Was glitzert uns entgegen aus den Comicständern der Republik? Es ist das neue LTB, das den überaus fantasievollen Namen "333" trägt. Das ist wohl ein heiteres Jubiläum wert, spendiert der Verlag doch zusätzlich zum Glitzercover noch zusätzliche Seiten, um auch die Seitenzahl auf 333 aufzufüllen. Zur allgemeinen Überraschung wurde aber darauf verzichtet, auf diesen 333 Seiten 333 Geschichten unterzubringen. Im Großen und Ganzen ist das LTB sogar eine positive Überraschung, denn die positiven Eindrücke sind es doch, die nach dem Lesen des Bandes klar überwiegen. Nicht aber zuvor, nachdem man das zwar recht schlichte, aber dennoch nur bedingt großartige Cover betrachten durfte wo uns die drei Drillinge die drei Dreien freudig entgegenrecken, die das Leitmotiv der äußeren Erscheinung auszumachen auserkoren sind. Auf dem Backcover wird dieses Mal auf einen der lustigen "xx hammerstarke Geschichten"-Spruch verzichtet, um dafür auf den leider mittlerweile verebbten Strom des Lottobooms aufzuspringen, um teilweise recht hanebüchen konstruierte Zahlen als Lottozahlen zu deklarieren. Aber aufs Äußere kommt es ja zum Glück nur am Rande an...
Trotz der 333 Seiten ist die Anzahl der Geschichten mit 12 im Vergleich zu sonst kaum gestiegen, die durchschnittliche Seitenzahl schießt dadurch natürlich in quasi schwindelerregende Höhen. gleich vier Stories sind länger als dreißig Seiten, darunter neben zwei Egmont-Produktionen auch ein Werk des Großmeisters Romano Scarpa.

Pünktlich zum Jahreswechsel eröffnet "Das Neujahrsspiel" das neue LTB-Jahr - und das ausgesprochen unorthodox. Die Storyline in aller Kürze: Dagobert hat seine Fernbedienung zur Öffnung der Pforte zu seinem Geldspeicher verloren und begibt sich daher auf die Suche nach einem Wege hinein in seine eigenen heiligen Hallen. Und an dieser Stelle kommt die Originalität ins Spiel: Der Leser ist nun das entscheidende Element, denn er kann Einfluss nehmen auf den Handlungs-Verlauf. Stark angelehnt an die "Which-Way-Stories", die in den 100er-LTBs vereinzelt zu finden waren und in denen der Leser durch Veränderung der Handlung das Ende verändern konnte, ist hier nur eine Suche des Weges zum einzigen Ende erforderlich. Dieser Aspekt wird aber während des Lesens teilweise etwas lästig, senden doch die Anweisungen nach einer falschen Entscheidung die Story wieder zurück an den Anfang, so dass man, hält man sich streng an das vorgesehene Muster, die ersten Seiten wohl diverse Male zu Gesicht bekommt... Doch ist dies der einzige störende Aspekt in einer Geschichte, die auch noch mit einem weiteren Pfund zu wuchern vermag: Jede einzelne Seite wurde von einem anderen Zeichner gestaltet, so dass am Ende 43 Künstler am Werk beteiligt sind. Dadurch gibt es auch ein Wiedersehen mit im LTB bereits quasi ausgestorbenen Zeichnern wie Guido Scala, Luciano Bottaro oder Luciano Gatto, die in den frühen Bänden teilweise fur ungeheure Höhepunkte verantwortlich waren. Allein aus diesem Aspekt, gepaart mit der in sich durchaus unterhaltsamen Story, liest man sie am Stück und nicht wiederholt, ergibt sich ein Lesegenuss, der die außerordentliche Möglichkeit des Zeichnervergleichs in einer einzelnen Story ermöglicht und auf jeden Fall als etwas Besonderes nicht so rasch vergessen sein wird.

Anschließend sind Spione unter sich! Die duckschen Neffen ergötzen sich an einem neuen Spielzeug, einem Spionageset, mit dem sie ihren Onkel auszuhorchen gedenken. Dieser aber zahlt mit gleicher Münze zurück und, schwupps, werden Funksprüche von fremden Mächten abgehört, die Ducks für echte Geheimagenten gehalten und man ist mittendrin im heiteren Spiel der Spionage und Gegenspionage. Leider aber sind die Mitglieder der dritten Partei nicht sonderlich friedfertig, was für gar unschöne Situationen sorgt. Umgesetzt wird dieser in sich sogar originelle Plot von Fleming Andersen, dessen Zeichnungen prima zur etwas abgedrehten Story passen. Die fremden Geheimagenten sind als machthungrige und egoistische Charaktere passabel getroffen, aber leider besteht ihr Wesen lediglich aus Machthunger, was lediglich zu immer gleichen Gags führen kann. Einige gute Witze und ein origineller Plot sind damit enthalten, die auch an und für sich zu überzeugen wissen, aber dennoch insgesamt zu wenig sind, um die Story über ihre ganze Länge wirklich zu füllen. Gegen Ende wirkt das Ganze etwas abgenutzt.

