
ihrer Krieger das Leben rettete. Daher kämpft er
an ihrer Seite um ihre Rechte, die ihnen von
einigen Kriminellen geraubt werden sollen, die
auf indianischem Boden Gold gefunden haben - mit
Erfolg.
DIe Liebe verfolgt den
Armen auch im Schlaf
Teil 10: Das
eiserne Pferd (LTB 253)
Micky ist nun Reiter beim
Pony-Express geworden, doch auch diese Aufageb
reizt ihn nicht sehr lange. Stattdessen werden
wir nun Zeuge des Eisenbahnbaus im Westen in den
1860ern, wo Micky sich als geschickter Diplomat
und cleverer Bursche erweist und der Union
Pacific zum Sieg gegen die Overland Trade
verhilft, die ein Wettrennen um die Erteilung des
stattlichen Auftrages austragen müssen. Dabei
schreckt die Overland Trade auch vor mafiösen
Methoden nicht zurück, um den Kontrahenten
aufzuhalten. Ein Erfolg für den wackeren
Mäuserich, doch noch immer trauert er seiner
großen Liebe Clementine hinterher.
Der weite, weite
Westen
Teil 11: Topolino
e la legge del Far West
Dieser Teil ist in
Deutschland nicht erschienen. Er beschreibt, wie
Micky in den 1870ern die alternde
Wild-West-Legende Bill Hickok trifft, ihr neues
Selbstvertrauen einimpft und einen Hinweis auf
den Verbleib Clementines erhält.
Teil 12: Topolino
e il lungo sentiero
Dieser Teil ist in
Deutschland nicht erschienen. Er beschreibt, wie
Micky nach langer Suche endlich seine Clementine
wiederfindet, eine Viehherde durch die wilden
Weiten der Prärie treibt und seine große Liebe
endlich heiratet.
Teil 13: Topolino
e l'ultimo cowboy
Dieser Teil ist in
Deutschland nicht erschienen. Er beschreibt, wie
sich der Sohn Mickys mit Clementine, der spätere
Vater Mickys, gemeinsam mit seinen Freunden
Orville und Frank (deutlich angelehnt an die
Flieger Orville Wright und Frank P.Lahm) um die
Jahrhundertwende als Pionier der Luftfahrt
betätigt und als erster ein eigenes
Flugnunternehmen betreibt und später Öl findet.
Außerdem lernt er Buffalo Goof kennen, der
eigentlich von Kit Carson inspiriert war und das
Wiedersehen seiner Eltern ermöglichte.
Luftkapriolen
Teil 14: Der
amerikanische Traum (LTB Spezial 16)
Im letzten Teil der Saga
geht Buffalo Goof im ausklingenden Wilden Westen
auf Jobsuche - und findet nichts als eine
Anstellung beim Film im aufstrebenden Hollywood.
Doch dank seiner Erfahrung als "echter"
Cowboy wird er rasch zum Star. Alsbald erfährt
er auch vom Werdegang seines alten Freundes
Micky, der zwar Chef des riesigen Filmstudios
Mickymount geworden ist, dafür aber sein Herz
geopfert hat - er war mit seiner Ölquelle auf
die Nase gefallen und geleimt worden, so dass er
niemandem mehr vertraute. Doch Buffalo Goof
kämpft für seinen Freund und entwickelt dabei
einen Ehrgeiz, den Micky selbst nicht mehr
aufzubringen in der Lage war, und am Ende beweist
er ihm, dass die wahren Freunde nicht durch Geld
und Ruhm zu ersetzen sind. So verkauft Micky
seinen ganzen Besitz kurz vor dem Schwarzen
Freitag 1929, heiratet seine Sekretärin und lebt
wohlbetucht und glücklich weiter - und wird kurz
darauf Vater eines Sohnes, den wir heute als
Micky Maus kennen.
Der heutige Micky
Carsten
Spitz, 2005
Autor: |
Giorgio Pezzin |
Zeichner: |
Massimo de Vita (alle Teile
außer #5 und #7)
Silvia Ziche (Teil 5)
Fabrizio Petrossi (Teil 7) |
Seiten: |
481 |
Veröffentlicht: |
1994-1999 |
|