Ein lauter Knall, ein Hilferuf schallt durch die rote Nacht und der arglose Einkäufer wittert einen Skandal in Entenhausen - anders ausgedrückt, wer seine Kaufentscheidung beim aktuellen LTB vom Cover abhängig macht, wird sich definitiv dagegen entscheiden, die fälligen 4,20 Euro zu investieren - es sei denn, es erfreut sein Herz so gar sehr, dass erstmals auf einem LTB-Cover nicht einmal mehr der Hauch einer im Band auftretenden Figur zu sehen ist. Allerdings muss man sagen, dass dieser Kurzentschlossene durchaus etwas verpassen würde, denn es gibt durchaus positives zu berichten vom Inhalt des Bandes. Nur 8 Geschichten befinden sich in seinem Inneren, darunter eine italienische Maus-Geschichte von Star-Zeichner Massimo de Vita, die immerhin 36 Seiten aufweist, und dazu noch 3 weitere Geschichten, die die magische 30-Seiten-Marke deutlich hinter sich lassen, darunter eine lange Story der Phantomias-Zeichner Leoni/Negrin und zwei Eigenproduktionen des Egmont-Konzerns, eine von diesen ist immerhin von den erstmal vielversprechenden Namen Transgaard/Fecchi in Szene gesetzt. Und so ist der Gesamteindruck des Bandes doch deutlich besser als der des Titelbildes - was aber letztlich auch nicht allzu schwierig gewesen ist. Doch der Eindruck, dass das ganz tiefe Tal endgültig durchschritten ist und in fast jedem LTB zumindest die ein oder andere lesenswerte Geschichte ist, verfestigt sich zusehends - auch wenn es natürlich noch massig Luft nach oben gibt ;)

Seine Meinung zum LTB kann man auch dieses Mal wieder online äußern, eine Umfrage steht wie gewohnt unter http://LTB-Umfrage.ifad.de zur Verfügung.

Die titelgebende Story wird, wie zumeist, gleich zum Auftakt präsentiert, es geht also um einen Skandal in Entenhausen. In Entenhausen findet ein Festival zu Ehren einer langen Städtepartnerschaft mit dem arktischen Robbenrath statt. Leider wurde dem Organisator einer erfolgreichen Feier ein Jahr Steuerfreiheit zugesichert - keine Wunder, dass Dagobert Duck seine Chance wittert und sich die Ausrichtung unter den Nagel reißt, um zu sparen, ebensowenig verblüffend, dass er seinen Neffen Donald mit der Organisation beauftragt. Sehr viel wunderlicher ist da schon, dass der Bürgermeister Entenhausens die Feierlichkeit sabotiert, um sie zum Platzen zu bringen und somit doch noch Steuern zu kassieren. Und so zeigt sich, dass die Stadtbevölkerung Entenhausens nur auf den eigenen Profit aus ist und das Fest nicht ausrichtet, um sich mit seinen Freunden zu amüsieren, sondern um sich daran zu bereichern. Pfui! Robbenrath bricht daher die Partnerschaft mit Entenhausen umgehend ab, mit derlei selbstsüchtigem Pöbel will man nichts zu tun haben. Einzig Donald hat den Geist der Eintracht verinnerlicht und ist weiterhin ein gerngesehener Gast im ewigen Eis. Man muss schon sagen, dass die Moral der Geschichte etwas arg überzogen und mit dem Holzhammer daherkommt, doch ist es äußerst erfreulich, dass auch im für Kinder erdachten Comic Platz für Gesellschaftskritik bleibt, die den Egoismus der Neuzeit geißelt und gleichzeitig die Geselligkeit und Genügsamkeit der Landbevölkerung auf den goldenen Schild der Freude hebt. Und die Zeichungen sind auch schön ;)

