ÜBERSICHT
Die Ausgabe 174 Olympia in
Entenhausen gehört zu jener Reihe von
Bänden, die zurecht die Glanzzeit des LTBs
genannt werden. Sechs Storys auf fast durchgehend
hohem Niveau, ein sehr gutes LTB, dass man
uneingeschränkt empfehlen kann.
Die erste Geschichte präsentiert nun auch dem
LTB-Titel gemäß DAS sportliche Event überhaupt
in Entenhausen. Hinter all dem steckt das
ungleiche Duo der Finanzschwergewichte
Duck/Klever, die sich scheinbar aus ganz
uneigennützigen Motiven schiedlich-friedlich als
Ausrichter der Olympiade in Entenhausen
und gleichzeitig als Schirmherren der heimischen
Olympiamannschaft zusammengetan haben. Doch die
neue Eintracht kommt nicht nur Donald und seinen
Neffen seltsam vor, die ins Spiel kommen, als
Dagobert Donalds sportliches Talent entdeckt und
ihn als Zugpferd für sein Team einspannen
möchte. Und tatsächlich bekommt die harmonische
Partnerschaft schnell erste Risse, spielt doch
Klever, der seinen Athletentrupp auf eigenen
Rechnung trainiert, nicht ganz mit offenen
Karten... Donald hingegen missfallen die
Trainingsmethoden im geradezu kafkaesk
ausgestalteten Leistungszentrums seines Onkel und
so arbeitet er auf eigene Faust an seiner
Olympiaform, weshalb die glorreiche Entenhausener
Mannschaft schon vor Beginn der Spiele in ihre
Einzelteile zu zerfallen droht was im
übrigen bei Klaas Klevers Musterathleten
wörtlich zu nehmen ist.
Auf den folgenden Seiten
treibt Michelini die Story in bester
Screwballkomödien-Manier von kleinen
Missgeschicken bis zum totalen Fiasko, bei dem
sich am Ende überraschenderweise
nur Donald als Gewinner fühlen darf.
Eine wirklich gelungene Geschichte ein
paar Seitenhiebe auf den modernen
Hochleistungssport, Seite für Seite gelungene
Gags kombiniert mit den routinierten ,
doch gleichzeitig sehr sehenswerten Zeichnungen
Cavazzanos sorgt für Unterhaltung vom Feinsten.
Ob nun die geheuchelte Eintracht zwischen den
beiden Finanz-Giganten, Klevers anfangs
reüssierende Top-Mannschaft, die schnell ernste
Zweifel an ihrer Regelkonformität schürt, der
naiv-technikgläubige Prof. Hantel als Chef von
Dagoberts Trainingszentrum oder die Art und
Weise, mit der seine durch die Trainingstorturen
durchgedrehten Athleten bei den Spielen für
Chaos und ungläubige Verwirrung sorgen, all das
trifft zielsicher ins Schwarze. Eine wirklich
klasse Geschichte.
Nächste Episode, gleiches Bild. Die große Zeit
des LTBs schlägt sich auch hier nieder. Nur
Vorsicht! Die Story von Mickys und Goofys Reise
in Die Spukdimension M,
einer von Märchenwesen bewohnten Parallelwelt,
gefällt mir persönlich besonders gut, da mag
der objektiv-kritische Blick zuweilen etwas
getrübt werden. Nichtsdestoweniger werfen wir
einen Blick auf die mit vielen absurden
Einfällen gespickte Story:
Nach einer Reihe aufsehenerregender Berichte
über Wesen aus der Sagenwelt, welche die Stadt
Entenhausen unsicher machen, gehen Micky, Goofy
und Kommissar Hunter mithilfe des
Märchenkundlers Prof. Fabian Fabel der Herkunft
jener Spukgestalten auf den Grund.
Nach zunächst erfolglosen
Nachforschungen entdecken sie Unglaubliches: Aus
einer Paralleldimension wechseln jene Hexen,
Drachen und Konsorten von Zeit zu Zeit in unsere
Welt und schaffen so den realen Kern unserer
Märchen und Sagen.
Doch Oberschurke Tückbold aus jener Dimension
M (für Märchen) will nun durch
gezieltes Einschleusen von allerlei monströsen
Fabelwesen die Welt um Entenhausen aus den Fugen
bringen, indem er sie über handelsübliche
Faxgeräte (!), beispielsweise denen im
Entenhausener Polizeipräsidium, materialisiert.
Der schlaue Superdetektiv mit Kollege Goofy und
Prof. Fabel greifen ein und reisen auf selbigen
Wege in die Märchenwelt, um Tückbold mit
Unterstützung einer kleinen, aber
schlagkräftigen Rebellentruppe von freundlich
gesinnten Sagenfiguren das Handwerk zu legen. Mit
von der Partie: Eine resolute gute Fee, Aladin
oder der von Schneewittchen sitzengelassene
(Traum-)Prinz. Kann dieser bunte Haufen gleich
zwei Welten vor Tückbolds Plänen retten?
