Beim ersten Durchblättern dieses LTBs fällt einem so manches auf, was Freude macht. Es gibt gleich zwei Geschichten aus dem Maus-Universum, beide stammen aus Italien und eine wurde sogar von Altmeister Giorgio Cavazzano gestaltet. Die junge Tradition der Verwendung einer alten Geschichte wurde aufrechterhalten, Romano Scarpa wird dieses Mal erneut als Abschluss präsentiert. Dazu kommen aus der Egmont-Ecke mit Pasquale und Andersen zwei der besseren Zeichner.
Das inhaltliche Niveau ist hierbei aber leider wechselhaft, und der Rest des Bandes besteht vorwiegend aus den hinlänglich bekannten, überwiegend belanglosen italienischen Kurzgeschichten der Neuzeit.
Das Cover ist dieses Mal wieder recht hübsch gelungen, Donald linst durch eine Jalousie. Zwar mal wieder ein Donald-Kopf, aber ein durchaus hübscher; zudem in origineller Einbettung. Der Grund für den Bandtitel "Donald blickt durch" bleibt aber im Dunkeln. Die Erklärung auf dem Backcover ist in jedem Fall hanebüchen - überhaupt war der Schreiberling der Rückseite wohl nicht in Bestform. Aber ob nu Futter oder Butter, Hauptsache bei die Fische.

Beginnen wir mal mit den Höhepunkten des Bandes. Da sind ganz klar die beiden Geschichten zu nennen, die von den Starzeichnern verantwortet wurden: Zuerst einmal Auf Messers Schneide, die Maus-Story von Salati und Cavazzano.
Kralle und Kater Karlo haben einen neuen Coup ausgeheckt. Kralle hat scheinbar eine Möglichkeit gefunden, Metall mit einem Messer durchzuschneiden - gemeinsam mit Karlo macht er sich also des Nachts auf Diebestouren auf, um dieses Wissen zu nutzen. So mancher Tresor fällt dem Duo zum Opfer, bevor der unvermeidliche Zusammenbruch aller Träume folgt. Hauptprotagonisten dabei: Goofy, naiv, aber enthusiastisch. Micky, gewitzt und mit rascher Kombinationsgabe gesegnet. Kommissar Hunter, der ruhende Pol. Inspektor Issel, überheblich und einfältig. Und Sami Samsurai, von Goofy angehimmelter Fernsehkoch. Alles in allem alle Zutaten für eine klassische Detektiv-Story neuerer Lesart, also mit starkem Gewicht für die Humoreinschübe und weniger für die eigentliche Story. Daran hat man sich aber inzwischen gewöhnt, so dass mit Cavazzanos prima Zeichnungen eine schöne Geschichte entsteht, die eine gelungene Mischung aus ernsthafter Aufklärungsarbeit und Späßen liefert.


Fiese Katzen

Zudem weiß der Scarpa-Klassiker Das Fisch-Kraftwerk zu überzeugen: Um einer vermeintlich enormen Nachzahlung ans Elektrizitätswerk zu entgehen, beschließt Dagobert Duck, seinen eigenen Strom zu produzieren. Mit Düsentriebs Hilfe bastelt er sich ein kleines Kraftwerk aus elektrisch geladenen Fischen (Zitterwelse, um genau zu sein). Eine gute Idee, aber leider hat die Natur so ihre Tücken... Und selbstredend gelingt es der Panzerknackerbande einen Schwachpunkt im System zu finden und das Duck'sche Imperium so zu attackieren.
Eine klassische Panzerknackerstory in Entenhausen, in der Dagobert durch eine verrückte Erfindung Geld zu scheffeln versucht und sabotiert wird. Wenn dabei aber die Ideen so gut sind wie vom legendären Romano Scarpa, macht das einfach Spaß. Da er auch noch höchstselbst die Zeichnungen übernommen hat, steht dem Lesespaß nichts mehr im Wege. Die beste Story des Bandes, gespickt mit Scarpas Humor und seinen lustigen Einschüben am Rande, die seine Geschichten stets zu etwas Besonderem gemacht haben.