Seinen Stammplatz an Position zwei nimmt dann Micky Maus ein. In Der sagenhafte Superjux unternimmt der Mäuserich eine gedankliche Zeitreise, denn sein Abenteuer führt ihn ausgerechnet mit zwei alten Klassenkameraden zusammen, nämlich mit Schulschreck Schorschi Schabernack und mit Kurt, dem Prügelknaben alter Zeiten. Keine Frage, wie da die Sympathien verteilt sind und so ist es für Micky ein harter Weg Arbeit, sich durch Neid- und Missgunstvorwürfe seiner Mitbürger zu kämpfen, als ausgerechnet der fiese Schabernack scheinbar als Freund und Helfer der Polizei auftaucht und Gauner um Gauner ins Gefängnis bringt, von Micky aber nichtsdestotrotz als negative Person wahrgenommen wird. Und dass den Mäuserich sein Riecher auch dieses Mal nicht im Stich lässt, ist zwar vorhersehbar, aber dennoch wunderbar zu lesen - vor allem, wenn man sich zeitgleich wieder manche dänische Maus-Story der jüngeren Vergangenheit vor Augen führt. Die weiterhin erstklassigen Zeichnungen von de Vita tun ihr übriges dazu, so dass man sich einfach daran erfreuen kann, wieder einmal einen klassischen Kriminalfall der Maus zu lesen - auch wenn sich manch plumper Witz eingeschlichen hat und ich persönlich die Zeichnungen de Vitas vor einigen Jahren noch besser fand. Dennoch will man ein solches Niveau bei der Maus nicht missen.

Schon eher missen will man die nächste Story, in der Dagobert Gefräßige Energiespender in ganz Entenhausen verteilt. Aufgrund wahnwitzig gestiegener Energiepreise hat er eine neue Art der Energieversorgung entwickeln lassen - Kästen, die an der Wand hängen und aus Lebensmitteln Strom erzeugen können. Ein Vergleich zu den legendären Schrottstromrobotern drängt sich geradezu auf, allerdings wird deren Niveau hier keinesfalls erreicht. Die Kästen drängen lediglich darauf, immer besser zu essen, so dass ihr Unterhalt rasch teurer ist als eine normale Stormrechnung. Das ist allerdings auch eine nette Wendung ;)
Dennoch gelingt es der Story nicht so recht, Fahrt aufzunehmen, zu rasch zieht sie am Leser vorbei um wirklich Atmosphäre zu schaffen, so dass letztlich nur ein Lückenfüller dabei herausgekommen ist und man denkt sich, dass man die Seiten dieser Geschichte und die der folgenden gut zu einer etwas längeren hätte zusammenfassen können.

Die heißt Um Lichtjahre voraus und in ihr geht es um Daniel Düsentrieb, der in einer kurzen Gagstory (8 Seiten, um genau zu sein) eine Haushaltshilfe erfindet, um diese anschließend von einem fahrenden Händler, der aus dem All stammt, ebenso angeboten zu bekommen. Dank der interessanten Zeichnungen von Mangiatordi durchaus nett zu lesen, aber letztlich wird der einzige Witz doch etwas zu breit ausgewalzt.

Die längste Gesichte des Bandes, Der durchgeknallte Doppelgänger, umfasst 57 Seiten und handelt von Entenhausens liebstem Superheld, Phantomias. Dieser wird von einem Gnom terrorisiert, der angibt, sein Fan zu sein und ihn in allerlei haarige Situationen bringt um zuzusehen, wie der Held in Not agiert. Und auch mit den anderen Entenhausenern treibt der Gnom so seine Scherze und sorgt für Chaos noch und nöcher. Der Anfang durchaus nett umgesetzt und sorgt für manchen Schmunzler, einzig das Ende der Geschichte ist doch etwas arg weit hergeholt - man findet die Lösung aller Probleme zufällig und nur durch einen spiegelverkehrten Buchstaben animiert in einem alten Märchenbuch. Aber dass trübt den Gesamteindruck nur unwesentlich, da endoich mal einer Story ausreichend Zeit zur behutsamen Entwicklung gelassen wird und man sich so in die Rollen der Beteiligten hineindenken kann. Dazu sind Leoni und Negrin als gute Zeichner bekannt und machen diesem Ruf auch dieses Mal wieder alle Ehre.

