Die erste Überraschung erwartet den geneigten Leser dieses Mal schon, bevor man überhaupt die erste Geschichte erreicht hat: Das Inhaltsverzeichnis wurde umgestaltet. Es besteht jetzt nur noch aus einer Auflistung der Storys, der altbekannte Brief folgt eine Seite später. Durch diese Platzvergrößerung ist es nun ohne weiteres möglich, noch deutlich mehr als 11 Geschichten aufzulisten. So 'ne Freude. 11 sind es also dieses Mal, davon 2 von Egmont und neun aus Italien. Auf längere Geschichten wartet man dabei vergeblich: Alle neun italienischen Geschichten verfehlen die 30-Seiten-Marke, zumeist deutlich. Kein Wunder also, dass es dieses Mal wieder Arbeit für die Kategorie "blau" gibt.
Das Cover ist zwar auffällig, aber hässlich. Fragezeichen in neonorange, gepaart mit wenig ansprechend gestalteten Zeichnungen von Donald und Phantomias. Ästhetischen Ansprüchen genügt das nicht.

Seine Meinung zum LTB kann man dieses Mal wieder wieder online äußern, eine Umfrage steht wie zumeist unter http://LTB-Umfrage.ifad.de zur Verfügung.

Inhaltlich sind zwei Storys zu erwähnen, die nach oben herausstechen und daher auch die einzigen sind, die in diesem Monat mit einer "grünen" Bewertung nach Hause gehen dürfen: "Rätselraten am Weidenwaldsee", die Micky-Story des Monats, kreiert von Carlo Panaro und Massimo de Vita, und die Phantomias-Geschichte "Eine handfeste Lektion" von Rudy Salvagnini und Marco Gervasio.


Akrostichon für Anfänger

Letztere ist wohl die beste Story des Bandes, vor allem wegen der genialen Grundidee: Die Panzerknacker wollen Donald dazu zwingen, als Phantomias verkleidet eine Bank zu überfallen - schließlich wird Phantomias vertraut, so dass ein Bruch machbar sein sollte, und Donald sieht dem maskierten Superhelden sehr ähnlich. Auf dieser Grundlage gelingt es, eine wirklich gelungene Gagstory zu entwickeln - mit Phantomias selten genug -, in der die allermeisten Gags zünden und dabei trotzdem noch die Story am Laufen halten. Die Zeichnungen von Gervasio sind überaus gelungen und transportieren die richtige, heitere Stimmung, die Übersetzung ist klasse. Stets gelungen wirkt auch, wie Donald im Phantomias-Kostüm darauf bedacht ist, ein perfektes Bild abzugeben und dabei seine Entführer zur Weißglut treibt. Eine Story ohne Mängel, sehr zu empfehlen.


Beobachtungsgabe des weisen Mannes

Etwas schwächer ist die Micky-Story da schon, aber auch hier steht am Ende eine gute und empfehlenswerte Geschichte. Micky und Goofy fahren zum Angeln (allein für diese Wiederaufnahme alter Traditionen müsste es fast schon "grün" geben ;) ), während Kommissar Hunter von einem dringenden Fall an der Mitreise gehindert wird. Ein hochdekorierter Wissenschafter wurde entführt. Während der Reise macht Goofy sich einen Spaß daraus, Akrostichen zu bilden (ein Akrostichon ist die Bildung eines Wortes aus den Anfangsbuchstaben der Wörter eines Satzes, man kennt diese auch von den Abkürzungen der Ränge im Fähnlein Fieselschweif) - allein das ist schin eine Meisterleistung des Übersetzers, vor allem, da diese nicht allzu gezwungen daherkommen. Ausnahme ist da dann eine Übertragung aus dem Italienischen, die offenbar nicht mehr wirklich zu halten war: Goofys Hut wird, da man ein "i" benötigt, als "Immerauf" bezeichnet. Naja...
Aber das ist auch schon der größte Mangel einer sehr phantasievollen Geschichte. Selbstredend trägt die Akrostichon-Vorliebe Goofys zentral zur Lösung des Falles bei. Diese wirkt zwar etwas konstruiert, bleibt aber durchaus im Rahmen. Insgesamt wird das auf jeden Fall durch die Kreativität in der Story und die Zeichnungen de Vitas mehr als ausgeglichen.


Sollte Klever LTB 360 erworben haben?

