Durchaus Erfreuliches gibt es zu berichten von der 314.Ausgabe des Lustigen Taschenbuchs. Die Storyzahl liegt bei neun, und damit unter dem Schnitt der letzten Monate. Und auch das Cover, auf dem man Donald bei der Lektüre alter LTBs sehen kann, ist gleichermaßen ansprechend wie symbolisch. Auch wenn er sich in Ausgaben dieses Jahrtausends vertieft, so ist es doch ein Blick zurück in die richtige Richtung, um sich Anregungen für die Zukunft zu holen. Allerdings sollte man nicht den Fehler begehen und das Buch umdrehen, um seine Rückseite zu betrachten - gar schaurig mutet an, was das Backcover dem geneigten Leser zu offenbaren willens ist: Es ist eine deutlich lächerlich und deplatziert wirkende Postkarte Donalds an die Leserschaft, in der er seinen Urlaubsstress zu verarbeiten versucht. Aber das muss man sich ja nicht unbedingt ansehen... Was auch negativ auffällt: Offenbar war man bei der Arbeit am Gesamtverzeichnis auf der letzten Seite etwas schludrig, denn erstens fehlen die aktuellen zwei Ausgaben dort und zweitens sind die ja extra durch blaue Unterlegeung gekennzeichneten Glitzercoverausgaben auch noch überwiegend falsch zugeordnet. Aber wer nach dem ersten insgesamt etwas negativen Eindruck doch einen Blick ins Innere wirft, ist zumindest im Großen und Ganzen nicht enttäuscht davon, was Egmont uns in diesem Monat anbietet: 3 Eigenproduktionen stehen 6 Italo-Comics gegenüber, wobei auch die Egmont-Storys ertragbar sind. Neben einem fast schon gewohnt guten Fecchi, der aber auch dem Action-Drang der Gesellschaft etwas zum Opfer fällt, gibt es aus Skandinavien eine Micky-Story, die nicht so unsäglich ist wie sonst, und eine zugegebenermaßen deutlich enttäuschende Bancells-Geschichte. Auch überraschend: Das Verhältnis zwischen dem Enten- und dem Mäuseuniversum, das die Ducks nur mit 6:3 für sich entscheiden, auch wenn Micky Maus selbst nur einen Auftritt hat. Die Tendenzen verschieben sich zunehmend in positive Richtungen, wie es scheint, denn außerdem gibt es nur einmal Dussel, und erfreulicherweise wird auch einmal auf Phantomias verzichtet. Und was haben die einzelnen Storys so zu bieten?

Nach dem Konsum einer unbekannten Flüssigkeit im Labor eines Professors neigt Donald dazu, Der mürrische Donulk zu werden, sobald ihm etwas gegen den Strich geht. Leider wird er dabei aber zu einem etwa 5 Meter großen Muskelpaket, das alles Störende kurz und klein schlägt.
Auch wenn Zeichner Fecchi mal wieder großartige Arbeit abgeliefert hat, und auch die Übersetzung dieser Story teilweise brillante Züge annimmt, so leidet doch der Gesamteindruck unter der Story als solcher, die nicht umhin kommt, Donald andauernd als monsterartiges Wesen zu zeigen, das Amok läuft. Nett übrigens auch der Aufhänger: Eine Art "Anonyme Wutnickel" beim "Vorgartenguru" Brashwami Buddawaich, bei dem alles seinen Anfang nimmt.

Eine tolle Entdeckung macht Onkel Dagobert auf der Suche nach etwas, dass Klaas Klevers neueste Errungenschaften auf dem Technologiesektor in den Schatten stellt: Er findet Ein lautloses Wunder, ein Auto, dass ohne jegliche Lärmentwicklung zu fahren imstande ist. Diese Story knüpft offenkundig an die große Vergangenheit der Duck-Kleverschen Zweikämpfe an und kombiniert dies, ein bekannt gutes Mittel, mit einer Schatzsuche in einer völlig unerforschten Gegend - an sich hätte nur noch ein wunderliches Transportmittel gefehlt, um komplett an die Wurzeln zurückzukehren. Leider scheint aber nicht genug Seitenzahl für die Story zur Verfügung gestanden zu haben, so dass das Ende sie etwas abrupt ereilt und keine der vielen möglichen verbleibenden Ausführungen mehr aufgenommen werden können. Aber dennoch ist diese Story, nicht zuletzt auch wegen der großartigen Zeichungen Vians, der Höhepunkt dieses LTBs.

