1986: Der Ort Tschernobyl
erlangt unter traurigen Umständen globale
Bekanntheit, die US-Raumfähre Challenger
explodiert, Franz Beckenbauers
Gurkentruppe schafft es irgendwie,
bei der Fußball-WM in Mexiko Vize-Weltmeister zu
werden. Und das LTB befindet sich noch immer in
einem bereits seit längerem anhaltenden Tief. So
richtig überzeugend ist denn auch dieser
Duck-Band von eben 86 nicht, allerdings
bietet er doch mehr Licht als Schatten und sogar
ein absolutes Highlight.
Aber der Reihe nach. Die erste Episode, Das
Bärenfell, führt uns in den Wilden
Westen, wo Dagobert eine Bahntrasse verlegen
will. Das Problem dabei ist, dass sie durch
Indianergebiet führen soll. Zwar bekommt der
alte Duck dank tätiger Mithilfe seiner
Großneffen von den Ureinwohnern die Erlaubnis
zum Bau, doch da ist noch sein Kontrahent Clay
Clever. Der will unbedingt verhindern, dass
Dagoberts Projekt Erfolg beschieden ist, und
greift dafür zu unsauberen Mitteln. Allerdings
geht Mr. Clever dabei nicht so clever vor, wie er
gedacht hat
Recht nett, aber mehr als das
in keinster Weise damit ist hierzu alles
gesagt bzw. geschrieben. Abgesehen davon
vielleicht, dass die Handlung an einem Punkt
nicht hundertprozentig plausibel ist, was jedoch
gering ins Gewicht fällt.
Gerade ist es Donald gelungen, einen Vertreter
abzuwimmeln (und dies auf eine ziemlich rabiate
Art, die so nicht unbedingt hätte gebracht
werden müssen), da steht schon der Nächste
parat, der ihm Ein nützliches Produkt
aufschwatzen will: niemand anderes als Dussel
nämlich. Und der erweist sich, oh Wunder, als
extrem hartnäckiges Exemplar der Gattung
Handelsvertreter. Wenngleich ihr Plot das
Gegenteil von dick ist und ihre Optik hält, was
der Name Perego verspricht, geht
diese Donald vs. Dussel-Nummer als noch annehmbar
durch. Das noch ist dabei aber zu
beachten, und wer die Sache als Flop abtut,
ÆfÆe fÆ fällt damit sicherlich kein krasses Fehlurteil.
In jeder Hinsicht deutlich besser ist Eine
feine Gesellschaft. Zum Dank, dass er
ihr entlaufenes Hündchen zurückgebracht hat,
wird Donald von der reichen Aline van Cleef zum
Millionärsball mit anschließender
Schatzsuche eingeladen. Obwohl die Dame
gelinde gesagt leicht exzentrisch ist, ist Donald
von ihr hingerissen und nimmt das Angebot nur zu
gern an. Dass er dafür einen bereits
vereinbarten Termin mit Daisy streichen muss,
stört ihn eher wenig. Schwieriger ist es für
ihn schon, ob seiner äußerst beschränkten
finanziellen Mittel, einen Frack für den
feierlichen Anlass aufzutreiben. Zwar gelingt ihm
das schließlich, und zunächst macht er mit
seiner prominenten Partnerin auf dem
Millionärsball eine gute Figur. Doch da ist ja
noch die Schatzsuche, und die endet
für Donald im totalen Fiasko. Für den Leser ist
diese amüsante Geschichte hingegen ein totales,
oder wenigstens großes, Vergnügen. Auch wenn an
ein, zwei Stellen Fragen auftauchen, die nicht
beantwortet werden, ist eine grüne Bewertung
hier ohne wenn und aber fällig.
Daniel Düsentrieb hat mal wieder was erfunden:
den Retro Memoria-Helm. Mit diesem
soll jeder Erlebnisse seiner Vorfahren
persönlich nachvollziehen können.
