Das LTB 68 ist ein rundum gelungenes Werk, rein aus dem Enten-Kosmos. Keine Geschichte fällt wirklich ab und so macht es wirklich Spaß, dieses LTB immer mal wieder in die Hand zu nehmen.
Es bürgt auf für gleichbleibende Qualität, weil für fast alle Geschichten (Ausnahme: der gelbe Himmelskörper) Rodolfo Cimino verantwortlich ist, und zudem die Hälfte der Storys von Romano Scarpa gezeichnet wurden.

Nach einer eher unerquicklichen und gänzlich unnötigen Vorgeschichte, die auch nicht in irgendeiner Weise sinnvoll zur ersten Story überleitet, beginnt das LTB erst richtig mit Onkel Dagobert und die Mattscheibe, eine sehr kurzweilige Geschichte, in der Dagobert eigentlich ganz wider Willen seine großzügige Ader – ausgerechnet den Panzerknackern gegenüber – entdeckt. Aber eins nach dem anderen… Ein zwielichtiger Erfinder namens Matthias Matt hat sich nach seiner Haftentlassung bei den Panzerknackern einquartiert und mit diesen auch gleich einen finsteren Plan zur scheinbar gefahrlosen „Beraubung“ der reichsten Ente des Universums ausgeheckt. Die „Mattscheiben“, welche er Dagobert zum Kauf anbietet, soll all dessen Probleme im Bereich der Werbung lösen, indem sie die Betrachter unter einen wirklichen Kaufzwang setzten. Das klappt auch wunderbar, doch schon bald wird Dagobert selbst Opfer dieser Erfindung und hält es nun – unter der hypnotischen Wirkung der Mattscheibe – für das natürlichste der Welt, Matt und den Panzerknackern täglich mit horrenden Schecks „unter die Arme zu greifen“.

Doch Donald und vor allem seinen drei stets aufgeweckten Neffen entgeht dies nicht. Sie befreien Dagobert von der unheilvollen Wirkung der „Mattscheibe“ und ermöglichen so den großen Showdown zwischen den Panzerknackern und dem wiedergenesenen Entenhausener Krösus, der, natürlich möchte man sagen, von letzterem nun problemlos gewonnen wird.
Eine witzige und gut umgesetzte Idee sowie die ansprechenden Zeichnungen machen diese Episode zu einem sehr lesenswerten Einstieg ins LTB. Die überzeugend dargestellte Figur des charismatischen Matthias Matt ist ebenso erinnernswert wie die plötzliche Freigiebigkeit Dagoberts oder die zahlreichen Seitenhiebe auf die Werbung und ihre Werbestrategen. Und schließlich ist die „Mattscheibe“ mit ihren die Sinne vernebelnden Wirkung ein netter Gag in Richtung der Mattscheibe, die tagtäglich stundenlang in vielen Haushalten heißläuft: Der Fernseher.

In der nächsten Geschichte begeben sich die Ducks auf die Suche nach einer neuen Attraktion für Dagoberts Tierpark, bei der im Erfolgsfall eine dicke Belohnung für Donald und seine Neffen rausspringen kann. Das gefräßige (bzw. eigentlich weiße) Rentier lebt angeblich irgendwo in der unwirtlichen Eiswüste Grönlands. Mit etwas Dusel verschlägt es Donald und Neffen tatsächlich dorthin, wo sie jedoch anfänglich weniger vom Glück als von unangenehmen vierbeinigen Zeitgenossen verfolgt werden. Zu allem Überfluss kreuzen sich ihre Wege auch noch andauernd mit denen des diesmal besonders unausstehlichen Gustavs, der für die „Eskimo-Eis-AG“ in Grönland als Werbeträger unterwegs ist. Der notorische Glückspilz weiß zwar nichts von der Suche nach dem weißen Rentier, läuft ihm aber natürlich prompt über den Weg. Doch der unwissende Gustav tritt sein Glück diesmal im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen und verhilft so Donald samt Neffen auf kuriose und ungewollte Weise zum spektakulären „Fund“ des weißen Rentiers und zur dicken Belohnung Dagoberts.
Beim Plot handelt es sich um eine der typischen Dagobert-schickt-Neffen-auf-Schatzsuche-Storys, auch Gustav als ständiger Störenfried (oder wahlweise als direkter Konkurrent) ist ein typisches Element. Das Ganze wartet mit eher wenigen Höhepunkten oder großen Gags auf (vom Eis schlabbernden Rentier mal abgesehen), ist aber routiniert und lesenswert in Szene gesetzt. Die Zeichnungen sind vergleichbar: Ohne große Schwächen, aber auch nicht herausragend.

