Das
neue Lustige Taschenbuch wusste bei mir schon
beim ersten eiligen Durchblättern zumindest eine
gewisse Vorfreude zu wecken. Ganz am Ende des
Buches befindet sich nämlich erneut ein
"alter Cavazzano", eine Kooperation der
beiden genialen Giorgios (Pezzin als Autor und
eben Cavazzano am Zeichenbrett) aus den 70er
Jahren. Der Weg der Redaktion, in letzter Zeit
immer mal wieder einen vergessenen Schatz
vergessener Comictage auszugraben, soll an dieser
Stelle ausdrücklich gelobt werden. Nicht, dass
solche Wege nicht seit Jahren gefordert worden
wären, aber umso schöner, dass man in Berlin
mittlerweile wohl auch der Meinung ist, dass so
manche ältere bislang unveröffentlichte
Comic-Perle auch dem modernen LTB gut zu Gesicht
steht. Darüber hinaus befindet sich eine
italienische Maus-Krimigeschichte aus der Feder
des überaus talentierten Casty im Taschenbuch.
In diesen werden von der Comicgemeinde ja nicht
zu Unrecht große Hoffnungen gesetzt. Sowohl als
Autor, als auch als Zeichner hatte er zuletzt ja
durchaus an Werke der Koryphäen Gottfredson und
Scarpa angeknüpft. Auch auf diese Geschichte
habe ich mich nach dem ersten Überblick sehr
gefreut, zumal richtige Ausreißer nach unten
noch nichts auszumachen waren. So ganz sollte
mich dieser Ersteindruck auch nicht täuschen,
werde ich mich aber nun doch gewohnt
chronologisch den "11 coolen Storys"
(so jedenfalls das Versprechen auf dem
Back-Cover) widmen.
Bombastisch
gescheitert bildet den Auftakt und ist
eine typische Dagobertsche Unternehmergeschichte,
in der dieser eine interessante Geschäftsidee
mit dem Düsentriebschen Erfindergeist paart und
sich am Ende aufgrund seiner Knausrigkeit um den
Lohn zu bringen scheint.
Routiniert von Massimo Fecchi umgesetzt, versucht
Onkel Dagobert hier die in Entenhausen
ausbleibenden Feriengäste anzulocken, indem er
ihnen den Besuch sämtlicher internationaler
Sehenswürdigkeiten und Attraktionen verspricht.
Dies soll möglich gemacht werden durch einen
Fahrstuhl in der Hotelanlage, der die Touristen
in jedes gewünschte Reiseziel bringen soll.
Das klappt zunächst auch ganz famos, bis die
bereits angesprochene ausgeprägte Sparsamkeit
des Dagobert D. zum Tragen kommt: Da dieser bei
der teuren Herstellung des Fahrstuhls am falschen
Ende gespart hat, stellen sich schnell einige
Macken ein und die Touristen finden sich in
luftiger Montur auf einmal auf dem Gipfel des
Mount Everest statt auf Hawaii wieder. Die
Verlässlichkeit lässt schließlich nicht nur
beim Reiseziel, sondern auch bei der Zeit nach:
Finden sich doch andere Hotelgäste auf einmal
ungewünscht in der Steinzeit ein.
Insgesamt ein sehr verheißungsvoller und guter
Auftakt, für eine Einstufung als besondere
Lese-Empfehlung fehlt mir aber doch ein wenig das
besondere Etwas an der Story.
Die
Geschichte "Der Reparier-Doppler"
lässt Donald zum Erfinder werden. In der
heimatlichen Garage hat dieser nämlich den
titelgebenden Apparat erfunden, der jedes kaputte
oder defekte Objekt durch ein akkurates,
taderlloses Duplikat ersetzt. Auf dem Weg zu
einem Erfinderwettbewerb für Amateure, den er
mit einer derartigen Innovation sicherlich
gewinnen würde, kann er sein neues Wunderwerk
auch gleich mehrmals armen Passanten
demonstrieren, denen er damit eine große Hilfe
ist. Über seine Hilfsbereitschaft verpasst er
allerdings beinahe den Wettbewerb, vor Ort
rutscht ihm seine Erfindung schließlich aus den
Händen und der zerstörte Reparier-Doppler
könnte einen solchen bestens gebrauchen, um sich
selbst wieder herzustellen... Dass Donald am Ende
dennoch nicht als Verlierer dasteht, gibt dieser
Geschichte ein sympathisches Ende. Eine nette
Story-Idee von Carlo Panaro, dazu sehr
ordentliche Zeichnungen von Deiana machen die
Geschichte lesenswert viel mehr als ein
gelungener Lückenfüller zwischen den Highlights
dieses LTBs ist es dann aber auch wieder nicht.
Aktion
dünnes Phantom ist schließlich die
bereits in der Einleitung angesprochene
Geschichte von Casty, die Lorenzo Patrovicchio
sehr schön umgesetzt hat. In Hinsicht auf seine
Dynamik und den Zeichenstil im Allgemeinen
ähnelt dessen Zeichenstil sogar ein wenig dem
von Casty selbst, jedenfalls scheint mir diese
Kombination der beiden Italiener sehr gelungen.