Donald stellt sich als Testperson zur Verfügung
und findet sich umgehend als Der
Trompeter von Fort Attacke im Wilden
Westen um 1800 wieder. Genauer: als Donald-Kid,
einem seiner Ahnen, der zu jener Zeit als
Trompeter bei der Kavallerie tätig ist. Nach
einer kleinen Auseinandersetzung mit einem
Gefreiten landet er im Gefängnis, doch der
Kommandant des Forts stellt ihm seine Freilassung
in Aussicht, wenn er sich auf eine gefährliche
Mission im Indianergebiet begibt. Donald(-Kid)
sagt zu und meistert die sich ihm stellenden
Herausforderungen und Gefahren tatsächlich mit
einigem Geschick. Die Helm-Kreation ist
ungeachtet des Umstands, dass man den Ingeniör
im Laufe der Zeit noch ganz anderes erfinden hat
lassen, etwas arg phantastisch, und die damit
verbundene Rahmenhandlung an sich überflüssig.
Ansonsten und summa summarum geht dieser Beitrag
in Ordnung, mehr als das aber auch nicht. Solides
Mittelmaß eben.
Unsolides Mittelmaß hingegen ist Die
Retourkutsche. Was das heißen soll?
Dazu später. Zunächst zum Inhalt: Um Dagobert
nicht als Arbeitskraft zur Verfügung stehen zu
müssen, begleitet Donald seine Neffen ins
Pfadfinderlager. Das diesmal auf einem Gelände
stattfindet, welches ein anonymer Wohltäter zur
Verfügung stellt. Damit er dort bleiben kann,
muss Donald allerdings erst ins Fähnlein
Fieselschweif aufÆgnommen werden. Das krigÆt er
hin, als Neuling hat er sich jedoch den anderen
Pfadfindern unterzuordnen. Und die gehen nicht
gerade zimperlich mit ihm um. Als Donald aber die
Identität des angeblichen Wohltäters
herausfindet und v.a. dessen wahre Beweggründe
entlarvt, wendet sich das Blatt gewaltig. Die
Story ist im Großen und Ganzen passabel,
wenngleich bestimmt kein großer Wurf.
Bemerkenswerter, allerdings nicht im positiven
Sinne, ist da schon das wenig sympathische
Auftreten zumindest der meisten Beteiligten.
Andererseits wiederum verdienen sie die
besagten Beteiligten sozusagen einander,
was der Angelegenheit einen eigenen Dreh
verpasst. Gattis Zeichnungen, die wie bei ihm ja
gern einerseits ihren eigenen originellen
Charakter haben, andererseits einfach etwas
hingeschmiert und grob wirken, tun schließlich
das Ihre dazu, dass ein zwiespältiger Eindruck
bleibt. Vom Flopbereich ist dieser gleichwohl
ÆjÆiÆh jÆ einigermaßen entfernt. Immerhin.
Der nächste Akt heißt Momentaufnahmen
und präsentiert eben solche, in Form von sieben
aus je zwei Panels bestehenden Witzen. Diese
zünden nicht alle, aber ein paar sind wirklich
lustig, und zumindest für ein kurzes Füllsel
ist die Chose ordentlich.
Ordentlich ist auch Donald, der rasende
Reporter, eine Gagstory mit minimalem
Krimi-Touch. Dagoberts Zeitung, dem
Stadtanzeiger, fehlt etwas. Nämlich
Fotos. Also wird die Redaktion die nur aus
Donald und Dussel besteht angewiesen, sich
als Papparazzi zu betätigen. Natürlich werden
die beiden dazu von Dagobert mit einer einzigen,
geradezu vorsintflutlichen Kamera ausgerüstet,
und ebenso natürlich stellen sie sich gelinde
gesagt nicht sehr professionell an. Auch bei
einem Empfang anlässlich der Verlobung der
Tochter aus dem Hause Maier-Milz nicht, im
Gegenteil. Doch zufällig gelingt ihnen dort ein
sensationeller Schnappschuss
Freilich, der
Plot ist nichts Besonderes und auch nicht
komplett frei von Mängeln. Dafür ist die
Geschichte durchaus unterhaltsam, einige Momente
sind sogar köstlich, und Gattos Illustrationen
wissen zu gefallen. Für das Prädikat
Durchschnitt der besseren Sorte
reicht es jedenfalls.