Eine knifflige Aktion muss das Fähnlein Fieselschweif bewältigen. Um das Clubhaus bewahren zu können, dessen Pachtvertrag ausläuft, müssen rasch 20.000 Taler besorgt werden - wie das Leben so spielt, ist genau diese Summe aber der Hauptgewinn bei einer Quizshow für Pfadfindergruppen. Das als solches ist eine recht weit hergeholte Konstruktion, und auch im weiteren Verlauf vermag die Story keine Begeisterungsstürme zu entfachen. Mit Glück und Geschick gewinnen die Pfadfinder natürlich den Hauptgewinn und retten ihre Heimat. Aber der Weg dorthin ist abgedroschen, vorhersehbar und wenig amüsant. Inhaltlich ist letztlich kaum nennenswerte Substanz vorhanden, und auch die Zeichnungen haben nicht die Qualität, diese Geschichte noch herauszureißen. Eine der schwächeren Stories des Bandes.

Der Gesang der Sirenen betört Dagobert, als dieser sich auf eine Schatzsuche ins ewige Eis der Arktis begibt. Dort soll nämlich das seltene Blaueis lagern, das seine blaue Farbe natürlich besitzt und auch fortwährend behält - nur bedeutet die Entfernung des Blaueises aus seiner bisherigen Umgebung einen bedeutenden Verlust der Lebensqualität der Polareinwohner. Am Ende ist es das weiche Herz Dagoberts, das die Oberhand behält. Die Schatzsuche als solche ist im klassischen Stil angesetzt, kann diesen aber nicht beibehalten und rutscht teilweise in doch recht flache Witzchen ab, die aber den eigentlichen Plot nicht nennenswert beeinflussen. Das Ganze ist dazu recht kurz gefasst, so dass man zwar einen vernünftigen Ansatz mit einem sinnvollen Ende hat, aber der Weg dorthin weist doch seine Schwächen auf. Letztlich bleibt Durchschnittsware.

Nun begibt sich Micky auf Die Spur des purpurnen Rächers. Zwar in Dänemark produziert und im klassischen Kurzhosen-Outfit wird dennoch nicht gekaschperlt. Das Niveau des zuletzt aus dem Egmont-Hause veröffentlichten Erickson kann zwar nicht erreicht werden, dennoch ist die Story letztlich solide. Micky und Goofy reisen durch einen Zauberspiegel in die Vergangenheit, wo sie kurz nach der französischen Revolution durch die Gegend irren, als Doppelgänger zweier Personen der Zeitgeschichte, nämlich Revolutionsführer und Spitze des "ancien regime", Mauspierre, und Edelmann Goof de Pampelmus, ein wenig mutvoller Aristokrat. Daraus ergeben sich dann die üblichen Verwechslungsspäße, eh der Weg zurück gen Gegenwart glückt. Offenbar ist also die Zeitreise auch in Dänemark ein Thema. Wer weiß, vielleicht werden irgendwann auch Zapotek und Marlin endlich wieder aus der Mottenkiste hervorgekramt? Micky erreicht zwar nicht das Intelligenz-Niveau der Vergangenheit, beträgt sich aber doch vernünftig. Es fehlen in der Geschichte zwar wesentliche Überraschungsmomente, doch weist die Ausführung auch keine wesentlichen Schwächen auf. Für die Erwartungen an Dänen-Micky ist die Story durchaus als positive Überraschng zu sehen, am Ende ist sie aber nicht mehr als unterer Durchschnitt.

Was nun folgt, ist die schwächste Story des Bandes, die zum Glück ebenso kurz wie wenig unterhaltsam ist. Ironischerweise ward sie Ein triumphaler Erfolg getauft. Auf sieben Seiten versuchen Dagobert und Klaas Klever sich mit monumentalen Denkmälern zu übertrumpfen. Die ein oder andere Anleihe bei Großmeister Barks ist sicherlich lobenswert, doch einzig die Aufnahme der Idee und Adaption auf einem erschreckend tiefen Niveau ohne jegliche Substanz in der Story bringen wahrlich wenig Lorbeer. Ein Lückenfüller, der schnellstens vergessen sein wird, und das ist so auch sehr gut.

