Extras
gibt es mittlerweile auch ohne Anlass -
überraschend, aber erbauend. Dieses Mal
spendiert Ehapa dem Leser 50 Extra-Seiten,
vielleicht als kleine Kompensation für die
Preiserhöhung. Diese 50 Extra-Seiten (die
eigentlich nur 48 sind) weiß man auch
hervorragend zu nutzen - was aber dennoch nicht
darüber hinwegtäuschen kann, dass der in der
letzten Zeit nach oben zeigende Trend inzwischen
dabei ist, sich wieder umzukehren. Dominiert wird
der Band wieder von belanglosen und rasch
vergessenen Kurzgeschichten, garniert mit drei
ein wenig wunderlichen Egmont-Produktionen, so
dass die zwei Perlen, die sich ebenfalls in
dieser Ausgabe finden, beinahe aus dem
Bewusstsein verdrängt werden. Zum Glück aber
nur beinahe ;)
Erwähnt sei auch das schöne Cover, statt Tello
ist ein Italien-Import verwendet worden, der
dabei durchaus gut ins angestammte Egmont-Schema
"auffallen um jeden Preis" passt. Es
handelt sich um ein enorm nah gezeigtes
Dagobert-Gesicht, in dessen Augen sich die
Panzerknacker spiegeln. Aber solange das
ästhetisch vernünftig rüberkommt, ist das ja
prima - und dieses Cover ist im Vergleich zu den
letzten auf alle Fälle eine klare Verbesserung.
Aber wie sage ich nicht immer so schön:
Verpackung gut und schön, aber auf den Inhalt
kommt es an.
Romantik im nahenden Licht
Und
der präsentiert sich, wie erwähnt, insgesamt
wenig begeisternd. Dennoch wartet er mit einer
großen Überraschung auf:
Auf 47 der 48 Bonusseiten dieser Ausgabe finden
wir die Geschichte Wenn Hexen lieben...,
die sich zum absoluten Höhepunkt des Bandes
auswächst.
Der Inhalt in aller Kürze: Gundel Gaukeley macht
Urlaub, um Dagobert Duck und seinen Glückszehner
zu vergessen. An ihrem Urlaubsort verliebt sie
sich in den Gastwirt ihrer Herberge und ist
bereit, ihr Dasein als Hexe für ihn aufzugeben -
mit der Konsequenz, dass auch der Glückstaler
keinerlei Bedeutung mehr für sie hat. Ihre
Freundin, mit der sie gemeinsam die Ferien
verbringt, und der zufällig später
hinzustoßende Dagobert Duck, nehmen ihr das
nicht ab und versuchen, sie in Versuchung zu
führen und an ihrer Liebe zu rütteln -
vergeblich. Einzig der Gastwirt, Ziel von Gundels
Begierde und seinerseits bis über beide Ohren in
die Hexe verliebt, kann da noch etwas dran
ändern, denn auch auf ihn wirkt durch Gundel die
Versuchung, mit Dagoberts Glückstaler reich zu
werden...
Eine sehr, sehr ungewöhnliche Geschichte, in der
Gefühle und Emotionen nicht nur angedeutet oder
sofort fürs Lustige verwendet, sondern ernsthaft
transportiert werden; vom ersten Aufflackern der
Liebe bis zur großen Enttäuschung am Ende kann
man mit den Charakteren, insbesondere mit Gundel,
mitfühlen. Der Handlung wird Raum gegeben, sich
zu entfalten, den diese dann vollständig
ausnutzt und für eine komplett glaubwürdige
Story verwendet. Getragen wird das Ganze auch
durch ungewöhnliche und sehr atmosphärisch
Zeichnungen des Comicup-Studios, die es gekonnt
schaffen, die Emotionen der Figuren einzufangen
und damit die Stimmung der Story wiederzugeben.
Eine solche Form von Extraseiten wünscht man
sich jedes Mal, die mit weitem Abstand beste
Story des Jahres, mit allen Chancen, das auch bis
zum Ende zu bleiben.
Das
zweite Highlight ist die inzwischen schon fast
obligatorische (weiterhin sehr, sehr erfreulich!)
"alte" Geschichte, die Scarpa-Story Geschäft
ist Geschäft von 1976.
Dagobert Duck, Klaas Klever und Kuno Knäul
werden von einem erfolgreichen Verleger
beauftragt, gemeinsam ein Buch über den Weg zum
Reichtum zu schreiben. Die Recherche fördert ein
sogenanntes "Buch des Reichtums"
zutage, das den alten Phöniziern geholfen haben
soll. Also begibt sich das ungleiche Trio auf
eine Schatzsuche, die natürlich wie gewohnt von
allerlei Mühsal begleitet ist und mit einer
Enttäuschung endet.