Es folgt das, wovor es einem Monat für Monat wieder graust: Die Egmontsche Maus-Produktion, dieses Mal von Joaquin und Dave Rawson. Was sich auf den ersten Blick nach einer gewohnt üblen Kombination anhört, entpuppt sich zwar nicht als ein wahrer Lesegenuss, aber bietet dennoch weitaus mehr, als im Vorfeld zu erwarten war. Gemeinsam mit einem (scheinbar bekannten) Käpt'n Kirchmaus begibt sich Micky Maus auf die Suche nach Käpt'n Irrbarts Schatz. Auch wenn der Inhalt von der logischen Seite her betrachtet nicht unbedingt sehr sinnvoll ist, weiß die Story vor allem inhaltlich zeitweise doch durchaus zu überzeugen - gerade für Fans des Übersinnlichen. Durch eine Nebelbank wird man 300 Jahre in die Vergangenheit befördert, wo man auf Käpt'n Irrbart trifft, durch den man die gesuchte Schatzinsel findet. Auch wenn Micky hier an einer Stelle wieder signifikant seinen neuerdings fehlenden Intellekt unter Beweis stellt (Mitten auf der Schatzsuche, 10 Meter vom Ziel entfernt, die Aussage "Natürlich! Der Schatz! Den hatte ich ganz vergessen!"), so nimmt es doch ein interessantes Ende: Eine Tür führt die Schatzsucher zurück ins 21.Jahrhundert und der Schatz entpuppt sich als Weg in die Zukunft. Auch wenn die Symbolik etwas gestelzt hineingetragen wird (die Schatzinsel ist ein Drache, der sich selbst in den Schwanz beißt) und offenbar explizit auf sie hingewiesen werden muss, so erfreut es einen doch, so etwas wie ernstgemeinte Symbolik in einem Micky-Comic zu finden - auf alle Fälle der beste Dänen-Micky seit langem.

Die Ruhe selbst!
ist urplötzlich Donald, der sich von Daniel Düsentrieb einen lebensnahen Roboter konstruieren ließ, den er einsetzt, um selbst keinerlei Stress mehr ausgesetzt zu sein. Da dieser aber in keinster Weise seinem Charakter entspricht, macht sich die Verwandschaft Sorgen - und glaubt zu wissen, dass er an Kalmitis galoppans leidet, einer Krankheit, die ihn antriebslos macht und zum Spielball der Gesellschaft werden lässt. Zu heilen ist sie nur dadurch, dass der Betroffene zur Raserei gebracht wird. So heckt die Familie also allerlei Pläne aus, während Donald den Roboter wieder verpackt und sich selbst der Realität stellt. Leider ist die Story in dem Moment beendet, abrupt und scheinbar vollkommen willkürlich, so dass die ganzen schön konstruierten Schicksalsschläge Donald nicht mehr ereilen können. Schade drum, wär vielleicht sogar was ganz Nettes bei herausgekommen. So aber nicht.

Auf dem Weg zum Geldspeicher, in dem Onkel Dagobert wieder einmal als Zielobjekt ausgemacht ist, stößt Gitta gegen ein Gerüst, das ohne ersichtlichen Grund vor dem Geldspeicher montiert ist. Dabei verliert sie ihr Gedächtnis - und es kommt zur Rache eines Roboters. Kaum hat nämlich Dagobert erkannt, dass Gitta keinerlei Erinnerungen an ihr bisheriges Leben mehr hat, beschließt er, ihr all die Verfolgungen und Probleme der Vergangenheit heimzuzahlen und erzählt ihr, sie sei eine Hilfskraft in seinem Hause. Damit die anderen Bediensteten (Baptist und Fräulein Rührig) aber keinen Verdacht schöpfen, wird sie ihnen als Haushaltsroboter präsentiert - mit sehr menschlichen Zügen und mit dem Aussehen Gittas, um Dagobert einen gar lustigen Streich zu spielen. Aber die neue Gitta verhält sich nun gar nicht so, wie es ihr neuer Dienstherr von seinen Angestellten erwartet. Sie hält Dagobert für einen despotischen Tyrann, dessen einzige Leidenschaft in der Ausbeutung seines Personals besteht - und sie kennt seine Gewohnheiten nicht mehr, die sich in seinem Geiz gründen, und folgerichtig kommt es zu Verwicklungen, da Gitta mit Geld nur so um sich wirft und Dagobert damit an allen möglichen Punkten reizt. Die Story ist in sich voll mit guten bis sehr guten Ideen, und die Abstrusität der Handlung wird durch den unkonventionellen Zeichenstil Ziches optimal unterstrichen. Erstklassige Unterhaltung.