Wesentlich besser wird es nun mit der Invasion der Superhelden. Da nämlich Phantomias sich an keinerlei Verkehrsregeln halten muss, wenn er Verfolgungsjagden veranstaltet, nehmen auch andere Bürger dies für sich in Anspruch. Rasch ein Kostüm angezogen und schon hat man Anrecht auf beliebiges Verhalten auf der Straße, schlau ausgedacht. Und so wimmelt es nur so von maskierten Superhelden auf den Straßen und es herrscht das totale Chaos. Eine großartige Grundidee liefert Stoff für einige gute Gags, die routiniert in Szene gesetzt worden sind und die Story auf jeden Fall zur besten Gagstory des Bandes machen. Das Aufgreifen des Themas der Privilegien, die gewisse Personen einfach nur aufgrund ihrer Keleidung oder ihres gesellschaftlichen Status genießen, passt auch wunderbar in die Zeit, wenn auch in Italien sicher noch deutlich besser als hierzulande. Ein gesellschaftskritischer Comic, der seine Moral locker-leicht und unterhaltsam präsentiert und auf jeden Fall eine Leseempfehlung ist.

Das nächste Gagfeuerwerk soll gleich darauf abgebrannt werden: Dussel holt versentlich ein falsches Päckchen aus der Wäscherei ab und geht daher als Dagobert verkleidet zu einem Faschingsball. Aus unerfindlichen Gründen wird er für den originalen Dagobert gehalten und niemand kommt auf die Idee, dass man auf dem Kostümball kostümiert herumläuft. Ein erfolgreicher Hochstapler, das! Dennoch entwickeln sich aus dieser Konstellation die typischen Dussel-Scherzlein, die weitgehend aus der Schaffung von massig Comic in kurzer Zeit bestehen und außerdem Auswirkungen auf das Leben des realen Dagobert haben. Der ein oder andere Gag ist durchaus amüsant, dazu kommt eine gute zeichnerische Umsetzung. Aber letztlich bleibt auch hier nur eine seichte Dussel-Story hängen, wie es sie in fast jedem LTB gibt und die daher rasch in Vergessenheit geraten wird.

Anders bei der nun folgenden Story: Es ist Amundsens Talisman von Romano Scarpa. Donald ersteigert versehentlich ein Schiff und reist nun in die Arktis, um die Kosten durch eine Arbeit als Geograph wieder hereinzuholen, wobei er von einem Glücksbringer Dagoberts, einem gehörnten Pinguin, begleitet wird, in dem sich technisches Material zur Aufspürung von Uranerzen befindet. Unwissentlich agiert Donald also als Mineralaufspürer für seinen Onkel. Die Story ist, wie von Scarpa gewohnt, sinnvoll konstruiert, zeichnerisch großartig umgesetzt, mit prima Gags angereichert und durchgängig kurzweilig. Fast schon eine Schande, dass uns diese Story so lange vorenthalten wurde...
Doch ist diese Story auch ein gutes Beispiel dafür, dass die Abstimmung zwischen der Buchhandels- und der Kiosksparte von Egmont Ehapa nicht unbedingt hervorragend funktioniert. Nachdem zuerst in den LTB Mini Pockets die Story "Die Linsen aus Babylonien" nach langer Zeit wieder abgedruckt wurde, nur um einige Wochen danach im Scarpa-Band der "Hall of Fame" wiederum veröffentlicht zu werden, ergeht es nun ebenso der Amundsen-Story. 1956 in Italien erstveröffentlicht wartete die deutsche Comicöffentlichkeit fast 50 Jahre, eh die Geschichte in der "Hall of Fame" das erste Mal in Deutschland abgedruckt wurde. Und nur gut zwei Monate später folgt ein weiterer Reprint im LTB... dabei gibt es ausgesprochen viel großartiges, in Deutschland unveröffentlichtes Material von Scarpa. Hinzu kommt, dass die Versionen in "Hall of Fame" und LTB nicht identisch sind, die Übersetzung ist samt Einfügung der Soundwords offenbar komplett neu vorgenommen worden. Wer sich das ausgedacht hat, will ich lieber nicht hinterfragen...
Dennoch bleibt, dass die Story natürlich großartig ist und eine absolute Bereicherung für das LTB und dass unbedingt auch die Reste des in Deutschland unveröffentlichten Scarpa-Werkes unbedingt den Weg ins Taschenbuch finden müssen.

Es folgt eine weitere dusselsche Episode. In Des Ruhmes Last... hat er sich vorgenommen, als Tänzer Weltruhm zu erlangen und hat als Probeort natürlich Donalds Haus vorgesehen. Es kommt zu den üblichen chaotischen Vorkommnissen, denen der Rotgemützte seinen Ruf verdankt. Die können hier zwar für den ein oder anderen Schmunzler sorgen, doch der große Lacher bleibt ebenso wie das Gefühl, hier eine wirklich gute Comicgeschichte zu lesen, leider aus. Es ist einfach ein weiterer Plot aus der scheinbar unendlich tiefen Kiste der stereotypen Dussel-Geschichten, auch hier bleibt letztlich nur unterer Durchschnitt.