Durchgefaxte Märchengestalten, die Königin aus
Alice im Wunderland, die mit ihren
Spielkartensoldaten in Las Vegas einfällt, der
leicht versponnene und sein Fachwissen
betreffend durchaus eitle Prof. Fabel,
Autor Verda hat in diese Geschichte viel Witz und
Freude an Details gesteckt. Die Reise in die
Spukdimension gerät zu einem Rendezvous mit
bekannten (Disney-)Fabelfiguren, welches sehr gut
zu unterhalten weiß. Die Zeichnungen Gattos
gelingen ohne Fehl und Tadel, auffallen tut die
äußerst klare und gute strukturierte Aufteilung
der Panels, welche die Lesefreundlichkeit
erhöht.
Fazit: Die grüne Einfärbung als Lesetipp geht
voll und ganz in Ordnung, vielleicht wäre aus
der Thematik sogar noch mehr herauszuholen
gewesen, wenn die Märchenwelt mit noch mehr
Charakteren bevölkert wäre. Dann würde man
zweifelsohne von einem echten Highlight sprechen,
aber auch in dieser Umsetzung bleibt die Episode
im Gedächtnis.
Der Komödie dritter Teil: Donald verdient sich
mithilfe von Daniel Düsentriebs wetterfesten
Wolken, einer Art leicht formbarem,
schwebendem Kunststoff, ein kleines Zubrot und
weckt damit das Interesse seines reichen Herrn
Onkels, der wiedereinmal ein sicheres Plätzchen
für seine lieben Talerchen sucht,
denn die Panzerknacker kommen aus dem Gefängnis
frei. Da sind große, Wetterfeste
Wolkenspeicher, ausgehöhlt, mit Talern
gefüllt und am Fuß der stets wolkenverhangenen
Schneekoppe befestigt doch ideal. Nur, Dagobert
kann sich doch nicht ganz von seinem fern des
Geldspeichers schwebendem Vermögen trennen, und
bringt so die Panzerknacker unbeabsichtigt auf
die richtige Fährte. Das Unheil nimmt seinen
Lauf, Dagoberts Vermögen ist alsbald im wahrsten
Wortsinn vom Winde verweht und Donald
findet sich mit Metalldetektor am Nordpol auf
Wolkenjagd wieder weit können sie ja
nicht sein...
Wieder einmal eine nette Story über die Tücke
des Objekts, wobei hier zur Abwechslung weder
Düsentriebs mangelhafte Erfindungen noch Donalds
Pech, sondern Dagoberts Gedankenlosigkeit die
Sache scheitern lässt. Dass er dann trotzdem
alles auf seinen bedauernswerten Neffen schiebt,
ist ja ein durchaus bekannter Wesenszug. Alles in
Allem nichts Außergewöhnliches, aber dennoch
solide bis gute Unterhaltung, die Pezzin hier
abliefert. Die Zeichnungen von Comicup Studio
sind nicht immer überzeugend, fallen aber
keineswegs aus dem Rahmen.
Sterne lügen nicht!
denkt sich zumindest Goofy, der in dieser
Geschichte fest von Horoskopen und Sterndeutungen
überzeugt ist. Das macht sich Kater Karlo nebst
Ganovenkompagnon Smiley zunutze, der Goofy über
ein gefälschtes Privat-Horoskop eine gleichfalls
falsche Schatzkarte andreht. Goofy macht sich auf
den Weg ins Amazonasgebiet, begleitet von Micky,
der trotz berechtigter Zweifel an der Echtheit
der Karte seinen Freund begleitet. So lässt er
Karlo, wie von diesem geplant, Raum für dessen
Verbrechen in Entenhausen. Und so kehren Micky
und Goofy schon bald nach erwartet
erfolgloser Schatzsuche nach Hause zurück, wo
eine unheimliche Verbrechensserie die Menschen in
Aufruhr versetzt hat. Doch der clevere Micky
durchschaut Karlos ganze Finte vom gefälschtem
Horoskop bis hin zu den Einbrüchen und
beschließt, den Spieß einfach umzudrehen. Denn
wer sagt überhaupt, dass man mit einer falschen
Schatzkarte nicht doch einen echten Schatz finden
kann, der Mickys Erzfeind mächtig neidisch
machen und in die Falle gehen lassen könnte.
Im Grunde eine äußerst konventionelle
Kriminalgeschichte, die Staff di IF hier
auftischt, aber der Twist in der Story, die aus
einem gescheiterten Abenteuer plötzlich eine
gelungene Verbrecherjagd werden lässt,
überzeugt den geneigten Leser schließlich doch.
