Da
hatten wir eigens eine neue Kategorie
eingeführt, um die ideenlosen Kurz- und
Kürzestgeschichten aus Italien, an denen man
sich seit langem stört, einfach wegzusortieren -
und was geschieht? Wir brauchen diese Kategorie
einfach nicht!
Das freut uns natürlich ungemein - wie auch fast
alles andere an dieser Ausgabe des LTB.
Es beginnt mit dem Cover von Casty, das fast 1:1
vom italienischen Original übernommen wurde,
statt wie gewohnt den nur selten zu Hochform
auflaufenden Fließbandcoverzeichner der letzten
Jahre einzusetzen. Lohn dieser Entscheidung:
Eines der besten LTB-Cover aller Zeiten. Dass es
damit gleichzeitig sogar noch die Maus exklusiv
aufs Cover geschafft hat - ein Bonus, den man
kaum hätte erahnen können. Das drohend über
allem schwebende Phantom, das sich seinen Feinden
noch nicht offenbart hat und sie in die Falle
lockt - nie wurde diese Situation besser in einem
einzigen Bild eingefangen.
Und was das Cover verspricht, kann in weiten
Teilen auch der Band selbst halten: Aus den
Produktionsstätten von Egmont sehen wir dieses
Mal eine Andersen-Story und eine komplette
Eigenproduktion des bislang nur als Autor
bekannten Rune Meikle, während uns aus Italien
ein unfassbares Aufgebot an Starzeichnern
beglückt: Massimo de Vita (mit einem Skript von
Casty), Marco Rota, Luciano Gatto, Giorgio
Cavazzano und Giuseppe Dalla Santa sind mit von
der Partie, dazu noch Carlo Limido und Andrea
Lucci, die auch gute Arbeit abliefern. Der erste
Eindruck des LTBs ist damit exzellent.Seine
Meinung zu diesem LTB kann man auch dieses Mal
wieder online äußern, eine Umfrage steht wie
gewohnt unter http://LTB-Umfrage.ifad.de zur
Verfügung.
Den
Auftakt macht wie gewohnt ein Egmont-Werk: In Einer
wie keiner erfahren wir einiges über
die Beziehung von Donald Duck zu seinem Auto, dem
guten alten 313. Nachdem es wieder einmal eine
Panne gegeben hat, beschließt Donald, das Auto
zu verkaufen - und findet in einem schrulligen
Oldtimersammler auch prompt einen Interessenten
für das gute Stück. Einziges Problem: Das Auto
muss durchs Gebirge zu seinem zukünftigen
Besitzer gefahren werden. Die letzte Chance für
Donald, seinem alten Freund Lebewohl zu sagen,
bevor die Wege sich trennen - doch alte Liebe
rostet nicht, und so hat das Schicksal einiges zu
bieten, damit diese treue Kombination bestehen
bleibt. Die Story der McGreals ist für ihre
Verhältnisse gut gelungen und schafft es, die
Macken des Autos herauszuarbeiten, ohne dabei
überhastet oder zu aufdringlich zu wirken. Die
Idee, dass das Auto - wenn auch nur bedingt durch
den Zufall - beinahe so eine Art Eigenleben
entwickelt, passt sehr gut zur sentimentalen
Stimmung, in der Donald stets dargestellt wird,
während er die Trennung von seinem alten Freund
vorbereitet. Während die Story in den ersten
zwei Dritteln dabei aber dennoch weitgehend
erwartungsgemäß abläuft - es gibt jede Menge
Action und Zeichner Andersen kann seinen Hang zu
Aggressionen ausleben -, liefert das letzte
Drittel überraschend doch einiges an Facetten,
die man an Andersen (und auch den McGreals)
bislang selten zu sehen bekam. Insbesondere die
letzten vier Seiten, auf denen nach guter
Hinführung die Liebe von Donald zu seinem Wagen
endgültig präsentiert wird, sind ausgezeichnet
- und ihnen ist es dann auch zu verdanken, dass
diese Story als Lesetipp deklariert wird.
Die Verkehrspolizei, dein Freund und Helfer
Die
angekündigte Casty/de Vita-Produktion ist Spiel
auf Zeit. Eine unerklärliche
Einbruchserie findet ihre Opfer in Entenhausen,
die Polizei ist ratlos. Keine Frage, da muss
Micky Maus mit seinem kongenialen Partner Goofy
helfen, und durch die Verquickung der
Fähigkeiten beider gelingt es natürlich, sich
auf die richtige Spur zu setzen und diese
konsequent bis zum Ende zu verfolgen.