Eine klassische Scarpa-Schatzsuche, mit all ihren
Vorzügen, wird hiermit präsentiert. Es gibt
einen langsamen und von der ersten bis zur
letzten Sekunde nachvollziehbaren Aufbau, eine
dann komplett in sich schlüssige Tour nach
Europa und zu guter Letzt das passende Ende. Das
Ganze ist gespickt mit Scarpas typischem Humor,
dem es wie immer gelingt, die Geschichte
aufzulockern und für die richtige Mischung aus
Handlung und Lachen zu sorgen. Es ist
erstaunlich, wie es hier gelingt, auf 33 Seiten
eine wunderbare Geschichte auszurollen, die in
allen Bereichen punkten kann, wenn man all die
anderen Storys mit ähnlicher Länge sieht, die
in diesem Band zu finden sind. Insbesondere
dieser direkte Vergleich wertet diese Geschichte
ungemein auf und zeigt wieder einmal die
besondere Begabung Scarpas, seine Geschichten zu
erzählen. Toll, dass diese Story ausgegraben
wurde.

Schwierige Spionage
Und
weniger toll ist dann leider der Rest, die
anderen 10 Geschichten.
Beginnen wir mit den Machwerken aus der
Egmont-Schmiede: Da wäre zuerst einmal die
titelgebende Story Flucht nach Duckland.
Dagobert Duck hat genug von der Steuerlast in
Entenhausen und gründet daher einen eigenen
Staat auf einer ausrangierten Ölbohrinsel mitten
im Ozean. Dass man aus dieser Grundidee eine
tolle Gagstory machen kann, hat man ja früher
bereits bei Don Rosa gesehen. Das hier ist so
eine Art Gegenentwurf dazu: Donald und seine
Neffen arbeiten als Sklaven für Dagobert,
kriegen dafür aber heitere Titel. Mangels
Kontakt zur Außenwelt ist das Ganze für die
Bohrinsulaner reichlich langweilig, überhaupt
wirkt die ganze Story ein wenig undurchdacht und
lieblos. In sich ist so einiges reichlich
unlogisch, zudem hätte ihr ein wenig mehr Umfang
(trotz immerhin 32 Seiten) gutgetan. Viele Ideen,
die für viel Spaß hätten sorgen können,
bleiben im Ansatz stecken und werden nicht
weiterverfolgt. Wohl auch ein Grund dafür, dass
die Geschichte insgesamt so oberflächlich wirkt.

Bohrinsel, süße Bohrinsel
Noch
düsterer sieht es bei den Shaws und Bancells
aus, die sich an die Donald-Story Ein
Stein mit Herz gewagt haben. Der Titel
gibt die Story dabei schon ganz gut wieder:
Donald betätigt sich als Bildhauer, bis er eines
Tages einen rosa Marmorblock geliefert bekommt.
Es stellt sich heraus, dass es sich dabei um
einen lebenden Stein aus einem Land unter der
Erde handelt, der an die Oberfläche gekrochen
ist, um eine traurige Liebe zu vergessen. Aber,
wie könnte es anders sein, kurz darauf taucht
auch der geliebte Stein auf, um seine Partnerin
zurückzugewinnen. Wir haben also zwei große
Marmorklötze (die übrigens ihre Gestalt nach
Belieben ändern können), die durch Entenhausen
laufen und einander lieben, zudem einen
bildhauenden Donald. Was als skurrile Geschichte
durchaus etwas hätte werden können (gibt ja
genug sympathische Wesen aus unterirdischen
Höhlensystemen, man schaue sich nur Barks'
Kuller an), wird dann durch die Umsetzung von
Bancells leider völlig in den Sand gesetzt. Wie
bei ihm zu erwarten, sprüht die Geschichte nur
so vor Aggressivität (was auch dazu führt, dass
man die netten Steinchen für bösartige Monster
hält) und hat dafür keinerlei liebenswerten
Charme, sondern strahlt nur Bosheit aus, ganz
gewiss aber keinen Spaß.
Das
führt dann dazu, dass die Egmont-Maus glatt die
beste Egmont-Story des Bandes ist. Micky will dem
Fluch von Goldtown auf den Grund
gehen. Es wird sich erzählt, dass eine Bande
fieser Bergtrolle eine sagenumwitterte Goldmine
bewacht - das kann unser Mäuserich natürlich so
nicht hinnehmen. Er findet mit etwas Glück und
dank seinem Pluto die Mine und entdeckt, dass die
Trolle liebenswerte Wesen sind, die aber ein
Problem haben: Wird die Goldmine ausgebeutet,
verliert der sie umschließende Berg an Halt und
zerstört Goldtown. Wenig erbauliche Aussicht.
Als dann weitere Schatzsucher die Mine entdecken,
hilft Micky den netten Trollen, diese zu
vertreiben und damit Goldtown für immer vor der
Zerstörung zu bewahren. Auch wenn es vermutlich
einfacher wäre, das Gold abzubauen und von dem
Geld die Stadt, die ohnehin nur aus ein paar
Holzhütten besteht, anderswo neu aufzubauen, ist
das eine sehr ehrenvolle Sache. Woran Bancells
gescheitert war, gelingt Miguel im Großen und
Ganzen: Seine Unterwelt-Bewohner, die Trolle,
wirken sympathisch. Insgesamt verhält sich Micky
auch ganz vernünftig - zwar nicht
Italo-vernünftig, aber doch nicht kaschperlig.
