Der sechste, 1985
erschienene Phantomias-Band wartet mit einem sehr
hübschen Titelbild aus der Feder Marco Rotas
auf. Wie bei jedem Buch gilt aber auch hier, es
nicht nach seinem Cover zu beurteilen, sondern
nach dem, was zwischen den Buchdeckeln steckt.
Und in dieser Hinsicht schneidet LTB Nr. 102
leider doch deutlich schwächer ab. Zwar ist
festzuhalten, dass Donalds Alter Ego in fast
allen Geschichten mit von der Partie ist, was
bereits damals bei einem Phantomias-LTB keine
Selbstverständlichkeit war. Das ändert
allerdings nichts daran, dass man inhaltlich wie
optisch größtenteils höchstens Mittelpracht
serviert bekommt. Abgerundet wird das
Ganze durch einen Donald, der in seiner Rolle als
er selbst mehr als einmal unsympathisch wirkt.
Zum Auftakt des bedingt ansprechenden Reigens
gibt es Mars-Musik. Ein neuer
Rocksänger sorgt für Furore, das Besondere an
ihm: Er tritt als Rock-Phantomias
auf, sieht wie Phantomias aus - und keiner weiß,
wer in der Verkleidung steckt (Dem Leser kommt
der trällernde Maskenmann jedoch bekannt
vor...). Dass es nicht der echte Phantomias ist,
der da in dessen Outfit auf der Bühne steht, ist
einem freilich klar: Donald, der sich darüber
aufregt, dass der Name Phantomias so
augeschlachtet wird. Als der Phantomias-Rocker
bei einem Konzert ankündigt, er werde demnächst
mit Musikern vom Mars ein großes Open Air nahe
Entenhausen bestreiten, beschließt Donald alias
der wirkliche Phantomias, der Sache auf den Grund
zu gehen. Und findet bald heraus, dass hinter dem
im Nu ausverkauften Riesenspektakel ein
Riesenschwindel steckt. Dabei, diesen auffliegen
zu lassen, bekommt er Unterstützung von Daniel
Düsentrieb. Und nicht nur von ihm... In
Ansätzen versteht die Story zu gefallen, die
interessanten Themen Leichtgläubigkeit und
Sensationsgier der Massen und
Machenschaften im Showbusiness werden
aber alles in allem etwas kurz und oberflächlich
abgehandelt. Da dazu in puncto Witz und/oder
Spannung nicht viel geboten wird und die
Zeichnungen keinen Genuss darstellen, ist das
Urteil durchschnittlich schon das
Maximum.
Visuell noch weniger eine Freude ist Hut
ab vor Phantomias! - und inhaltlich
ebenfalls nicht hervorstechender, im Gegenteil.
Donald schlüpft aus Langeweile ins
Phantomias-Kostüm und verhunzt daraufhin gleich
zwei Einsätze hintereinander. Zum Gespött der
Leute geworden, sucht er Rat bei Daniel
Düsentrieb. Und bekommt ihn in Form des
Hinweises, die Rolle des Phantomias in Zukunft
wieder ernster zu nehmen. Gelegenheit dazu ergibt
sich, als Onkel Dagobert im Knast landet: wegen
eines Einbruchs bei Klaas Klever, den dieser
tatsächlich selbst inszeniert hat. Um einiges
mehr mäßig als mittelmäßig, mehr gibt es dazu
eigentlich nicht zu schreiben.
In Der Mann auf dem Mondstrahl
ist es nun Klever, der hinter Gittern sitzt, und
Dagobert zeichnet dafür verantwortlich: Er hat
seinen Erzfeind nämlich wegen angeblicher
Steuerhinterziehung anonym angezeigt. Grund
dafür ist die anstehende Versteigerung der
Mülldeponie. Auf die ist Dagobert scharf, da er
sich von ihr - Stichwort Abfallverwertung - einen
satten Reibach verspricht. Und ein Klever im
Gefängnis ist ein Klever, der ihn nicht
überbieten kann. Dumm bloß für Bertel, dass
sich seine Anschuldigungen als haltlos erweisen
und Klever noch vor der Auktion wieder
freigelassen werden soll. Hilfe kommt
von Donald: Der bietet seinem Onkel an,
natürlich in der Hoffnung auf Entlohnung,
Phantomias einzuschalten. Jener soll dafür
sorgen, dass Klever noch vor seiner Entlassung
ausbricht und daraufhin wieder eingesperrt wird.