In einem kleinen Cameo-Auftritt darf sogar der
von mir so verehrte Scarpa-Charakter Maxi Smart
mal wieder im LTB auftauchen. Schön, auch wenn
er letztlich nur den Part einnimmt, der sich von
Micky die eigentliche Geschichte erzählen
lässt.
In dieser hält das Schwarze Phantom alias
Plattnase die Stadt Entenhausen einmal wieder in
Atem, hat er doch eine Möglichkeit gefunden sich
"flach wie eine Flunder" zu machen,
indem er sich zweidimensional durch das
dreidimensionale Entenhausen bewegt. Dadurch
passt er problemlos durch jeden noch so schmalen
Schlitz und somit ist es ihm ein Leichtes, ein
Verbechen nach dem Anderen zu verüben. Eine
wunderbar verrückte Idee, die dynamisch,
humorvoll und Egmont bitte zuhören
niveauvoll umgesetzt wird. Bei dieser Geschichte
handelt es sich um meinen persönlichen Favoriten
dieses Bandes, zeigt sie doch stellvertretend,
dass man auch heute noch sehr gute Micky
Maus-Comics produzieren kann (und auch
produziert). Sie müssen halt nur auch den Weg
ins LTB finden... ;)
Da ist sogar der LKW-Fahrer "platt"...
Das
Niveau kann natürlich nicht aufrecht erhalten
werden. Denkt man sich und hat damit zwar
auch recht, dennoch geht es grundsätzlich mit Die
Insel der Ungeheuer sehr erfreulich
weiter. Treffen wir hier doch auch endlich mal
wieder auf einen Phantomias, der nicht nur als
Superwaffen einsetzender Superheld durch
Entenhausen fegt, sondern seine Kräfte wie in
den frühen Geschichten von Guido Martina vor
allem dazu einsetzt, Onkel Dagobert und Gustav
eins auszuwischen.
Sein reicher Onkel schickt seinen eitlen Vetter
nämlich zusammen mit Daisy (und einer
medienwirksamen Livekamera) auf seine
Ferieninsel, die unter dem Ruf steht von Monstern
bewohnt zu werden. Dieser Ruf wirkt sich
äußerst negativ auf die Besucherzahlen des
dortigen Restaurants aus. Dieser Ruf soll nun
durch die "Testkaninchen" Daisy und
Gustav aufpoliert werden, die vor laufender
Kamera beweisen sollen, dass die Sache mit den
Monstern nur ein Ammenmärchen sei... Die Chance
für Donald/Phantomias in eigener Sache Werbung
zu betreiben, indem er seinen "lieben
Verwandten" in die Suppe spuckt... Marco
Gervasio, der diese Geschichte komplett selbst
geschaffen hat, hat ein kurzweiliges Werk
geschaffen, in dem sehr vieles (Von den
Zeichnungen über den gelungenen Storyaufbau und
das stimmige Verhalten der Protagonisten) sehr
gut zueinander passt. Das soll an dieser Stelle
mit einer weiteren grünen Einfärbung belohnt
werden. Dass gewisse Szenarien dann und wann
etwas weit hergeholt scheinen, darf an dieser
Stelle auch einmal übersehen werden.
Ein
besonderer Gast ist ein kleiner Hund,
den Tick, Trick und Track bei sich zu Hause
aufnehmen. Dieser ist allerdings wie sich
später herausstellt aus reichem Hause und
sorgt dafür, dass die Ducks ihren Finderlohn in
Form des herbeiersehnten Urlaubs mit dem
liebgewonnenen "Ariosto Aristofanes"
auskosten dürfen. Einfache Handlung, aber
durchaus sehr charmant umgesetzt.
Unterhaltung
aus der Luft ist eine weitere innovative
Geschäftsidee von Onkel Dagobert. Dussel und
Donald sollen als Livereporter mit einer
fliegenden Fernsehkamera über interessante
Ereignisse berichten. Den erfahreneren
Disney-Comic-Leser mag da jetzt eher nicht
verblüffen, dass trotz guter Ideen so einiges
daneben geht. Als schließlich sogar die
Panzerknacker die fliegende Kamera entwenden, um
damit den Duckschen Geldspeicher auszurauben,
scheint die Idee endgültig nach hinten
loszugehen... Auch hier gibt es recht wenig
auszusetzen, die Storyidee von Carlo Gentina ist
noch nicht so verbraucht, Dussel nervt erfreulich
wenig und die Zeichnungen von Lara Molinari sind
ja ohnehin sehr beachtlich. Mit viel Wohlwollen
ist auch hier eine grüne Einfärbung drin.
Redlich
verdient hat Onkel Dagoberts Butler
Baptist die Ernennung zum "Superbutler"
das finden jedenfalls Donald und die
Kinder, die Onkel Dagobert schließlich auch
überzeugen können, weder Kosten noch Mühen zu
scheuen, um Baptist vor den Juroren gut aussehen
zu lassen. Als es im Klub der Milliardäre
allerdings zu einem Eklat zwischen Dagobert und
Klaas Klever kommt, droht das Theater um den
spendablen Milliardär Dagobert Duck aufzufliegen
und die Wahl von Baptist zum Superbutler scheint
dahin. Auch diese dritte Geschichte von Salvatore
Deiana (Nach dem Reparier-Dopplern und dem
besonderen Gast) ist durchaus nett zu lesen und
einer der besseren Lückenfüller, den man nicht
zwingend als solchen empfindet.