Diese Story ist eine überaus gelungene
Kombination aus einem klassischen Entenhausener
Kriminalfall und komischen Elementen. Das beginnt
am Anfang, als bereits auf der zweiten Seite aus
der ewigen Drohung, Issel und Hunter wieder den
Verkehr regeln zu lassen, Ernst wird und der
Inspektor auf einer Straßenkreuzung steht und
zieht sich durch die gesamte Story - mal
auffälliger, mal subtiler sind immer wieder
gelungene Gags eingewoben, die den Fall
auflockern. Das Auftauchen Plattnases (ebenfalls
klasse: In einer Luxuszelle untergebracht, da er
sich nur unter dieser Voraussetzung der Polizei
gestellt hat) ist wunderbar, das Wiederauftauchen
der naiven Genialität Goofys lässt einen von
alten Zeiten träumen und ist ein tolles Zeichen
für die Zukunft. Auch was letztlich hinter dem
Ganzen steckt,ist voller Phantasie und dabei
dennoch sinnvoll konstruiert und glaubwürdig. Im
Kontext der Story funktioniert die Idee des
Molekularbeschleunigers auch anstandslos -
offenbar passen sich alle Gegenstände jeder
beliebigen von ihnen geforderten Geschwindigkeit
an. Zwar hat Massimo de Vita seinen Zenit
offenbar ein wenig überschritten und kann nicht
an die exzellenten Mausdarstellungen in der
Vergangenheuit anknüpfen, dennoch präsentiert
er sich als bei weitem überdurchschnittlicher
Maus-Zeichner und macht das starke Skript von
Casty zu einer echten Leseempfehlung.
Mit
einer Story des Duos Badino/Lucci geht das Niveau
dann ein wenig nach unten - doch wer will das
nach nun bemängeln? In Penny räumt auf
liefert Badino eine frische Idee: Die
Panzerknacker werden mit einer ebenso
gesetzestreuen wie gewitzten Nichte zweiten
Grades konfrontiert (die Tochter einer Cousine),
die sie für eine Weile bei sich aufnehmen
müssen. Dabei bringt das ehrliche Mädchen ihre
Anverwandten immer wieder in peinliche
Situationen - um sie dann aber auch wieder selbst
daraus zu befreien. Doch natürlich wollen die
Panzerknacker den Geldspeicher ihres
Lieblingsopfers in Angriff nehmen, und das wird
dem Mädchen zuviel. Sie manipuliert den Einbruch
ihrer Onkel derart, dass keine Falle ohne
Reibereien überwunden werden kann und die
Panzerknacker nur äußerst geschunden das Geld
Dagoberts erreichen - wo sie sie dann auch prompt
wieder hinauskomplimentiert. Eine sehr
fantasievolle Grundidee arbeitet Badino hier
wirklich gut aus, wenn auch letztendlich etwas zu
vorhersehbar. Auch die Zeichnungen von Luccis
sind - obwohl alles andere als schlecht - in
diesem Band eher am unteren Ende der Skala
anzusiedeln, so dass aus der guten Storyidee am
Ende nur eine durchschnittliche Geschichte wird.
War
man von Casty und Massimo de Vita noch nur
scheinbar in die Vergangenheit geschickt worden,
wird dieser Transfer nun tatsächlich vollzogen:
Mit Versenktes Vermögen gräbt
Ehapa eine Story aus, deren Erstveröffentlichung
bereits mehr als 30 Jahre zurückliegt. Die
Geschichte von Bruno Mandelli, die Marco Rota
zeichnerisch umgesetzt hat, glänzt dann auch vor
allem mit dem entscheidenden Vorteil, den die
alten Geschichten den neueren gegenüber
aufweisen: Die "Gemütlichkeit" und
Ruhe, mit der eine Story entwickelt wird. Der
Plot selbst ist schnell erzählt: Donald betreibt
ein kleines Fährunternehmen auf einem Fluss,
wird aber von seinem Onkel Dagobert seiner
Schulden wegen zur Arbeit bei einem Projekt des
Patriarchen gezwungen: Dieser staut den Fluss, um
im entstandenen Stausee sein Geld in einem
unterseeischen Geldspeicher sicher zu verwahren,
der dann erfolglos von den Panzerknackern
attackiert wird. Die Darstellung dieser an sich
simplen Storylinie ist dabei so wunderbar
detailliert (und gleichzeitig zielgerichtet),
dass sie vor allem als krasser Kontrast zu den
anderen, neueren Storys des Bandes wirkt. Es gibt
ein paar Streitereien in der Duck-Familie, am
Ende setzt Dagobert seinen Willen durch und das
Ganze wird von Marco Rota wunderschön in Szene
gesetzt. Dadurch haben wir schon den dritten
Lesetipp des Bandes - der auch noch nicht der
letzte ist ;)
Fährenfahrer und die Furcht vor Finanzhaien
Die
Phantomias-Story Kreuzfahrt mit
Überraschungen von Bruno Sarda und
Luciano Gatto schafft es allerdings nicht in den
grünen Bereich. Die Kurzzeitromanze (auch wenn
sie sich in Deutschland über knapp 10 Jahre
erstreckt hat, seit Band 250 sind nämlich
inklusive dieser alle vier Geschichten
erschienen) zwischen der gewieften Ganovin Lola
Duck und Phantomias findet ein Ende. Beide sind
zufällig auf dem gleiche Kreuzfahrtschiff, als
sie auf einer Reise Abstand voneinander gewinnen
wollen um ihre jeweiligen Gefühle für den
anderen zu vergessen. Donald transportiert dabei
gleichzeitig noch einen wertvollen Edelstein für
seinen Onkel. Und auch die Panzerknacker sind mit
von der Partie: Sie wollen den Klunker klauen.