Dagobert willigt begeistert ein, und Donald macht
sich als Phantomias ans Werk. Der fiese Plan
scheint auch aufzugehen, aber dann... Hier gibt
es, Massimo De Vita sei Dank, nichts an der Optik
zu mäkeln, vielmehr ist sie lobend
hervorzuheben. Dazu ist der Plot trotz eines
letztlich eher überflüssigen Einstiegs
insgesamt okay, eine grüne Bewertung wäre
unterm Strich aber doch zu viel des Guten.
Auch nicht im grünen Bereich landet Auf
falscher Fährte. Vielmehr ist dieser
Beitrag sogar wieder ein gutes Stück weiter
davon entfernt. Mit einer neuen Düsentriebschen
Erfindung spielt Donald Dagobert einen bösen
Telefonstreich, der diesen glauben lässt, eine
Räuberbande hätte es auf sein Gold abgesehen.
Weil Donald aus Angst vor den Konsequenzen nicht
zugibt, hinter dem Anruf zu stecken, verkündet
der alte Duck, er wolle seine 18 Tonnen
Edelmetall auf ein Schiff verfrachten lassen.
Davon bekommen allerdings die Panzerknacker Wind,
und schließlich schaltet sich auch noch
Phantomias ins Geschehen ein. Immerhin, die
Entwicklung ist zum Ende hin zumindest ein
bisschen überraschend. Und ebenso immerhin ist
diese Episode sonst in jeder Beziehung absolut
solide. Aber das noch Interessanteste daran ist
im Endeffekt die bereits erwähnte Erfindung aus
dem Hause Düsentrieb: ein Mini-Laser im
Taschenformat, mit dem man nicht nur
telefonieren kann, sondern auch z.B. Wurst
schneiden und Käse reiben. Hat Guido Martina da
etwa vor Jahrzehnten bereits die noch kommende
Entwicklung des Handys vorausgesehen?
Wie auch immer, es folgt die zweite Nummer in
diesem Band zum Thema Musik. In ihr erleben wir Entenhausen
im Rock-Fieber. Ausgebrochen ist dieses
wegen einer Band namens Drops (was übrigens für
Die Rock-Punkers steht - da hat sich
jemand echt was einfallen lassen...), auf die die
ganze Stadt abfährt. Die ganze Stadt? Nein,
einer nicht: Donald kann nicht verstehen, was
alle an ihr finden. Und so richtig trifft es ihn,
dass auch seine Neffen lieber diese
Schreihälse hören, statt sich die
spannenden Abenteuer von Phantomias erzählen zu
lassen. Aber die Drops sollen ihm noch viel
größere Probleme bereiten: Als sie einige
Auftritte in Entenhausen spielen, kommt es zu
mysteriösen Einbrüchen bei den
Konzertbesuchern. Donald respektive Phantomias
kann die Täter einfach nicht erwischen, und die
Stadt droht ihm schließlich mit der Streichung
von der Heldenliste. Unser zum Sündenbock
gemachter Held kommt zur Überzeugung, dass die
Drops mit den kriminellen Vorkommnissen zu tun
haben. Incognito macht er sich auf zu ihrem
nächsten Konzert und erlebt dort bald, dass er
den richtigen Riecher hatte. Wenngleich es nicht
die Drops sind, die hinter den Diebstählen
stecken. Die Auflösung ist zwar etwas skurril,
und man darf sich fragen ob sie dabei wenigstens
in sich stimmig ist oder nicht. Aber die Story
wurde insgesamt unterhaltsam aufgezogen, und De
Vitas auch hier wieder sehenswerter Pinselstrich
tut das Seine dazu, dass ein knappes
Gut angemessen ist.