Was folgt ist eine weitere „Schatzsuche“ im weitesten Sinne, bei der die Ducks nach Ambrosia für Onkel Dagobert forschen. Die Wurzeln des sagenhaften „Göttertranks“ Ambrosia liegen in der griechischen Mythologie und dienen als Aufhänger für die gelungene Story.
Die Finanzgenies Klever und Duck stolpern bei ihrer allabendlichen Fernsehunterhaltung über ein Interview des gewohnt gelehrten Professor Primus, der von seiner angeblich kurz bevorstehenden Entdeckung des griechischen Rezeptes für das ewig jung haltende Ambrosia berichtet. Klever und Dagobert wittern das Geschäft ihres Lebens und begeben sich auf die Suche nach Primus und seinem sagenhaften Fund, der sie bis auf die griechische Insel Samos führt. Und Professor von Quack hat sie auch wirklich gefunden, die Amphore des Athanes, auf der das legendäre Ambrosia-Rezept verzeichnet ist. Nun beginnt das große Wettbieten der beiden ewigen Konkurrenten Klever und Duck, welches der sonst ewige Zweite für sich entscheiden kann. Seltsam, wird man denken, sollte Dagobert doch tatsächlich mal eine Niederlage gegen seinen Erzfeind hinnehmen müssen? Doch die Geschichte hat noch ein überraschendes Ende parat...

Nicht nur Fans der drei ausgefuchsten Neffen, welche mit ihren schlauen Einfällen Dagobert im Rennen halten, kommen hier voll auf ihre Kosten, auch sonst wird einiges geboten. Hervorzuheben ist der inszenatorisch besonders hervorragende Mittelteil von Ciminos Story, in welchem die Wege der Konkurrenten auf der Suche nach Primus und seiner Amphore in schneller Folge abwechselnd gezeigt und an einigen Stellen zusammengeführt werden, was eine besondere Dynamik entstehen lässt. Die Perspektivenwechsel zwischen Dagobert und Klaas Klever sind darüber Hinaus so geschickt angelegt, dass die Story nie ihren Fluss verliert. Und auch die Zeichnungen Scarpas genügen wie fast immer höchsten Qualitätsansprüchen. Die Figuren sind ansprechend dargestellt und vielseitig in ihrer Mimik und Gestik. Die Darstellung der griechischen Inselwelt ist ebenfalls ein wahrer Augenschmaus, was es einem als Rezensenten leicht macht, die grüne Einfärbung des Titels voll und ganz zu unterstützen.

Die nächste Geschichte kann das hohe Niveau nicht ganz halten, auch wenn sie nicht schlecht gemacht ist. Dagoberts neustes Hobby, die Astronomie, verhilft ihm zur Entdeckung eines goldfarbenen Kleinplaneten. Onkel Dagobert und Der gelbe Himmelskörper – das ist Liebe auf den ersten Blick, zumal antike Sagen aus dem Dunstkreis König Midas die Goldhaltigkeit des Planeten bestätigen. In Windeseile geht es nun per Raumfahrzeug zum besagten Himmelskörper, der tatsächlich eine massive Goldoberfläche besitzt. Doch das Innere des Planeten, welches (noch) nährstoffreiche Erde und Sauerstoff bietet, ist bewohnt... Diese netten Leutchen, die natürlich fließend Hochdeutsch sprechen, erzählen den verdutzen Ducks die gleichsam traurige und absurde Geschichte ihrer Welt. Demzufolge wurde einst König Midas mit einem gigantischen Katapult auf den Planeten geschleudert, um von seinem Gold-Verwandlungs-Syndrom geheilt zu werden. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht, doch seit Midas den Planeten berührte, breitet sich dort das lebensfeindliche Gold unaufhaltsam aus...
Dagobert will diesen kurzerhand samt Bewohner auf die Erde ziehen, doch wird dieser Plan unabsichtlich vom naiv-gutherzigen Donald durchkreuzt, der dafür sorgt, dass auf der kleinen Welt wieder ein sorgen- und goldfreies Leben möglich ist und Dagobert seinen typischen Ohnmachtsanfall großer finanzieller Katastrophen erleidet.
Es fällt schwer, über diese Geschichte ein gerechtes Urteil zu fällen. Auf der einen Seite bietet sie viele starke Szenen, wie den stimmungsvollen Beginn, die Darstellung des unterirdischen Lebens der Außerirdischen oder den wirklich herausragenden Monolog Dagoberts vor dem Porträt König Midas.