Ein Haufen Gangster also, mit denen sich
Phantomias herumschlagen muss. Das gelingt ihm
selbstredend - doch Lola kann er wie so oft auch
dieses Mal nicht festhalten. Sie setzt sich auf
einem Hafen in Asien ab und lässt ihr bisheriges
Leben so hinter sich. Die Story ist routiniert
von Bruno Sarda konstruiert und schafft es
durchaus, die verwirrenden Gefühle, die die
Protagonisten in die Verzweiflung treiben,
wiederzugeben und mit den Elementen des
eigentlichen Diebstahl-Plots zu verweben. Auch
die Zeichnungen von Gatto sind wie immer nett
anzusehen (und voller Schweißtröpchen ;)),
dennoch fehlt dieser Story einfach das gewisse
Etwas, sei es eine besonders gute Idee, sei es
ein Überraschungsmoment, sei es eine
herausragende Ausführung einer Szene. So steht
am Ende "nur" guter Durchschnitt.
Eine
neue Idee hat Gundel Gaukeley entwickelt, um an
das ewige Ziel ihrer Träume, Dagobert Ducks
Glückszehner, zu kommen. In der Story Alle
Vöglein sind schon da... verzaubert sie
Vögel, mit denen sie ihrem Gegner Goldnuggets
schickt, damit dieser Vertrauen in die
flatternden Gesellen fasst. Die Vögel werden mit
der Zeit immer größer, auch die Nuggets, bis am
Ende ein riesiger Kondor, freiwillig
hereingelassen, den Talisman stehlen soll.
Dagobert lässt sich auf diese Weise auch leicht
übertölpeln, doch Gundel hat ihre Rechnung ohne
den Rest der Duck-Familie gemacht. Die
fantasievolle Grundidee ist das große Plus der
Geschichte - es gelingt wieder einmal, Gundel aus
den bekannten Mustern ausbrechen zu lassen. Die
zeichnerische Umsetzung der Story von Giorgio
Cavazzano ist, wie von ihm gewohnt, gut und das
durchaus überraschende Ende sorgt für das
Tüpfelchen auf dem i. Die Grundidee wird gut
ausgearbeitet und umgesetzt. Insgesamt ist zwar
etwas zu wenig an überraschenden Momenten in der
Story enthalten und auch die Gags zünden nicht
alle, aufgrund der starken Grundidee und der
Zeichnungen schafft es aber auch diese Geschichte
in die Kategorie "Lesetipp".
Flieg, Vogel, flieg - und kehre rasch
zurück!
Dahin
schafft es Lieferung im Laufschritt
leider nicht. Hiebrei handelt es sich um eine
klassische Gagstory (und um die dieses Bandes,
die am ehesten in die 08/15-Kategorie passen
würde). Franz reist durch die Lande und sucht
einen Kunden des Bauernhofs, wobei er sich bei
jeder Gelegenheit an diversen Leckereien gütlich
tut. Die Story ist solide konstruiert und bietet
einen routiniert erdachten Handlungsrahmen und
überwiegend wenig überraschende Gags. Da mir
auch Limidos Zeichnungen nicht besonders zusagen,
halte ich diese für die schwächste Story des
Bandes - für die Einstufung in die mittlere
Kategorie reicht es aber.