Erwähnenswert sind noch drei andere italienische Geschichten: "Fast zu perfekt", "Auf Irrwegen", und "Rückzug mit Beute". Während die erste ein mäßig amüsanter Einseiter ist, liefern die anderen beiden immerhin ungewöhliche Ideen. Auf Irrwegen ist der auf dem Cover angepriesene "Mitmachcomic". Im Mittelteil der Story kann man Donalds Versuche steuern, den Geldspeicher vor feindlichen Übergriffen zu bewahren - da man sich hierbei teilweise im Kreis bewegt, passen die Texte aber nicht unbedingt in jeder Situation. Auch gibt es keine unterschiedlichen Enden, wie man das von früheren "Which-way-Storys" kennt: Jeder Weg führt entweder zum Abbruch oder zur Wiederaufnahme der Geschichte an einem fixen Punkt, eine Beeinflussung des Storyverlaufs findet ausschließlich im Mittelteil der Geschichte statt, Anfang und Ende sind nicht zu verändern. Die Zeichnungen von Ferrarris haben mich auch nicht besonders überzeugt.
In Rückzug mit Beute ist auch eine unverbrauchte, wenn auch nicht ganz neue, Grundidee zu finden: Klaas Klever zieht sich aus dem Geschäftsleben zurück, um dem Müßiggang zu frönen und den ewigen Duellen mit Dagobert Duck aus dem Weg zu gehen. Dieser versucht nun seinerseits, Klever zur Rückkehr in die Finanzwelt zu bewegen, indem er ihm ein gutes Geschäft zuspielt. Ein dieses Mal besser aufgelegter Ferraris stellt die Story passabel dar, aber die Ausarbeitung des Ansatzes wirkt doch nicht ausgefeilt genug, um zu Begeisterungsstürmen hinzureißen: Die Routine schimmert doch arg durch.

Die anderen vier Storys aus Italien werden dieses Mal in der Kategorie "08/15" verbucht. Nicht wirklich schlecht, aber ziemlich öde kommen sie daher und sind rasch in der Versenkung verschwunden.


So ist das also

Egmont liefert dieses Mal wieder Auftakt- und Schlussgeschichte des Bandes. Am Anfang erleben wir mit Auftrag im All ein neues Abenteuer der O.M.A. - scheinbar gehen Autor Jensen aber inzwischen die Monster aus, so dass die Agenten schon auf fremden Planeten nach dem Getier fahnden müssen. Die Story ist sehr donaldzentiert, der Guteste will stets der Chef von allem und jedem sein und fühlt sich als niederer Arbeiter ungerecht behandelt. Die Monster selbst spielen nur im Hintergrund eine Rolle, um Donalds Werben um Führungsansprüche zu untermauern - und sein Fügen in seine Rolle als Knecht unter Ablehnung jeder Verantwortung. Eine Charakterstory also, die insgesamt dabei im Kern nicht schlecht daherkommt, aber doch etwas zu seicht wirkt. Und die Einbettung in den O.M.A.-Kosmos hätt's auch nicht gebraucht.
Die letzte Geschichte des Bandes, Wie neugeboren!, ist derweil - mal wieder - die schlechteste: Durch das Vertauschen von Laborergebnissen glaubt Donald, er müsse in Kürze sterben. All sein Streben richtet sich daraufhin darauf, einen neuen Partner für Daisy zu finden... Schon dieser Grundgedanke ist reichlich abstrus (vor allem, da Gustav nicht mal erwähnt wird). Im weiteren Verlauf der Story kämpft der Erpel dann gegen seine Eifersucht und riskiert sein Leben, das er ohnehin verloren glaubt, bei waghalsigen Aktionen. Aus einem guten Ansatz wird dadurch eine actionlastige Geschichte, was schon mal unpassend ist. Dass die Zeichnungen von Bancells übernommen worden sind, macht das Ganze nicht besser. Letztlich bleibt der Leser enttäuscht zurück.

ÜBERSICHT:

- Auftrag im All (S: L.Jensen / Z: F.Andersen / D 2004-358)
- Rätselraten am Weidenwaldsee (S: C.Panaro / Z: M.de Vita / I TL 2560-1)
- Das Amulett des Reichtums (S: Horace / Z: G.Di Vita / I TL 2560-5)
- Eine handfeste Lektion (S: R.Salvagnini / Z: M.Gervasio / I TL 2617-1)
- Fast zu perfekt... (S: G.Figus / Z: P.De Lorenzi / I TL 2494-01)
- Auf Irrwegen (S: S.Ambrosio / Z: A.Ferraris / I TL 2579-2)
- Die Magische Pforte (S: C.Gentina / Z: O.Panaro / I TL 2616-5)
- Tenor in Nöten (S: S.Badino / Z: P.Mottura / I TL 2618-1)
- Rückzug mit Beute (S: M.Bosco+M.Valentini / Z: A.Ferraris / I TL 2616-1)
- Eine wachsame Katze (S: M.Valentini / Z: T.Colantuoni / I TL 2617-3)
- Wie neugeboren! (S: P.+C.McGreal / Z: Bancells / D 2002-208)

Grün: Lesetipp
Rot: Flop
Blau: Italienischer 08/15-Kram

von Carsten Spitz, März 2007