Lassen wir den Blick in den Norden schweifen, zu den Produktionen Egmonts aus Dänemark. Die titelgebende Story Donald blickt durch zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Donald gerade nicht durchblickt. Daisy hat beim Urlaub in der dritten Welt zu Niedrigstpreisen Kleidung eingekauft und verramscht das Zeug zu Hause schwarz an ihre Freundinnen. Da ihr das Freude bereitet, wiederholt sie es, bis sie Dagoberts Geschäfte damit schädigt, der ihr daraufhin Rechtsanwälte auf den Hals hetzt. Diese schlägt Daisy in die Flucht, was Dagobert dann ohne Einsatz von weiteren Rechtsmitteln auf sich beruhen lässt. Er versucht es lieber auf dem unfairen Wege - und wird dabei erwischt. Konsequenz: Er wird von ganz Entenhausen konsequent geschnitten und verkauft gar nix mehr - bis er Daisy einfach als Werbeträger einstellt. Was sagt uns das? Rückständige ausbeuten und den Rechtsstaat ignorieren ist das gesellschaftlich anerkannte Mittel, um zu Ruhm und Reichtum zu kommen.
Andersens passable Zeichnungen und einige nette Gags können nicht über die völlig hanebüchene Story, die das moral- und rechtsbefreite Handeln für den eigenen Vorteil (samt raffinierter Beeinflussung der Öffentlichkeit) auf den goldenen Schild hebt und zur Anleitung fürs eigene Handeln macht. Indiskutabel.


Renn, Leuchtturm, renn!

Inhaltlich wenig besser ist auch Ein einsamer Posten von Hedman/Pasquale. Ein Leuchtturmwärter dreht vor Einsamkeit durch und baut aus seinem Leuchtturm einen riesigen Roboter, mit der seinen Platz verlässt und in bester Monsterfilmmanier beginnt, eine Stadt niederzureißen. Das birgt natürlich zwei zentrale Konflikte: Erstens ist durch den Leuchtturm die Stadt in Gefahr und zweitens mangels Leuchtturm die Schiffe auf See. Aber wie das so ist, fällt die Lösung vom Himmel: Der Leuchtturmwärter wird durch ein bisschen menschliche Nähe beruhigt, die Schiffe per Morsezeichen zum Anhalten gebracht. Einfache Lösungen in Zeiten höchster Gefahr - eine gute Sache!
Die schönen Zeichnungen von Pasquale retten von diesem doch ein wenig wunderlichen Plot noch das Meiste und sorgen dafür, dass das Ganze mindestens eine Klasse besser ist als das Machwerk zuvor.

Und was bleibt? Natürlich, das heitere Potpourri von unterschiedlich gelungenen aktuellen Italo-Kurzgeschichten. 6 Storys mit einem Seitenschnitt von 21,7 bilden den Rest des Bandes - wobei man aber lobend erwähnen muss, dass zwei Storys mit 29 bzw. 30 Seiten aus diesem Bereich immerhin einigermaßen lang sind.

Als (mehr oder weniger) gelungen kann man immerhin noch zwei dieser sechs Geschichten bezeichnen:
In Baptist auf Abwegen wird von Panaro/Pastrovicchio der ewige Gehaltsstreit zwischen Dagobert Duck und seinem Butler auf die Spitze getrieben. Baptist kündigt, da er keine 10 Taler Gehaltserhöhung im Monat bekommt und Dagobert stellt fest, dass man nicht so einfach einen guten Ersatz bekommt - die Lösung ist am Ende ein Roboter, dem Dagoberts Seelenleben implantiert wird. Das Ganze ist eine ganz harmonische Mischung aus allerlei bekannten Elementen (vor allem Doppelgänger-Roboter, Lohnstreitereien und die ganz besondere Beziehung zwischen Dagobert und seinem Baptist), leidet aber unter Pastrovicchios Zeichnungen, die mir so gar nicht gefallen wollen.