Nicht sehr weit vom Flop angesiedelt ist dagegen Die
Brave-Buben-Bande. Ein reichlich
schlichtes Geschichtchen, in dem ein paar Gauner
Oma Duck zu erpressen versuchen. Und es
schließlich mit Phantomias zu tun bekommen, für
den sie alles andere als große Gegner
darstellen. Anzumerken bleibt höchstens noch,
dass Chierchinis Illustrationen dem Inhalt auch
nicht gerade weit überlegen sind.
Einschlafprobleme ist im
Anschluss ein immerhin akzeptabler Zweiseiter,
den man aber letztlich ebenso ignorieren kann, um
sich stattdessen gleich dem besten Kapitel des
Bandes zu widmen.
Dass sich Die Abhöraffäre mit
diesem Titel schmücken darf, liegt zwar auch an
der nicht sonderlich starken Konkurrenz. Aber
keinesfalls nur: Der Plot ist gut durchdacht und
flott in Szene gesetzt, und die Optik (De Vita
zum dritten) gefällt ebenfalls. Dass die Story
in zwei Teile gesplittet ist liegt übrigens
daran, dass es sich dabei ursprünglich um eine
Fortsetzungsgeschichte handelt. Und darum geht
es: Donald hat Dagobert auf einer Inspektion von
Baumwollfeldern begleitet, nun steht der
Rückflug an. Der alte Duck hat es eilig, denn am
nächsten Tag hat er einen wichtigen Termin. Doch
dann entpuppen sich die Piloten als
Panzerknacker, welche die echte Crew zuvor außer
Gefecht gesetzt haben. Und die beiden Ducks
landen nicht in der Heimat, sondern werden
stattdessen auf einer einsamen Insel ausgesetzt.
Nur gut, dass Donald seinen Phantomias-Koffer
dabei hat (Wobei man sich freilich nun fragen
darf, wieso er den nicht öfters mit auf Reisen
nimmt...). Mit dessen Hilfe gelangt er, zwar
nicht reibungslos, aber letztlich doch, nach
Entenhausen. Dort findet er bald heraus, wer
hinter dem Ganzen steckt und warum, und macht
diesem Drahtzieher einen Strich durch die
Rechnung. Doch ein Problem gibt es noch: Dagobert
sitzt nach wie vor auf der Insel fest und
wo diese liegt, weiß unser maskierter
Protagonist nicht...
Den Abschluss bildet mit Fasse dich kurz!
eine Nummer aus jener grauen Urzeit, in
der es noch keine Handys gab. Donald ist krank
und möchte seinem Arbeitgeber, Dagobert,
telefonisch mitteilen, dass er deswegen nicht zum
Dienst erscheinen kann. Das ist jedoch leichter
gesagt als getan, denn ein freier Apparat scheint
einfach nicht aufzutreiben zu sein. Ungeachtet
der zweitklassigen Zeichnungen ein ganz nettes
Finale, aber dazu, diesem LTB einen entscheidend
besseren Gesamteindruck zu verleihen, reicht es
keineswegs.
von Gastautor Marusch, August 2012.ÜBERSICHT
- Mars-Musik (S:
G.Damianovich / Z: Navarrini / I TL 1334-B)
- Hut ab vor Phantomias! (S: A.Setzu + V.Pavesio
/ Z: G.Perego + M.Dotta / I TL 1361-A)
- Der Mann auf dem Mondstrahl (S: G.Martina / Z:
M.de Vita / I TL 1258-A)
- Auf falscher Fährte (S: G.Martina / Z: S.Del
Conte / I TL 1221-B)
- Entenhausen im
Rock-Fieber (S: G.Pezzin / Z: M.de Vita / I TL
1316-A)
- Die Brave-Buben-Bande (S: G.Dalmasso / Z:
G.Chierchini / I TL 987-A)
- Einschlafprobleme (S: B.Karp / Z: A.Taliaferro
/ ZD 66-03-13)
- Die
Abhöraffäre (S: G.Martina / Z: M.de Vita / IS
TL 925-A)
- Fasse dich kurz! (Z: T.Strobl / S 72060)
GRÜN: Lesetipp
ROT: Flop
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