Mit
einer weiteren guten Storyidee kann Carlo Panaro
in Gedrängel im Geldspeicher aufwarten:
Gitta Gans und Kuno Knäul eröffnen gemeinsam
eine Agentur, mit der sie privaten Wohnraum an
Filmfirmen vermieten. Studios sind nämlich nicht
alles und andere Plätze sind nur zu exorbitanten
Preisen zu haben. Dass diese exorbitenten
Beträge nun vermittelt werden, gefällt vor
allem den privaten Teilnehmern, die sich durch
die Investments der Filmfirmen privat sanieren
können. In jedem Fall macht ganz Entenhausen bei
diesem Projekt mit - auch Onkel Dagobert. Keine
Frage also, dass die Panzerknacker die erstbeste
Gelegenheit nutzen, um sich als Mitglieder des
Filmteams verkleidet in den Geldspeicher zu
schleichen, um ihren Lieblingsfeind um ein paar
Talerchen zu erleichtern. Vor allem die
ausgesprochen kreative Grundidee ist ein
Pluspunkt diesr Story, allerdings scheint diese
dann doch nicht komplett sinnvoll durchdacht zu
sein. So zahlen die Filmfirmen für das Mieten
der Räumlichkeiten unfassbare Preise im
achtstelligen Bereich. Derlei Ungereimtheiten
mindern natürlich das Lesevergnügen. Einige der
Gags zünden, andere weniger - doch zumindest die
Zeichnungen von Dalla Santa sind über jeden
Zweifel erhaben. Diese Story ist damit insgesamt
die nächste etwas schwächere, aber auch hier
ist es keine Frage, dass der Sprung zumindest in
den schwarzen Bereich gelungen ist.
Es kann nicht sein, was nicht sein darf!
Die
letzte Geschichte des Bandes, Gestrandet!,
stammt aus der Feder von Rune Meikle - und zwar
komplett. Der bislang nur als Autor bekannte
Egmont-Künstler hat sich hier auch als Zeichner
versucht. Das Ergebnis sind Zeichnungen, die zwar
sehr eigenwillig sind, aber definitiv einen
eigenen Stil pflegen. Zudem spielt er mit
ungewöhnlichen Elementen wie verzierten Rahmen
für seine Panels und ungewöhnlichen
Textkästen. Insgesamt ist das LTB-Zeichen-Debüt
von Meikle als sehr postiv zu bezeichnen,
gefällt mir gut ;)
Die Story ist von Defoes Klassiker "Robinson
Crusoe" inspiriert: Dagobert strandet auf
einer einsamen Insel und trifft dort ein junges
Mädchen, das ebenfalls Schiffbruch erlitten hat.
Gemeinsam schlägt man sich durch das Leben auf
dem Eiland und sucht nach einem Weg, in die
Zivilisation zurückzukehren. Gleichzeitig
entdeckt man noch einen Schatz auf der Insel, auf
der sich dereinst ein Pirat niedergelassen hatte.
Die Story steckt, der Vorlage zu Ehren, voller
Anspielungen auf Robinson Crusoe, liefert
ansonsten aber wenig Überraschendes. Sie wird
aber auch komplett durchgezogen, ohne dass daran
irgendetwas zu bemängeln wäre, während die
Zeichnungen dank ihrer Individualität die
richtige Atmosphäre vermitteln. Meikle gelingt
es immer wieder, seine Darstellungen perfekt in
Einklang mit dem eigenen Plot zu bringen und
damit seine Geschichte bestens zu vermitteln. Von
Meikle als Zeichner würde ich gerne sehr viel
mehr im LTB sehen ;)
Die Zeit löst alle Verständigungsprobleme
ÜBERSICHT:
-
Einer wie keiner (S: P+C.McGreal / Z: F.Andersen
/ D 2006-122)
- Spiel auf Zeit (S: Casty / Z: M.de Vita / I TL
2597-1)
- Penny räumt auf (S:
S.Badino / Z: A.Lucci / I TL 2608-7)
- Versenktes Vermögen (S:
B.Mandelli / Z: M.Rota / I TL 987-C)
- Kreuzfahrt mit
Überraschungen (S: B.Sarda / Z: L.Gatto / I PK
46-1)
- Alle Vöglein sind schon
da... (S: R.Cimino / Z: G.Cavazzano / I TL
2615-7)
- Lieferung im Laufschritt
(S: C.Panaro / Z: C.Limido / I TL 2604-2)
- Gedrängel im Geldspeicher (S: C.Panaro / Z:
G.Dalla Santa / I TL 2605-1)
- Gestrandet! (S+Z: R.Meikle
/ D/D 2000-009)
Grün: Lesetipp
Rot: Flop
Blau:
Italienischer 08/15-Kram
von Carsten Spitz, Januar
2007
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