Um die Nase Dagoberts weht endlich mal wieder Der frische Wind des Abenteuers. Als Abwechslung zum Bürostress begibt er sich auf eine in der heutigen modernen, vollgepflasterten Welt ausgesprochen schwierig zu bewerkstelligende Schatzsuche, die daher auch keine Erfolge zielt. Doch sein Seelenheil kommt wieder in Ordnung, wenigstens was. Die Idee ist nicht neu, und die Umsetzung sah auch schon mal besser aus. Einige überraschende Ideen sind hier vorhanden, durchaus auch nette Einfälle, doch auch hier vermag der Funke nicht überzuspringen und die Geschichte plätschert weitgehend unbemerkt so vor sich hin, ehe sie dann einfach irgendwann beendet ist. Hängen bleibt nichts, doch zumindest fällt hier auch nichts wirklich negativ aus.

Am Ende steht die längste Story des Bandes. 50 Seiten umfasst die "Die Stimmgabel des Pharaos". Donald hält sich selbst für einen großartigen Detektiv und ist entschlossen einen Kriminalfall aufzuklären: Es gilt eine Stimmgabel zu finden, die bei Erklingen andere dem eigenen Willen unterwirft. Er hat als Hauptverdächigen den Bürgermister ausgemacht, welchen er nun auf Schritt und Tritt verfolgt, um dabei, wohl als Running Gag gedacht, ständig mit Abfällen überschüttet zu werden. Am Ende führt ein Missgeschick dazu, dass er in einen Glockenturm gerät, wo sich der eigentliche Täter verbirgt. Der Turm stürzt ein, da ein Auto gegen diesen fährt, und Donald wird als Meisterdetektiv gefeiert. Die Story will offenbar eine düstere Atmosphäre von Wahlbetrug schaffen, was ihr aber in keinster Weise glückt. Der ganze Plot wirkt undurchdacht und es ist nur dazu passend, dass das Ende ein beliebig rangeklatschtes Finale ist, das aus der Story in keinster Weise schlüssig zu begründen ist. Die inhaltliche Konstruktion wackelt über die ersten 40 Seiten wenig überzeugend so vor sich hin, ehe das Finale sie furios zerschießt. Dazu hat auch Miguel als Zeichner schon bessere Werke abgeliefert... Schwach.

ÜBERSICHT:

- Das Neujahrsspiel (S: A.Savini / Z: G.Cavazzano, L.Molinari, S.Intini, E.Gula, M.Forcelloni, A.Ferraris, D.Soffritti, G.Chierchini, G.Di Vita, E.Urbano, L.Gatto, P.Mottura, M.Amendola, G.Dalla Santa, A.Gottardo, E.Faccini, M.Gervasio, O.Panaro, G.Barbaro, S.Ziche, V.Held, S.Camboni, C.Sciarrone, L.Bottaro, F.Celoni, A. Coppola, M.de Vita, S.Turconi, A.Barbucci, L.Pastrovicchio, M.Palazzi, G.Soldati, G.Scala, C.Mastantuono, A.Freccero, S.Asteriti, F.Guerrini, D.Vetro, G.Zironi, R.Migheli, R.Vian, A.Perina, L.Milano / I TL 2353-1)
- Spione unter sich! (S: M.+L.Shaw / Z: F.Andersen / D 2003-091)
- Eine knifflige Aktion (S: G.Figus / Z: S.Dossi / I PM 288-A)
- Der Gesang der Sirenen (S: R.Cimino / Z: L.Milano / I TL 2515-5)
- Die Spur des Purpurnen Rächers (S: P.Halas / Z: Joaquin / D 2001-141)
- Ein triumphaler Erfolg (S: G.Pezzin / Z: M.Baggio / I TL 2333-4)
- Invasion der Superhelden (S+Z: L.Leoni+E.Negrin / I PK 121-1)
- Ein erfolgreicher Hochstapler (S: A.Durante / Z: G.Soldati / I TL 2517-4)
- Amundsens Talisman (S+Z: R.Scarpa / I TL 135-A)
- Des Ruhmes Last... (S: N.Russo / Z: P.Pennati / I TL 2458-4)
- Der frische Wind des Abenteuers (S: A.Macchetto / Z: A.Ferraris / I TL 2514-6)
- Die Stimmgabel des Pharaos (S: Spectrum Ass. / Z: Miguel / D 2000-193)

Extra:
80 zusätzliche Seiten zum Jubiläum, effektiv sogar 81 Seiten mehr Comics


Grün: Lesetipp
Rot: Flop

von Carsten Spitz, Januar 2005