Nun sitze ich hier und weiß selbst nicht, ob ich glauben kann, was ich hier vor mir sehe...
Vor mir liegt das aktuelle Lustige Taschenbuch - und es hat mich glatt vom Hocker gehau'n. Diesen Monat nicht, da das Geschichtenniveau wieder einmal alles je zuvor Dagewesene unterbietet und der mittlerweile regelrecht verhasste "Kaschperlmicky" wieder Abenteuer erlebt, die nicht einmal Dreijährigen gefallen würden.
Nein, diesen Monat erwartet einen ein Lustiges Taschenbuch, das einfach gut ist.
Punkt!
Ja, richtig gelesen, werter Leser. Und wer sich regelmäßig die aktuelle Rezension auf LTB-Online zu Gute führt, wird wissen, dass wir nun wirklich nicht Monat für Monat mit ungerecht positiven Rezensionen nur so um uns schmeißen. Das "beste Taschenbuch der letzten 100 Ausgaben" (Und dieser vermeintiche Superlativ ist bei der durchschnittlichen Qualität der Comics in diesem Zeitraum dann relativ gesehen gar nicht mehr eines Superlativs würdig) besinnt sich auf die guten alten Tugenden, die schon früher das lesenswerte Lustige Taschenbuch ausmachten. Lediglich eine relativ kurze Geschichte aus dem Hause Egmont erwartet den Leser, dem gegenüber stehen zahlreiche Comics italienischer Topzeichner (Cavazzano, de Vita, Gottardo, Camboni...), die diesen Monat zudem auch storymäßig allesamt einfach gut sind.

Die diesmonatige Lobhudelei beginnt schon beim Cover, welches dem Inhalt in nichts nachsteht. Eine wunderbar gezeichnete Phantomias-Visage mit einer netten Colorierung und einem in den Pupillen aufblitzenden Gesicht von Klaas Klever, zumindest Letzteres von Cavazzano umgesetzt.

Diät à la Düsentrieb: Beginnen tut das LTB mit seinem Tiefpunkt, der allerdings gewohnt auf Seite 5 beginnend, schon auf Seite 25 wieder endet und somit genug Platz für die erheblich besseren folgenden Geschichten lässt. Donald kann seine gelegentlichen Fressattacken nicht mehr unter Kontrolle halten und wendet sich, um einige Kilos abnehmen zu können, an Daniel Düsentrieb. Dass Donald mit dessen Erfindung mehr Unsinn anstellt, als ihm damit ein Nutzen widerfährt, kann man sich denken.

Der schlafende König:
In LTB
268 war es das letzte Mal so weit. In einer der allerersten Rezensionen auf LTB-Online konnte man sich erstmals an einer Story der "Mauser-Chroniken" erfreuen. Seitdem mussten nicht nur wir auf eine Fortsetzung der Micky-Maus-Reihe von Massimo De Vita warten, die de Vitas bekannten und beliebten Zeitreisen- und Abenteuergeschichten in nichts nachstehen. Wenngleich der Protagonist zumeist nicht Micky Maus selber, sondern sein Ahne Sir Michael Mauser ist. Regelmäßig, wenn es wieder einmal einen "Kaschperlmicky"-Comics (d.h. einen kurzbehosten Micky Maus von Egmont-Zeichnern wie Xavi oder Miguel) zu ertragen galt, forderten wir eine Weiterführung dieser Serie - und nun endlich ist es so weit. ;)
Hohe Erwartungen, die aber auch vollends erfüllt werden. Micky liest wieder einmal in Mausers Tagebüchern und liest von der Saga eines altenglischen Märchens, wonach ein junger Wanderer zufällig auf das Grab von König Artus und seiner Ritter gestoßen sei. Im folgenden kann Micky somit Mausers Tagebuch entnehmen, wie dieser sich selbst mit Hilfe des jungen Seven O'Seven (einem offensichtlichen Vorfahren von Goofy) auf die Suche nach dem Grab gemacht hat.
Eine anspruchsvolle, zugleich spannende, nie langweilige und bravourös gezeichnete Geschichte. Allein dieser Comic würde den diesmonatigen Kauf des LTBs rechtfertigen.

Im Auge des Gesetzes:
Schließlich folgt die Titelstory, die der vorherigen qualitätsmäßig kaum in etwas nachsteht. Onkel Dagobert hat den ziemlich prestigeträchtigen Auftrag der Stadt erhalten, das im Laufe der Jahre etwas ramponierte Emil Erpel-Denkmal zu restaurieren. Klaas Klever - bei diesem Auftrag wieder einmal vom "alten Duck" überboten worden, versucht nun mit allerlei hinterlistigen Aktionen das Projekt zum Scheitern zu bringen. Amüsante und zeichnerisch gute Umsetzung von Gervasio mit sehr unterhaltsamen und witzigen Zwischensequenzen (S.65 oder auch S.74).

