Advent, Advent, ein Lichtlein brennt auf dem Cover des aktuellen LTB, des letzten im Jahr 2007. Gefeiert wird damit aber nicht das Warten auf Weihnachten, sondern der 60.Geburtstag von unserem Lieblingsfantastillardär Dagobert Duck. Künstlerischen Ansprüchen hält das Titelbild wie immer trotzdem leider nicht stand. Ein bisschen fluoreszierende Farbe, ein schielender Dagobert als dominantes Bild, fertig. Offenbar verkauft sich sowas...
Das Gute ist, dass der Inhalt des Bandes deutlich besser ist als seine Aufmachung. In insgesamt 9 Geschichten (2 von Egmont, 7 aus Italien) erleben die Entenhausener dieses Mal ihre Abenteuer, und auch in diesem Monat wurde wieder eine alte Story aus den Archiven gekramt. Sehr erfreulich.
Beim Blick auf den Inhalt erfreut man sich zuerst an der Zeichnerauswahl, die dieses Mal wirklich gelungen ist - leider ist aber nicht alles Gold, was glänzt, so dass manche Story leider nicht halten kann, was sie auf den ersten Blick zu versprechen scheint.

Die bei weitem beste Story des Bandes ist Eine unglückliche Liebe.
Nach einem fantastischen Skript von Gaya Perini hat Silvia Ziche eine Gagstory allererster Güte aufs Papier gezaubert. Der Inhalt kurz angerissen: Ein Panzerknacker (176-176, angesprochen als 176 oder auch Herr 176-176) verliebt sich unsterblich in Rita Rührig. Für seine große Liebe ist er bereit, sein Leben komplett zu ändern und ehrlich zu werden - einzig seine Brüder sind damit nicht einverstanden und nutzen ihren liebeskranken Kameraden, der ihnen blind vertraut, aus, so dass der Liebe, die im Geldspeicher ohnehin unter keinem guten Stern steht, keine große Zukunft beschieden ist. Aus dieser absurd-genialen Grundidee konstruiert Perini eine wunderschöne Geschichte, zu der die ebenfalls absurd-genialen Zeichnungen Silvia Ziches natürlich ausgezeichnet passen. Sie sprüht nur so vor Gags und gelungenen Lachern und lässt dem begeisterten Leser keine Sekunde Ruhe - interessanterweise gelingt es durch das vordergründig komische sogar, die an sich tragische Gesamtsituation der unglücklichen und aussichtslosen Liebe zu transportieren und das Ganze fast in eine Tragikomödie abgleiten zu lassen. Trotzdem bleibt man natürlich beim Lesen fröhlich und amüsiert sich mit der besten LTB-Geschichte seit langer Zeit königlich.


Des Einen Freud, des Andern Leid

Auch wenn gegen das Meisterwerk Perinis und Ziches alle anderen Storys im Band klar verblassen, gibt es auch hier so einiges Erfreuliches zu entdecken.
Sehr gut gelungen ist dieses Mal zum Beispiel die Phantomias-Geschichte Zwei gegen Spectaculus, in der sich Phantomias mit einem anderen Superhelden, dem normalerweise als Komiker "Magowitz" auftretenden Megamago, gegen die Raubzüge des schurkischen Hypnotisiers Spectaculus stellt. Diese Figur hat leider viel von ihrer Ausstrahlung verloren - nicht nur, weil sie ein anderes Kostüm trägt und zudem anders koloriert wurde. Der erfreulichste Punkt ist daher dieses Mal nicht im Superschurken zu sehen, der letztlich beliebig wirkt, sondern in der Verquickung der beiden Helden, die sich erst im Laufe der Geschichte kennenlernen - zudem ist Donald ein glühender Verehrer Magowitz', was für manch heitere Situation sorgt. Generell sind die Nebenfiguren in dieser Story sehr originell und sympathisch getroffen, wenn man von Spectaculus mal absieht. Zudem besticht die Story mit den famosen Zeichnungen Cavazzanos, die zu eben diesen Nebenfiguren wunderbar passen und die Handlung klasse präsentieren. Auch ist die Geschichte gut konstruiert und von Anfang bis Ende durchdacht - ein klares Plus. Die zweitbeste Story des Bandes und auch uneingeschränkt zu empfehlen.


Große Handschuh', große Worte

Auch klasse: Faccinis Barks-Hommage Duell der Dampfbagger. Enrico Faccini hat dabei die Grundhandlung des Barks-Klassikers "Zu viele Weihnachtsmänner" genommen und sie in ein etwas abgeändertes Gesamtkorsett gesteckt, um den Weihnachtseinflüssen zu entgehen. Während sich jeder Leser an einer schönen Gag-Geschichte mit Donald und Dussel erfreuen kann, die mit zündenden Gags und schönen Zeichnungen zu überzeugen weiß, wohl aber nicht nachhaltig im Gedächtnis geblieben wäre, können sich Barks-Leser vor allem an den Parallelen erfreuen. Einige Panels aus der Barks-Story hat Faccini quasi 1:1 abgezeichnet, ohne dabei seinen ganz eigenen Stil zu verlieren. Auch wirkt die Story nach Entfernung der weihnachtlichen Einflüsse weiterhin sinnvoll und komplett, die Ergänzungen, die Faccini um die Bagger-Schlacht gewählt hat, bilden ein stimmiges Bild und machen die Story zur dritten Leseempfehlung.


Baggerschauen bei Barks...

...und bei Faccini

Barks' Baggerschlacht...