Ganoven
in Uniform ist insofern etwas
ungewöhnlich da diese Egmont-Geschichte aus dem
Jahr 2004 mit Luciano nicht nur einen eher
unbekannten Zeichner sondern auch scheinbar
unbekannte Panzerknacker präsentiert. Das
Verhalten der Panzerknacker, die hier wie
sprichwörtlich die Jungfrau zum Kinde zum Job
des Polizeibeamten kommen, hat recht wenig mit
den uns bekannten Charakterzügen der Kollegen
mit den 176er Nummern gemein. Dies wird
allerdings auch optisch durch eine Vielzahl
anderer Knackernummern unterstützt. Zudem
unterscheiden sich Lucianos Zeichnungen nicht
unwesentlich von denen seiner italienischen
Kollegen. So ganz werde ich mit dieser Geschichte
jedenfalls nicht warm, zu viele Komponenten
befremden mich hier ein wenig. Die Idee von
Michael Gilbert, dass die Panzerknacker in
Polizeiuniform ihre eigenen Brüde einsperren,
ist allerdings doch recht innovativ, so dass eine
schwarze Einfärbung gerechtfertig sein dürfte.
Einer der Tiefpunkte des LTBs: Knacker in
Uniformen.
Sicherheit
geht vor ist ein gänzlich
eigenschaftsloser Einseiter. Immerhin gilt es
positiv anzumerken, dass Kater Karlo die
Hauptrolle einnimmt und es damit streng genommen
zwei italienische Maus-Comics ins neue LTB
geschafft haben.
In
diesen Seiten hat man gerade so ein wenig die
Schwächeperiode des aktuellen LTBs erwischt. Die
dritte Geschichte in Folge, die im Vergleich zu
den anderen Geschichten abfällt ist Der
Aushilfskritiker, witzigerweise ein
Remake (Ob freiwillig oder unfreiwillig ist
spekulativ, die Story stammt jedenfalls damals
wie heute von Alberto Savini) von "Das
Theaterspektakel" aus LTB 322. Das ist
allerdings auch so ziemlich das einzig Witzige an
dieser Geschichte. Ich schätze, dass es die
Kategorie 08/15-Gagstory treffend
charakterisieren dürfte. Eine Einstufung als
Flop wäre aber vermutlich genauso gut
vertretbar...
Damit
der Eindruck der letzten Geschichten aber nicht
den Gesamteindruck eines insgesamt lesenswerten
LTBs verfälscht rundet der "Cavazzano des
Monats" das LTB # 367 ab. Ein Gut
gemeinter Geldraub wird von Donald und
den Kindern initiiert, um den krankhaft besorgten
Onkel Dagobert vor seiner Angst ausgeraubt zu
werden zu kurieren. Das Unterfangen klappt
zunächst vorzüglich, indem der reiche Erbonkel
alsbald wieder bei Sinnen ist die
Panzerknacker nutzen das Tohubawohu um den
vorgetäuschten Geldraub, um aus Spaß Ernst zu
machen. Ein furioses Abenteuer aus Cavazzanos
Techno-Phase in den 70ern, die wahrhaftig das
Gefühl der "guten alten LTBs" wieder
kurz aufflimmern lässt.
Dass aber auch die neuen LTBs durchaus Freude
bereiten können, zeigt LTB 367. Man wünscht
sich für die nächsten Monate (und Jahre)
ähnliches Niveau auf einem konstanten Level.
Die Krankheit ist beendet, die Geschichte
fängt erst an...
ÜBERSICHT:
-
Bombastisch gescheitert (S: J. Hansegard / Z: M.
Fecchi / D 2004-353)
- Der Reparierdoppler (S: C. Panaro / Z: S.
Deaiana / I TL 2629-6)
- Aktion dünnes Phantom (S:
Casty / Z: L. Pastrovicchio / I TL 2619-1)
- Die Insel der Ungeheuer (S + Z: M. Gervasio / I
TL 2639-1)
- Ein besonderer Gast (S: B. Concina / Z: S.
Deiana / I TL 2642-6)
- Unterhaltung aus der Luft
(S: C. Gentina / Z: L. Molinari / I TL 2635-7)
- Redlich verdient! (S: S. Lepera / Z: S. Deiana
/ I TL 2599-7)
- Ganoven in Uniform (S: M. Gilbert / Z: Luciano
/ D 2004-150)
- Sicherheit geht vor (S + Z: G. Sansone / I TL
2676-02)
- Der Aushilfskritiker (S:
A. Savini / Z: G. Facciotto/ I TL 2537-3)
- Gut gemeinter Geldraub (S:
G. Pezzin / Z: G.Cavazzano / I TL 1002-A)
Grün: Lesetipp
Rot: Flop
Blau:
Italienischer 08/15-Kram
von Christian Peters,
August 2007
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