Ein erster Blick aufs aktuelle LTB ist verheißungsvoll: Auf dem Cover ist kein riesiger, hässlicher Donald und die Zeichnerauswahl ist vielversprechend. Auch Scarpa hat es, zum zweiten Mal nacheinander, wieder ins Buch geschafft. Leider gelingt es dem Band in der Summe nicht, die hohen Versprechungen zu halten, die der erste Eindruck macht - nur wenige echte Höhepunkte werden durch viel Mittelmaß überlagert.
Als erstes sei aber festgehalten, dass das Cover wirklich gut aussieht. Auffällig als Kaufanreiz und dazu noch ästhetisch ansprechend - dieses Mal ist Ehapa dieser Spagat gelungen. Sehr erfreulich. Insgesamt sind 10 Storys enthalten, 7 davon stammen aus Italien (und das, wie gesagt, von überwiegend exzellenten Zeichnern: Scarpa, Cavazzano, Vian, Intini, Camboni, Ferraris und Deiana sind enthalten) - leider kann dieses Mal keine davon die 30-Seiten-Marke überspringen. Egmont liefert die anderen drei Geschichten: Andersen liefert mit 40 Seiten die längste Story des Bandes, die verbleibenden beiden stammen von Bancells. Die Zeichnerauswahl ist also insgesamt überdurchschnittlich - was man allerdings von den Inhalten leider nicht sagen kann.

Ein Online-Umfrage gibt es dieses Mal wieder nicht - schade eigentlich ;)


Jetzt weiß Donald Bescheid

Trotz des illustren Kreises der Schaffenden enthält der Band nur eine Story, die absolut uneingeschränkt zu empfehlen ist: Gundels Hexen-Handy. Das Duo Gentina/Intini zaubert dabei eine herausragende Gagstory aufs Parkett. Gundel Gaukeley hat ein Handy-Set erworben, das es dem Besitzer des "Sender-Handys" - Gundel selbst - ermöglicht, dem Besitzer des "Empfänger-Handys" - natürlich Dagobert Duck - Befehle zu erteilen, die dieser dann willenlos befolgt. Gundel macht sich dann einen Spaß daraus, Dagobert Duck in die aberwitzigsten Situationen zu bringen - ein Lachanfall jagt den nächsten, Intinis Zeichnungen sind herausragend gut gelungen, die Story passt einfach. Uneingeschränkte Leseempfehlung.

Eine weitere Leseempfehlung wird aber noch gegeben - wenn auch grenzwertiger und auf jeden Fall nicht ganz so uneingeschränkt ;)
Das neueste Machwerk aus der DGD-Reihe, von Horace geschrieben und von Cavazzano umgesetzt, trägt den netten Namen Operation Eichhörnchen. Darin gehen Donald und Dussel dem Geheimnis des plötzlichen Erfolges einer Basketball-Mannschaft auf den Grund, die für ihren Sponsor hohe Umsätze generiert, die Dagobert Ducks Produkten schaden. Die Auflösung ist durchaus kreativ - wenn auch deutliche Parallelen zur ebenfalls von Cavazzano gezeichneten Story "Olympia in Entenhausen" aus LTB 174 nicht von der Hand zu weisen sind -, insgesamt gelingt der Story aber vor allem der schwierige Spagat zwischen dem Erzählen einer guten Geschichte mit passendem Spannungsbogen und dem geschickten Einweben von Gags, die auch zünden. Teilweise ist die Story zwar etwas zu vorhersehbar, das fällt aber kaum ins Gewicht, weil sie im Wesentlichen einfach funktioniert - und natürlich auch, weil sie durch Cavazzano mit hervorragenden Zeichnungen versorgt wird.


Brauchbarer Basketballer

Und trotz der illustren Zeichnerschar war es das an Empfehlungen. Der größte Teil des Restes spielt sich im grauen Mittelmaß ab. Um genau zu sein, erhalten 5 der verbleibenden 8 Geschichten die Farbe "weiß". Aus dem Hause Egmont ist das die Halas/Andersen-Story Eine heilsame Erfahrung. Donald fühlt sich mal wieder überflüssig und als ein Versager. Er begibt sich daher in ein Kloster am Rand der Welt und wird in eine Welt versetzt, in der er selbst durch ein perfekteren Menschen (der sich als ein egoistisches Arschloch entpuppt) ersetzt ist. Das stimmt ihn natürlich nicht glücklich und alles wird wieder zum Alten gewendet. Die Story ist teilweise ein wenig überladen mit wirklich vielen Motiven, die verwendet worden sind. Da ist einerseits die Ruhe und Meditation als Weg aus dem Alltag, andererseits gibt es deutliche Anleihen bemi Orwell-Klassiker 1984, viele Action-Szenen und wilde Verfolgungsjagden sind ebenso untergebracht wie Streit und Versöhnung. Immerhin wurde der Geschichte mit insgesamt 40 Seiten auch soviel Platz eingeräumt, dass sich die Vielzahl an Elementen noch einigermaßen unter einen Hut bringen lässt, wirklich harmonisch wirkt das aber nicht mehr. Außerdem sind auch ein paar Gewaltszenen zuviel enthalten, um eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Immerhin sind aber einige nette Gags enthalten.

Kaum besser ist, man höre und staune, auch die Maus-Story des Bandes, Der Krafttrunk - obwohl sie von Romano Scarpa höchstselbst gezeichnet worden ist. An den Zeichnungen gibt es daher auch nicht das Geringste auszusetzen. Das Problem liegt vielmehr in der Story von Michele Gazzari, die einfach sehr, sehr flach ist und eine einzige, mittelmäßige Idee auf beinahe 30 Seiten auswalzt. Goofy ist gesundheitlich angeschlagen und erhält ein Vitaminpräparat, das versehentlich zu hoch dosiert wird und ihn zu ungeahnten Leistungen treibt. Einige nette Gags am Anfang bilden zwar einen guten Anfang, doch im Verlauf wird die Geschichte zunehmend langweiliger und bleibt somit wohl kaum im Gedächtnis haften.