Unterm Strich schafft es diese Story damit, vor
allem da sie (es geschehen noch Zeichen und
Wunder!) in sich vernünftig konstruiert ist und
nur wenige Anfälle von Egmont-Action erleidet,
in den weißen Bereich.

Wenn schon Steinklotz, dann auch mit Gewalt
Bei
den anderen sieben Geschichten handelt es sich
dann vorwiegend um italienische Dutzendware. Zur
Verdeutlichung seien die Seitenzahlen genannt:
25, 22, 25, 14, 26, 12, hinzu kommt ein
Einseiter.
Als da wären:
Verwirrung zu Valentin: Donald
schickt Daisy versehentlich eine Valentinskarte,
die ursprünglich einer alten Flamme von ihm
zugedacht war und versucht, das Versehen zu
vertuschen. Schöne Zeichnungen von Pennati
können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
Gags nicht zünden und die Geschichte wenig
Sympathisches bietet. Das Ende ist
zugegebenermaßen überraschend, aber wirkt auch
deutlich angekleistert.
Nicht ohne meinen Wagen:
Dagobert Duck nimmt seinem Neffen Donald dessen
Wagen weg, der ja auch gleichzeitig das
Phantomias-Auto ist. Der beschafft es sich rasch
zurück. Wenig Überraschendes und dazu reichlich
wunderliche Zeichnungen von Pastrovicchio.
Schätze scheibchenweise: Donald
geht gemeinsam mit Daniel Düsentrieb auf eine
Schatzsuche. Insoweit ein neuer Ansatz, aber
danach passiert wenig: Ist Not am Mann, hat
Düsentrieb die perfekte Erfindung dabei, so wird
jedes Hindernis bis zum gewohnt (für
Protagonisten wie Leser) enttäuschenden Schluss
beiseite geräumt. Auch die Zeichnungen von
Soldati bleiben hinter den Erwartungen zurück.
Ein Hoch auf die Kunst: Daisy
wird Direktorin Leiterin eines Kunstmuseums und
beklagt sich über das mangelnde Interesse der
Besucher, die nur die Highlights betrachten.
Dussel lässt sich dort einschließen und malt
allerlei neue Bilder, die die Welt begeistern.
Einige nette Witze über moderne Kunst und die
Langeweile, die diese für viele Menschen
ausstrahlt, bilden einen schönen Anfang, auf den
allerdings nicht viel Gutes mehr folgt.
Reisen mit Donald und Dussel:
Die beiden Vettern haben gemeinsam ein
erfolgreiches Reisebüro, das eine Gruppe für
einen Betriebsausflug nutzt, in den sich ein
gesuchter Dieb einschleicht, um dann von Dussel
und seinen Ideen zur Weißglut getrieben zu
werden. Einige nette Gags sind zwar dabei, aber
insgesamt wird diese Geschichte rasch dem
Vergessen anheim fallen.
Süße Rache: Dagobert Duck will
Gitta ein Tortenrezept abkaufen, um es
kommerziell zu vermarkten. Klaas Klever ist
ebenfalls hinter diesem her. Gitta bandelt mit
Klever an, um Dagobert eifersüchtig zu machen.
Als das klappt, verkauft sie das Rezept an
diesen. Lahm und platt, auch Colantuanis Strich
vermag mir nicht zu gefallen.
Der Luxusreisebus: Ein
Einseiter, der zeichnerisch wunderhübsch ist.
Lustig ist er aber leider nicht besonders.
ÜBERSICHT:
-
Flucht nach Duckland (S: J.Hansegard / Z:
M.Fecchi / D 2005-255)
- Der Fluch von Goldtown (S:
P.+C.McGreal / Z: Miguel / D 2003-207)
- Verwirrung zu Valentin (S: N.Russo / Z:
P.Pennati / I TL 2568-3)
- Nicht ohne meinen Wagen
(S: C.Panaro / Z: A.Pastrovicchio / I PKC 12-1)
- Geschäft ist Geschäft
(S+Z: R.Scarpa / I TL 10-1-A)
- Schätze scheibchenweise
(S: C.Panaro / Z: G.Soldati / I PM 314-1)
- Ein Hoch auf die Kunst (S:
D.Regolo / Z: M.Palazzi / I TL 2579-5)
- Reisen mit Donald &
Dussel (S: S.Enna / Z: S.Deiana / I PM 313-1)
- Süße Rache (S: F.Nani /
Z: T.Colantuoni / I TL 2498-3)
- Ein Stein mit Herz (S: M.+L.Shaw / Z: Bancells
/ D 2006-006)
- Der Luxusreisebus (S:
B.Sarda / Z: F.D'Ippolito / I TL 2489-03)
- Wenn Hexen lieben (S:
A.Pandini / Z: Comicup Studio / I TL 2232-4)
Grün: Lesetipp
Rot: Flop
Blau:
Italienischer 08/15-Kram
von Carsten Spitz, Januar
2008
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