Sturköpfe

Außerdem sorgt Park-Panik vom Feinsten für Spaß. Donald sprüht nur so vor Ideen, wie die Parkplatzmisere in Großstädten zu bekämpfen ist. Das Problem: Seine Vorschläge sind praktisch nicht sonderlich leicht umzusetzen. Also setzt man sich an eine Computersimulation. Die originellen Ideen Donalds werden so also allesamt einmal durchgespielt - mit Pro und Contra. Die Story lebt natürlich vor allem von den skurrilen Einfällen und den abwegigen Begründungen dafür, wieso diese nicht umsetzbar sind. Dabei sorgt sie für manchen Lacher, auch Palazzis Zeichnungen sind sehr schön anzusehen. Die Story ist insgesamt ein gutes Beispiel dafür, wie 25 Seiten lange Gagstorys sich präsentieren können, ohne langweilig zu sein, sondern wie sie absolut funktionieren und ihre Rolle im Reich der Disney-Comics spielen können.

Die verbleibenden vier Geschichten sind aber leider nicht sonderlich überzeugend.
Die Nacht des rostigen Rächers, die obligatorische Phantomias-Geschichte, konfrontiert Donald mit einem Roboter-Phantomias, der alle seine Gegner mit Gewalt straft. Eine wenig unterhaltsame Story und ein fast schon konfuses Ende sorgen für mehr Verwirrung denn Erheiterung. Schwach.
Die obligatorische Dussel-Story ist Pizza ruck, zuck, Duck!, in der Dussel gemeinsam mit Donald eine fahrende Pizzeria betreibt, die durch das Pizza-Backen während der Fahrt Zeit sparen soll. Dussel macht dabei so gar nix verkehrt, so dass sich das Ganze rasch in eine Dagobert-Klever-Story wandelt, die sich im Bereich der Pizzabringdienste duellieren. Das Ganze wirkt insgesamt sehr überladen und dadurch verwirrend, der rote Faden wird vermisst. Belanglos.
Ein sehr löbliches Unterfangen ist die Verwendung einer zweiten Geschichte aus dem Maus-Universum (aber ohne Micky selbst). Es ist absolut zu hoffen, dass das kein einmaliges Unternehmen ist. Die Story dieses Mal, Winterstress..., ist aber leider alles andere als erquickend. Kater Karlo und sein Kumpel Zocke landen im Schneegestöber bei einem alten Mann, der sie für sich schuften lässt und dann an die Polizei verpfeift. Das war es leider auch schon. Solide, aber nicht erinnerungswürdig.
Schwach ist die letzte fehlende Story, Dem Erfinder sei's gedankt. Daniel Düsentrieb verstrickt sich darin in den Tücken von automatischen Hundeleinen, die ihre Schützlinge Gassi führen. Dem Ganzen fehlt irgendwie der Pep, auch das Ende ist wunderlich: Daniel führt die Hunde selbst Gassi, obwohl der zentrale Grund für die Ablehnung der Leine darin lag, dass die Menschen mit ihren Hunden selbst raus wollten. Das ergibt nicht so recht einen Sinn.


Das kommt davon, wenn man auf dem Schreibtisch parkt


ÜBERSICHT:

- Donald blickt durch (S: G.Transgaard / Z: F.Andersen / D 2005-099)
- Auf Messers Schneide (S: G.Salati / Z: G.Cavazzano / I TL 2667-1)
- Die Nacht des rostigen Rächers (S: R.Gagnor / Z: P.De Lorenzi / I TL 2664-6)
- Ein einsamer Posten (S: P.Hedman / Z: Pasquale / D 2003-202)
- Baptist auf Abwegen (S
: C.Panaro / Z: L.Pastrovicchio / I TL 2665-5)
- Pizza Ruck, Zuck, Duck! (S: M.Berti / Z: O.Panaro / I TL 2629-3)
- Winterstress... (C.Panaro / Z: L.Milano / I TL 2664-5)
- Park-Panik vom Feinsten (S: R.Salvagnini / Z: M.Palazzi / I TL 2636-5)
- Dem Erfinder sei's gedankt (S: S.Gianatti / Z: G.Facciotto / I TL 2664-4)
- Das Fisch-Kraftwerk (S+Z: R.Scarpa / I TL 1084-A)

Grün: Lesetipp
Rot: Flop
Blau: Italienischer 08/15-Kram

von Carsten Spitz, Februar 2008