In die Kategorie des Mittelmaßes fällt auch die Panaro/Deiana-Story Der Doppelknüller. Tick, Trick und Track wollen für die Schülerzeitung ein Interview mit Phantomias machen und das mit einem Foto schmücken, das den Helden gemeinsam mit seinem besten Freund, Donald, zeigt. Im Wesentlichen wird erzählt, wie Donald versucht, sich aus dieser schwierigen Lage herauszulavieren. Dabei zünden einige Gags, andere weniger - immerhin ist die Story aber selbstironisch genug, um das ständig aufgegriffene Motiv der parallel auftretenden Figuren Donald und Phantomias als "nix Neues" zu bezeichnen. So ist denn auch der Satz "Wobei die Aufgabe, gleichzeitig beide Seiten meiner Persönlichkeit zu zeigen, nicht wirklich neu ist." der Höhepunkt der Story, die außerdem noch mit dem netten Gag aufwartet, den Schulrektor der Neffen als "Lieberpet-Höpfner" zu bezeichnen. In der Summe ist aber auch diese Story unspektakulär.


Weggegangen, Platz vergangen - oder so

Die Salvagnini/Camboni-Story Das verschwundene Album ist ebenfalls auf diesem Niveau anzusiedeln. Donald sieht zufällig eine Internetauktion, bei der ein altes Sammelalbum für 200.000 Taler verkauft wird. Ein Album, das er auch besitzt - aber wo ist es? Die Suche kann also beginnen und zieht sich über viele Ecken und Winkel über 26 Seiten. Natürlich wird es gefunden - und natürlich wird es nicht verkauft. Einige wirklich gute Gags zünden zwar, aber insbesondere das Ende sorgt für einen faden Beigeschmack: Das Album verliert seine Vollständigkeit, weil ein seit vielen Jahres bombenfest klebendes Bild plötzlich unmotiviert einfach wegfliegt. Mit einem vernünftigen Ende wäre wohl eine Leseempfehlung drin gewesen, so allerdings nicht. Immerhin kann man sich auf den ersten 20 Seiten der Geschichte wunderbar amüsieren ;)

Außerdem landet der Einseiter Verblüffendes Verständnis von Concina und Vian in der "weißen" Kategorie. Er ist hübsch gezeichnet, aber wenig lustig. Immerhin tauchen Dicky, Dacky und Ducky mal wieder auf ;)


Bancells' Basis: Brutales Begehren

Zentraler Makel des Bandes ist dann aber, dass gleich zweimal Bancells sein Talent zur Schau stellen darf. Erst gibt es eine hanebüchene Geschichte über einen Geist, der alle hundert Jahre einem Sterblichen gegenüber ein Versprechen brechen muss, um ein Geist bleiben zu dürfen statt ins Jenseits einzugehen, König Klinkamons Gold. Auf Gags wurde verzichtet, die Handlung ist abstrus und ohne jeden Spannungsbogen, dazu gibt es eine unfassbare Menge an Aggressionen. Offenbar war das Ziel der Story, Handlung durch Bösartigkeit zu ersetzen. Die definitiv schwächste Geschichte des Bandes.
Sogar noch etwas schwächer als die letzte Geschichte des Bandes. In Rivalen des Glücks reist Gustav auf eine ferne Insel, um sich dort mit allerlei anderen Glückspilzen zu einem Glücksduell zu treffen. Die Grundidee ist gar nicht mal so schlecht - die Umsetzung ist aber mies. Inhaltlich schwach (so haben nur zwei der ganzen Glückspilze überhaupt nennenswertes Glück), die Regeln des Wettbewerbes absurd (nur zwei Teilnehmer mit 35 und 40 Punkten dürfen am finalen Wettkampf teilnehmen, obwohl dort der Sieger 50 Punkte erhält und somit für jeden volle Siegchancen dagewesen wären), dazu garniert mit der von Bancells gewohnten unfassbaren Aggressivität in den Zeichnungen, die einen entweder dazu verleitet, Geschichten zu überblättern oder dazu, im Anschluss an die Lektüre einen Zeitgenossen seiner Wahl zu würgen - prima Auswahl.

ÜBERSICHT:

- Eine heilsame Erfahrung (S: P.Halas / Z: F.Andersen / D 2005-216)
- Der Krafttrunk (S: M.Gazzari / Z: R.Scarpa / I TL 954-C)
- Gundels Hexen-Handy (S: C.Gentina / Z: S.Intini / I TL 2628-1)
- Doppelknüller (S: C.Panaro / Z: S.Deiana / I TL 2624-1)
- Verblüffendes Geständnis (S: B.Concina / Z: R.Vian / I TL 2367-04)
- Operation Eichhörnchen (S: Horace / Z: G.Cavazzano / I TL 2591-1)
- Die Glücksfeder (S: S.Badino / Z: A.Ferraris / I TL 2619-2)
- König Klinkamons Gold (S: S.Petrucha / Z: Bancells / D 2004-033)
- Das verschwundene Album (S: R.Salvagnini / Z: S.Camboni / I TL 2625-1)
- Rivalen des Glücks (S: J.Hansegard / Z: Bancells / D 2004-070)

Grün: Lesetipp
Rot: Flop
Blau: Italienischer 08/15-Kram

von Carsten Spitz, Mai 2007