Den folgenden Fünfseiter Ein
fürstliches Zimmer über eine nicht
ganz planmäßig verlaufende Geschäftsreise
Dagoberts kann man indes getrost ignorieren. Aber
dafür steht danach das eingangs erwähnte
Highlight an, in Form einer hervorragenden
Medien- und Sozialsatire namens Moderner
Medienkampf. Entenhausen ist im
TV-Rausch, dennoch ist man beim Sender RTE-plus
mit den Einschaltquoten unzufrieden. Da bringt
ausgerechnet ein Vortrag Primus von Quacks über
Æk kÆ die schädlichen Auswirkungen hohen
Fernsehkonsums die dortigen Verantwortlichen auf
eine Idee. Wie diese aussieht und welche von den
Fernsehmachern ganz bestimmt nicht gewollten
Folgen sie hat es sei an dieser Stelle
nicht verraten, sondern vielmehr DRINGEND
empfohlen, diese Spitzenstory selbst zu
genießen. Wie darin Themen à la Trendsucht und
Herdentrieb, Quotenjagd, die Suche nach
erfolgversprechenden neuen TV-Formaten,
Real-Life-Dokus oder Schiebereien
hinter den Fernsehkulissen aufs Korn genommen
werden, ist nicht nur sehr pointiert, sondern
man halte sich das Erscheinungsjahr dieses
LTB vor Augen teilweise regelrecht
visionär. Da es zudem an der Visualisierung nix
zu meckern gibt, kann das Urteil nur lauten: top.
Man kann sogar ohne weiteres von einem Fall für
die hiesige Highlights-Liste sprechen.
Zum letzen Gang wird mit Der ansteckende
Bumerang dann wieder mediokre und damit
für diesen Band leider wesentlich typischere
Kost serviert. Tick, Trick und Track spielen mit
einem Bumerang und treffen damit unbeabsichtigt
Dagobert am Kopf. So schwer, dass dieser k.o.
geht. Nachdem der alte Duck per Wasserguss aus
seiner Ohnmacht erweckt wird, benimmt er sich
äußerst merkwürdig. Erst nach einigem Hin und
Her stellt Dagoberts Hausarzt eine klärende
Analyse, doch ganz vorbei ist das Geschehen damit
noch nicht. Die Erläuterung für Bertels
sonderliches Verhalten ist zwar eher mal
lächerlich, ebenso die darauf aufbauende
Schlusspointe, eine gewisse Originalität und
einen gewissen Witz kann man der Geschichte
insgesamt aber nicht abstreiten. Wirklich gut
oder gar stark ist jedoch was anderes. Zum
Beispiel die Story davor, um nochmal darauf
hinzuweisen.
von Gastautor Marusch, April 2011ÜBERSICHT
- Das Bärenfell
(S: G.Martina / Z: G.Scala / I TL 1143-A)
- Ein nützliches Produkt (S: A.+G.Barosso / Z:
G.Perego / I TL 789-B)
- Eine feine
Gesellschaft (S: A.+G.Barosso / Z: G.Scarpa / I
TL 353-A)
- Der Trompeter
von Fort Attacke (S: J.Siegel / Z: G.Bordini / I
TL 1117-C)
- Die Retourkutsche (S: G.Martina / Z: G.Gatti /
I TL 1213-A)
- Momentaufnahmen
(S: B.Foster / Z: F.Smith) (7
kurze Gags, jeweils nur aus 2 Panels bestehend)
- Donald, der rasende Reporter (S: G.Martina / Z:
L.Gatto / I TL 1206-A)
- Ein fürstliches
Zimmer (Z: P.Alvarado / S 71269)
- Moderner
Medienkampf (S: M.Monti / Z: M.Pujol+Maximino / I
TL 1493-A) (Highlight)
- Der ansteckende
Bumerang (S: G.Martina / Z: L.Bottaro+E.Marciante
/ I TL 1155-A)
GRÜN: Lesetipp
ROT: Flop
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