Den Zeichnungen fehlt es teilweise an Ausdrucksstärke, vor Allem bei der Darstellung der menschenähnlichen Außerirdischen, die einfach nur beliebig wirken. Auch die Ducks sind nicht immer überzeugend getroffen, hier sind die Gesichtsausdrücke meist nicht variabel genug und eher austauschbar. Trotzdem eine ordentliche Geschichte und eine thematische Einstimmung auf die nun folgende Episode.

Auch wenn nun wieder eine Reise ins All ansteht, sind die Vorzeichen völlig anders. Denn die obligatorischen Außerirdischen sind trotz ihrer Präsenz nur von peripherem Interesse in dieser Geschichte. Denn es geht im Grunde um Geld und Macht, Egoismus und Verantwortungsbewusstsein, Lasten und Ängste, die großen Themen der Welt... Doch halt, beginnen wir am Anfang: Dagobert wird seit Neuestem allnächtlich von Alpträumen heimgesucht, schwere Lasten drücken in zum Boden und lassen ihm keinen Raum zum Atmen.

Der konsultierte Psychologe erkennt schnell, das Dagoberts Ängste und Alpträume durch die Last seines immensen Vermögens hervorgerufen wird. Als Heilmittel, so sagt er, diene nur die Regierungsmacht als Möglichkeit, Verantwortung in einem anderen Bereich als dem finanziellen zu tragen und so ein Gleichgewicht zur überbordenden Finanzkomponente in seinem Leben zu schaffen. Auf der Erde findet sich keine Möglichkeit, doch wird in den tiefen des Weltraums ein kleiner Planet ausfindig gemacht, der einen akuten Mangel an einem Staatsoberhaupt hat. Dagobert und seine Neffen fliegen hin und dem Entenhausener Krösus gelingt es schnell mit salbungsvollen Worten die Bewohner von „Oja“, so der Name dieser Welt, dazu zu bringen, ihn zum Staatschef zu machen. Ohne politische Erfahrung beginnt er sofort freudig damit, seine egoistischen und rücksichtslosen kaufmännischen Handlungsstrategien auf die hohe Politik umzusetzen, um sich an der kleinen aber wohlhabenden Welt zu bereichern. Doch Der Helm des Staatsoberhauptes, eine Art Kontrolleinrichtung für die (hoffentlich) lauteren Absichten des Regierungschefs, macht ihm da rasch einen Strich durch die Rechnung und verteilt schon bei unlauteren Gedanken gesalzene Ohrfeigen an den armen Staatschef Dagobert. Und so muss er erkennen, das sein kaufmännischer Instinkt und uneigennütziges politisches Handeln nicht zusammenpassen. Doch noch will der Großteil der sechsmonatigen Amtszeit abgesessen werden und einfach aufhören (die beliebte „Amtsmüdigkeit“) gibt’s nicht auf Oja. Also muss Donald her, dem ja fiese Tricks oder verschlagene Gedankengänge völlig fremd sind. Dank Donald als „grauer Eminenz“ wird Dagobert zum außerordentlich beliebten Staatschef, kennt aber nach dem Ablauf der ersten überaus zermürbenden Amtszeit trotzdem nur ein Ziel: Ab zurück nach Entenhausen!
Wahrscheinlich die beste Geschichte dieses Buches. An den Zeichnungen Scarpas gibt es (siehe oben) wieder einmal nichts auszusetzen und auch Rodolfo Cimino beweist (siehe oben) sein Gespür für einen gut durchdachten, rasanten und lebendigen, wendungs- und abwechslungsreichen Plot, der in allen Belangen überzeugen kann. Besonders schön hier die Charakterzeichnung Dagoberts, der erst als völlig am Ende scheinender, mit seinem Schicksal und seinen unruhigen Nächten hadernde Krösus auftritt und sich bei der Landung auf Oja als wortgewandter und trickreicher Staatslenker napoleonischer Prägung präsentiert, ehe ihn der Helm des Staatsoberhauptes wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Alles andere als eine grüne Einfärbung für diese Geschichte wäre hier unangemessen.