Goofy kommt zwar mal wieder ultra-naiv daher,
während Gegenpart Micky denn allwissenden
Schlaukopf spielen darf, aber die intelligente
Handlungsführung, die Gangster wie Leser
gleichermaßen an der Nase herumführt,
rechtfertigt eine grüne Einfärbung des Titels.
Die letzte längere Geschichte des Bandes ist
ebenfalls richtig gelungen. Schon lange fragt man
sich doch, ob der zuweilen griesgrämige und
immer geizige ältere Herr mit dem Backenbart
nicht einmal seine sentimentale Ader fernab des
knallharten Geschäftslebens zeigt. Genau diese
kommt bei ihm in dieser Story in Form von
berührenden Kindheitserinnerungen zum Vorschein.
Nach einem für ihn zwar kostengünstigen, aber
aufwühlenden Besuch einer Kirmes in Begleitung
seiner drei Großneffen quält Dagobert
plötzlich sehnsuchtsvoll Ein
unerfüllter Kindheitstraum: Da
Klein-Dagobert in seiner harten Kindheit nicht
die Muße und Mittel hatte, hat er bis zum
heutigen Tage keine Karussellfahrt unternommen.
Die gute alte Gundel
Gaukeley kriegt davon Wind und macht sich seine
Sehnsucht zunutze, indem sie ihm eine ganz und
gar zauberhafte Lektüre zukommen lässt (Der
arme kleine Junge und das große
Schicksalskarussell), die Dagoberts Drang,
dass einst Versäumte nachzuholen, nachhaltig
befeuert. Bald steht für ihn fest: Nur eine
Fahrt auf einem alten Karussell in seiner Heimat
Klondike kann ihn von seinen Seelenqualen
befreien! Für den reichsten Mann der Welt ist es
ja kein Problem, solch exzentrischen Wunsch in
die Tat umzusetzen. Also flugs Neffen und altes
Karussell nach Alaska verschifft und die lang
erträumte Fahrt am Ort seiner Kindheit
nachgeholt. So weit, so gut, doch hat ja noch
besagte Hexe ihre Finger im Spiel, die Dagobert
dazu verleitet, die Fahrt symbolisch mit seinem
ersten selbstverdienten Zehner zu bezahlen
und genau auf diesen Moment lauert sie. Da muss
Dagobert nebst Neffenschar schon seine ganze
Ausgefuchstheit und Ortskenntnis der Klondike
aufbieten, um den Fängen Gundels zu entkommen.
Aber Ente gut, alles gut.
Eine wirklich äußerst emotionale Geschichte,
denn wann sieht man Dagobert schon mal
hemmungslos Tränen vergießen, wenn es nicht um
seine Talerchen geht? Genau in dieser sehr
gelungenen Episode darf er also seinen
sentimentalen Gefühlen freien Lauf lassen, was
für den Leser zunächst befremdlich, rasch aber
sehr unterhaltsam ist. Rodolfo Cimino, der sich
für einige starke Episoden aus der Vita der
Ducks verantwortlich zeichnet, liefert auch hier
eine stringent und überzeugend konstruierte
Story ab, bei der ein äußerst sympathischer und
menschlicher Dagobert neue Facetten
seiner schillernden Persönlichkeit zeigen kann,
die den zahlreichen Fans des Finanzgenies keine
Wünsche offenlassen. Die Zeichnungen Grants
fügen sich gut in den Grundton der Geschichte
ein, wirken bewusst gefühlsbetont, aber nie
kitschig überzeichnet. Auch deshalb gibts
eine gute Wertung für diese besondere Episode.
Den Abschluss bildet schließlich ein netter
Zweiseiter über Pluto, der versucht, Das
Geburtstagsgeschenk von Klarabella, nämlich
einen ihm unbequemen Pullover, loszuwerden.
Richtige gute Ein- oder Zweiseiter sind ja in den
LTBs sowieso selten und auch dieser hier bleibt
einem nicht nachhaltig in Erinnerung, liegt aber
im Durchschnitt.
von Gastautor Alexander Gerber, August 2011
- Olympia in
Entenhausen (S: F.Michelini / Z: G.Cavazzano / IS
TL 1495-A)
- Die Spuk-Dimension "M" (S: S.Verda /
Z: L.Gatto / IS TL 1877-A)
- Wetterfeste
Wolkenspeicher (S: G.Pezzin / Z: Comicup Studio /
IS TL 1793-A)
- Sterne lügen
nicht! (S: Staff di IF / Z: S.Dossi / I TL
1866-C)
- Ein unerfüllter Kindheitstraum (S: R.Cimino /
Z: Marsal / IS TL 1872-A)
- Das
Geburtstagsgeschenk (S: H.Karp / Z: B.Grant / ZS
39-10-22)
GRÜN: Lesetipp
ROT: Flop
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