Eine etwas eigenartige Kurzgeschichte gibt es dann: Donald will Geld verdienen und plant die Abwesenheit seiner Neffen durch das Vermieten ihres Zimmers zu versilbern. Allerdings bekommt er arg Merkwürdige Mieter, die für so manches Problem sorgen. Diese Figuren sind durchaus unterhaltsam dargestellt und der Abschlussgag ist in der Tat mal überraschend - wenn er auch etwas willkürlich erscheint. Als Lückenfüller ist diese Geschichte bestens geeignet - zu mehr allerdings auch nicht.

Bis dahin war das LTB insgesamt eine sehr passable Angelegenheit - ab hier aber geht es nun doch wieder rasant bergab, Zuerst erleben wir einen Wettlauf um die Insel. Dagobert weiß im Voraus davon, dass eine einstmals versunkene Insel wieder an die Oberfläche gelangen wird, auf der er einen versunkenen Schatz weiß. Leider wird er von Klaas Klever belauscht (durch eine Wanze oben auf dem Zylinder), der wiederum durch die Panzerknacker ausgehorcht wird (dieses Mal mit Wanze oben auf der Melone) und so gibt es ein an eine Seeschlacht grenzendes Gerangel auf offener See mit gepanzerten Schiffen und wildgewordenen Monstertieren, die den Leser in erster Linie verwirrt zurücklassen - wie auch die Tatsache, dass eine einfache Holzkiste, die Jahrhunderte unter Wasser verbracht hat, offenbar vollkommen wasserdicht gewesen war. Diese Geschichte ist die erste, die vollkommen wirr konstruiert daherkommt und nur für Enttäuschung sorgt.

Eine lange Geschichte, 50 Seiten umfassend, durfte dann auch noch die wenig illustre Kombination Spectrum Associates / Bancells beisteuern - wobei sie leider Mit dem Kopf durch die Wand wollen und doch zu einer arg plumpen Darstellung neigen. Daisy, dieses Mal bereits von Beginn der Geschichte an und grundlos eine unfassbare Aggression ausstrahlend, glaubt, dass Donald ihr eine Hawaii-Reise schenken wolle (sie findet das heraus, während der gerade Pommes aus der Mikrowelle holt *schauder*) - nun muss natürlich Geld verdient werden. Dabei trifft der arme Herr Duck wie bei Bancells gewohnt auf eine Menge sehr übellauniger und gewalttätiger Gesellen und findet sich am Ende als Stalker im Gefängnis wieder, da ausgerechnet eine prominente Schauspielerin durch Zufall eine Option auf 10.000 Taler bei sich trägt. Im weiteren wirren Storyverlauf wird noch ins All geflogen (um dort für ein paar Tage einen Film zu drehen, eine lohnende Investition) und sich arg konstruiert und willkürlich ausgesöhnt. Am Ende sind dann alle glücklich und zufrieden - außer dem Leser natürlich, der sich erneut mit einer Geschichte rumplagen musste, die mit "Platzverschwendung" noch liebevoll umschrieben ist. Ein wirrer und unlogischer Plot schafft es nie, den Zeichnungen Bancells' einen Halt zu geben, so dass das Ende des Bandes leider als Tiefpunkt daherkommt.

ÜBERSICHT:

- Skandal in Entenhausen (S: G.Transgaard / Z: M.Fecchi / D 2004-223)
- Der sagenhafte Superjux (S: A."Casty" Castellan / Z: M.de Vita / I TL 2535-1)
- Gefräßige Energiespender (S: C.Panaro / Z: E.Gula / I TL 2555-2)
- Um Lichtjahre voraus (S: A.Palmas / Z: V.Mangiatordi / I TL 2535-5)
- Der durchgeknalle Doppelgänger (S: L.Boschi / Z: L.Leoni+E.Negrin / IS PK 59-1)
- Merkwürdige Mieter (S: N.Russo / Z: P.Rovero / I TL 2563-5)
- Wettlauf um die Insel (S: S.Nigro / Z: S.Deiana / I TL 2544-7)
- Mit dem Kopf durch die Wand (S: Spectrum Associates / Z: Bancells / D 99204)

Grün: Lesetipp
Rot: Flop

von Carsten Spitz, März 2006