... und Faccinis Pendant

Und davon gibt es sogar noch eine vierte:
In der dieses Mal aus den Archiven gekramten Story Meisterdetektivschüler Donald von den Barossos und Altmeister Carpi wirkt Donald als Page in einem von Dagobert Ducks Hotels, träumt aber von einer Laufbahn als Detektiv und versucht daher in seiner knapp bemessenen Freizeit, etwas vom Hoteldektiv Herkules Pirol zu lernen. Dieser entpuppt sich leider als wenig motiviert, so dass Donald auf eigene Faust ermittelt, wenn er einen Bedarf dafür zu sehen glaubt - und prompt in einen Banküberfall schlittert. Eine klassische Geschichte, die so auch in jedes LTB unter Nummer 100 gepasst hätte und die auf ganzer Linie zu überzeugen weiß. Eine nett konstruierte Geschichte, der klassisch-italienisch fiese Dagobert, wunderschöne Zeichnungen von Carpi und der ganz besondere Charme der Vergangenheit, der auch dadurch verstärkt wird, dass die Story erfreulicherweise in ihrer ursprünglichen Kolorierung belassen wurde.
Die Verwendung einer "klassischen" Geschichte am Ende eines Bandes ist weiterhin sehr, sehr erfreulich - daran sollte unbedingt festgehalten werden.

Die anderen 5 Storys erreichen das Niveau der vier erstgenannten leider nicht ganz und schwanken zwischen langweilig, solide und schwach.
Irgendwie wirr und unfertig wirkt Ericksons Geburtstagsgeschichte Geld, Gold und Glück. Donald schenkt seinem Erbonkel ein Stück einer alten Schatzkarte, das ihm die Panzerknacker zugespielt haben, da sie selbst sich außerstande sahen, das Fragment zu verwenden. Damit begibt man sich auf Schatzsuche und die Panzerknacker sind mit dabei. Eine schöne Übersetzung ist leider das einzige, was einen hier erfreut. Der Story fehlt vor allem ein Ende, aber auch eine brauchbare Struktur insgesamt. Bezeichnend zum Beispiel, dass die Neffenschar die Piratenschrittzahl von 50 locker-flockig auf 68,5 Schritte für Dagobert umrechnen kann - und dass das auch noch stimmt. Generell lassen viele Einzelstellen den Leser verwirrt zurück, da sie einfach keinen Sinn ergeben. Dank der hervorragenden Übersetzung und einiger weniger gelungener Szenen schafft es die Story aber noch in den weißen Bereich - so gerade.


Ich kann fliegen, und der Himmel scheint so nah!

Das ist mehr als das neueste Maus-Werk Urlaub in Schloss Wahnstein von sich behaupten kann, dass Andreas Pihl und Joaquin fabriziert haben. Micky und Minni machen einen Ski-Urlaub, bei dem Micky sich enthusiastisch Kunststückchen widmet, die er erlenen will. Dabei verdreht ihm noch eine Dame den Kopf (die in exakt dem Aussehen auch schon in mehreren Joaquin-Storys dabei war) und ein spleeniger Milliardär, der seine Lakaien stets einen faustgroßen Diamanten hinter sich hertragen lässt, wird ausgeraubt. Das einzig ganz Amüsante hier sind einige Anspielungen auf Kubricks Horror-Klassiker "The Shining", die aber leider insgesamt in der Story reichlich deplatziert wirken. Der gewohnt grobflächige Joaquin gepaart mit einer skurrilen, kaum durchdachten und willkürlich erscheinenden Story sorgt für den Tiefpunkt des Bandes - wieso überrascht einen das bei der Egmontschen Maus-Story bloß nicht?

Ansonsten bleibt noch weitgehend unspektakuläres, italienisches Material.
In Meister des Zorns wird Donald Lehrer für Wutausbrüche. Die Zeichnungen von Cavazzano sind zwar recht hübsch, die Story ist aber uninspiriert und eiert eigentlich nur so vor sich hin. Füllstoff.
Zudem muss Daniel Düsentrieb in Genialer Praktikant mal wieder Geschäftssinn vermittelt werden. Das gelingt zwar nicht, aber Dagobert Duck springt ihm helfend zur Seite, damit er zumindest ein wenig Geld verdient. Vollkommen uninspiriert.
Außerdem gibt's noch einen Kampf ums Silvestermenü. Klever will Dagobert als Präsidenten des Milliardärsclubs ablösen (und damit das Recht erhalten, das Silvestermenü auszurichten), daher wird ein Wettkampf ausgerufen. Neuer Präsident wird, wer in mindestens 3 von 5 willkürlich ausgesuchten Kategorien vermögender ist. Die Story hat zwar einige gute Ideen, leidet aber unter der absoluten Beliebigkeit der Kategorien und auch der Willkür, mit der die Sieger jeweils bestimmt werden. Die schwächste italienische Story des Bandes.


ÜBERSICHT:

- Geld, Gold und Glück (S: B.Erickson / Z: M.Fecchi / D 2007-062)
- Meister des Zorns (S: M.Bosco+B.Sarda / Z: G.Cavazzano / I TL 2652-1)
- Urlaub in Schloss Wahnstein (S: A.Pihl / Z: Joaquin / D 2003-120)
- Eine unglückliche Liebe (S: G.Perini / Z: S.Ziche / I TL 2653-2)
- Zwei gegen Spectaculus (S: S.Ambrosio / Z: G.Cavazzano / I TL 2653-1)
- Genialer Praktikant (S: G.Salati / Z: S.Deiana / I TL 2654-5)
- Duell der Dampfbagger (S+Z: E.Faccini / I TL 2637-6)
- Kampf ums Silvestermenü (S: S.Ambrosio / Z: M.Palazzi / I TL 2614-1)
- Meisterdetektivschüler Donald (S: A.+G.Barosso / Z: G.Carpi / I TL 376-A)

Grün: Lesetipp
Rot: Flop
Blau: Italienischer 08/15-Kram

von Carsten Spitz, Dezember 2007