Das Gespenst von Finstermoor:
Francesco Guerrini wird immer mehr zu einem Stammzeichner im Lustigen Taschenbuch - und da gibt es sicherlich schlechtere Entscheidungen. Guerrini tut sich mit dem Zeichnen sichtlich nicht leicht, sein Zeichenstil ist durchaus gewöhnungsbedürftig - positiv betrachtet kann man aber auch sagen, er hat seinen eigenen Stil. (Man beachte im Übrigen einmal die Muster der Kleidung der beiden schottischen Duck-Vorfahren)
Die Zeichnungen jeden Falls mit großer Mühe und Vielfalt umgesetzt, zeigt Guerrini, der auch für die Story zuständig ist, dass er sich in dem Duck-Universum von Barks und Rosa äußerst gut auskennt und lässt mehrere kleine Anspielungen - gerade aus dem Leben des jungen Dagobert Duck in Schottland - mit in seine durchweg lesenswerte Story einfliessen. Eine prima Schatzsuchen-Story in einem alten schottischen Schloß und auffalend guten Texten.

Goldrausch in Entenhausen:
Durch einige Fehlinterpretationen von Onkel Dagoberts Aussagen zu einem Aufsatz von Tick, Trick und Track, schnappen vereinzelte Entenhausener Informationen zu einem vermeintlichen Goldvorkommen in Entenhausen auf. Nur kurze Zeit später befindet sich ganz Entenhausen im Goldrausch... Für gerade einmal 10 Seiten ziemlich gut.

Das schwarze Feuer
ist eine Comicumsetzung der punische Kriege - natürlich mit Donald in der Hauptrolle, der die Seinigen letztlich auf recht "unkonventionelle" Art und Weise auf die Siegerstraße bringt.
Nette Zeichnungen, verhältnismäßig lange Story - gelungen.

Blühendes Gold:
Gottardos schöne Zeichnungen stehen ja alleine schon für eine gewisse Qualität der Geschichte, aber wie bei so vielen Comics diesen Moant, passt auch hier endlich einmal wieder die Story (von Rodolfo Cimino). Dagobert schickt die beiden Nervensägen Donald und Dussel mit vermeintlich großzügigen Angeboten quer durch die Weltgeschichte. Letztlich lediglich um Ruhe vor den beiden vermeintlichen "Nichtsnutzen" zu haben; diese jedoch offenbaren inder Ferne ihren Geschäftssinn und stechen Onkel Dagobert selbst mit der Zucht von "Goldblumen" letztlich aus.

Horrorflug an Halloween:
Recht kurze Gagstory. Auch durchaus lesbar und ganz nett gemacht.

Dynamo Duck:
Giorgio Cavazzano in Hochform: Klaas Klever hat mit seinem eigenen Fußballteam Erfolg um Erfolg. Nicht weiter schlimm für Onkel Dagobert, bis dieser erfährt, dass sich dank Fernsehübertragungsrechte und Fanartikelverkauf mit einer eigenen Mannschaft ein großer Reibach machen lässt. So dauert es nicht lange, bis Onkel Dagobert sich ein hochkarätiges Team an Spitzenspielern zusammenkauft und zumindest zunächt seinen Neffen Donald als Trainer einsetzt. Witzige, exzellent gezeichnete Story, die auch Nicht-Fußballfans gefallen dürfte.

Ein Fischsitter für alle Fälle:
Ein tolles Lustiges Taschenbuch findet ein passendes Ende. Eine wirklich komische Story, in der die Zeichnungen von Camboni dem Ganzen auch das nötige Flair vermitteln. Donald versucht sich als Tiersitter bei einer äußerst seltenen Fischart, dem "Schwerwachsenden Sprottenwels", dessen Besitzer selbst empfindliche Ähnlichkeit zu einem Flossentier aufweist. ;)
Wirklich gelungene Story und somit der Abschluss eines rundum empfehlenswerten Taschenbuchs.

Bitte so weitermachen!

ÜBERSICHT:

- Diät à la Düsentrieb (S: M.Gilbert / Z: Bancells / D 2002-059)
- Der schlafende König (S: G.Pezzin / Z: M.de Vita / I TL 2423-1)
- Im Auge des Gesetzes (S: F.Artibani / Z: M.Gervasio / I TL 2477-1)

- Das Gespenst von Finstermoor (S+Z: F.Guerrini / I TL 2442-5)
- Goldrausch in Entenhausen (S: B.Pellizzari / Z: F.D'Ippolito / I TL 2419-3)
- Das schwarze Feuer (S: G.Figus / Z: R.Marini / I TL 2373-4)
- Blühendes Gold (S: R.Cimino / Z: A.Gottardo / I TL 2459-5)
- Horrorflug an Halloween (S+Z: P.Rovero / I TL 2292-4)
- Dynamo Duck (S: R.Secchi / Z: G.Cavazzano / I TL 2443-1)
- Ein Fischsitter für alle Fälle (S: F.Artibani / Z: S.Camboni / I TL 2452-5)

Grün: Lesetipp
Rot: Flop

von Christian Peters, Oktober 2003