Rudi Ross betreibt eine Reparaturwerkstatt mit dem netten Namen Rudis rasende Reparaturen, und all seine Kunden werden durch seine gleichzeitig qualitativ hochwertigen wie kreativen und originellen Reparaturen der ungewöhnlichsten Probleme zufriedengestellt. Prompt spricht sich sein erstklassiger Ruf herum und er wird zum Kandidaten für eine Auszeichnung eines Handwerkerverbandes. Davon weiß er aber nichts, und auch nicht davon, dass er eine Prüfung über sich ergehen lassen muss, die aus der Renovierung fast eines gesamten Hauses besteht. Zeichnerische Brillanz Scarpas veredelt einen zumindest interessanten Plot und sorgt für eine der besten Storys aus dem Maus-Universum, die man im LTB seit langer, langer Zeit erblicken durfte.

Nach Anregung eines stadtbekannten Clubs von Spaßvögeln und Scherzbolden begeben sich Donald und Dussel mit Hilfe Dagoberts auf die Suche nach dem Verborgenen Verlies. Auch diese Story ist im Stile der klassischen Schatzsuchen gehalten, weist dabei aber doch deutliche Schwächen auf. Der Plot ist nicht durchdacht, so dass der Ansatzpunkt des Scherzkeks-Clubs komplett gestrichen wird und unausgegoren wirkt, und auch die Schatzsuche als solche, die sich in den schottischen Highlands entwickelt, ist nichts als eine beinahe zusammenhanglose Aneinanderreihung von Gags und, zum Glück wenigen, Slapstickeinlagen. Aus einem an sich brauchbaren Ansatz wird hier einfach nicht genug gemacht, das Potenzial der Story wird bei Weitem nicht ausgeschöpft. Chance vergeben.

Ein Superurlaub ist ein Supergoof-Onepager, durchschnittlich kreativ und durchschnittlich witzig.

Und an das Ende des Bandes wurde der Tiefpunkt der Ausgabe drapiert: Der Energiekristall lässt die Duck-Liebhaber wieder schrill aufheulen und bestätigt die notorischen Egmont-Hasser in ihren Vorurteilen. Ganz, ganz grausam. Da Donald denkt, seine Familie würde ihn nicht mehr mögen, will er ganz spontan auswandern, um gefeiert als verlorener Sohn zurückzukehren. Er landet in einem streng geheimen Regierungsprojekt, in dem ein psychotischer Professor die Weltherrschaft erringen will. Er landet in einem Röntgenraum, und durch die Röntgenstrahlung erlangt er die Fähigkeit, Materie zu druchdringen. Das Ziel des Projektes liegt in einem Energiekristall, den Donald versehentlich verschluckt. Auf der Flucht vor dem Professor, auf der ihm der Minister unterstützt, der bislang auf Seiten des Professors stand, stellt sich heraus, dass der Kristall unter Wasser viele Tonnen wiegt, obwohl er sonst federleicht ist. Außerdem ist er aus nicht geklärten Gründen und offenkundig nur, um Aliens ins Spiel zu bringen, ein Mittel, um die Erde zu zerstören, das sein Ziel verfehlt. Die Story ist komplett abstrus, unlogisch, zusammenhanglos und in jeglicher Hinsicht bar jedes Niveaus und ist auch zeichnerisch alles andere als ansprechend gestaltet.

ÜBERSICHT:

- Der mürrische Donulk (S: P.Halas / Z: M.Fecchi / D 2002-081)
- Ein lautloses Wunder (S: G.Figus / Z: R.Vian / I TL 2396-1)
- Käpt'n Irrbarts Schatz (S: D.Rawson / Z: Joaquin / D 2000-159)
- Die Ruhe selbst! (S: G.Cordara / Z: G.Gatti / I TL 2140-3)
- Rache eines "Roboters" (S: G.Arrighini / Z: S.Ziche / I TL 2438-6)
- Rudis rasende Reparaturen (S: C.Panaro / Z: R.Scarpa / I TL 2198-1)

- Das verborgene Verlies (S: R.Cinino / Z: O.Panaro / I TL 2440-5)
- Ein Superurlaub (S: C.Panaro / Z: M.Mazzarello / I TL 2434-01)

- Der Energiekristall (S: Spectrum Associates/ Z: Bancells / D 99093)

Grün: Lesetipp
Rot: Flop

von Carsten Spitz, Juli 2003