Die letzte Story, wiederum von Cimino erdacht, diesmal allerdings mit Zeichnungen Giorgio Cavazzanos führt den Leser wieder zurück nach Entenhausen zu einer Begebenheit, die es allerdings in ihrer Skurrilität problemlos mit den vorangegangenen Weltraumabenteuern der Familie Duck aufnehmen kann. Dagoberts untrüglicher Geschäftssinn hat in diesmal in die Immobilienbranche geführt. Mit vollem Elan stürzt er sich in seine Bauprojekte, die aber unglücklicherweise von einem verhängten Baustopp der Stadt Entenhausen unterbunden werden. Der völlig am Boden zerstörte Dagobert nimmt in seiner Verzweiflung den als Scherz gedachten Rat Donalds an, die Mieter und den Wohnraum seiner vorhandenen Mietshäuser so zu verkleinern, dass doppelt so viele Bewohner auf der gleichen Fläche untergebracht werden können, natürlich ohne ihr wissen – Das Wohnbeschaffungsprogramm eben.

Er erschleicht sich die Hilfe des gutmütigen und genialen Daniel Düsentriebs und setzt seinen ungeheuren Plan sofort in die Tat um. Doch die Freude, die Entenhausener Bauaufsicht erfolgreich ausgetrickst zu haben währt nicht lange, denn auch im Nachbarstaat „Westland“ (erinnert an stark an Preußen, bzw. das kaiserliche Deutschland) ist das Kraftwerk, welches jene Verkleinerung zu Werke bringt wahrgenommen und als Bedrohung erfasst worden, die es auszuschalten gibt. Und so bahnt sich eine riesige Katastrophe an, denn bei Ausfall des Kraftwerks erhalten die lieben Mieter ihre Normalgröße wieder, was den Rahmen von Dagoberts Mini-Mietswohnungen im wahrsten Sinne des Wortes sprengt. Der sucht die Schuld natürlich bei dem, der ihm den „guten“ Ratschlag zur Verkleinerung gab. Und so ist Donald am Ende wieder der Leidtragende des skrupellosen Geschäftsgebarens seines Onkels und einer Reihe unglücklicher Verkettungen von Zufällen.

Die Story bietet einen würdigen Abschluss diesen tollen LTBs und wartet noch einmal mit vielen skurrilen Ideen und einer gut und widerspruchsfrei erzählten Story auf. In wenigen Geschichten wurde Dagoberts ausufernde und maßlose Geschäftspraktiken so gut porträtiert wie hier. Die Gewissenlosigkeit mit der er sein „Wohnbeschaffungsprogramm“ umsetzt, die zwischenzeitlich kindische Freude über den neuen Geldstrom, den er erschlossen, all das zeigt den klassischen Dagobert, wie wir ihn sehen wollen. Im Gedächtnis bleibt das Bild des völlig entrückten Dagoberts, der sich mit lauten Registrierkassengeräuschen auf seinem Schreibtisch im Kreise dreht oder sein unglaubliches, aber herrlich inszeniertes heuchlerisches Auftreten gegenüber Daniel Düsentrieb.
Cavazzanos Zeichnungen unterstützen die Story angemessen, sie transportieren die Emotionen Dagoberts auf unnachahmliche weise und tragen so auch dazu bei, die Geschichte einfach richtig gut und lesenswert zu machen.

von Gastautor Alexander Gerber, August 2010

 

ÜBERSICHT

- Vorgeschichte (Z: G.Perego / I CD 26-A)
- Onkel Dagobert und die Mattscheibe (S: R.Cimino / Z: R.Scarpa / I TL 785-A)
- Das gefräßige Rentier (S: O.Pavese / Z: G.Bordini / I TL 788-B)
- Ambrosia für Onkel Dagobert (S: R.Cimino / Z: R.Scarpa / I TL 768-A)
- Der gelbe Himmelskörper (S: R.Cimino / Z: G.Bordini / I TL 797-B)
- Der Helm des Staatsoberhaupts (S: R.Cimino / Z: R.Scarpa / IS TL 940-A)
- Das Wohnungsbeschaffungsprogramm (S: R.Cimino / Z: G.Cavazzano / I TL 944-A)

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