Die besten Geschichten aller Zeiten
Platz 1: Das Gläserne Schwert (LTB 124, Wettlauf ins Ungewisse)


Die Gemeinschaft harrt frohen Mutes ihrer Abenteuer

Zunächst wird dem Leser von der Existenz des Ululands berichtet (dieses befindet sich in einer anderen Dimension), welches für die nächsten knapp hundert Seiten größtenteils Schauplatz der Ereignisse sein wird.
Ululand ist eine kleines, zauberhaftes Land fernab vom uns bekannten Entenhausen – schließlich befindet sich dieses etwas altertümliche Reich in einer völlig anderen Welt, vor der der Fortschritt noch Halt gemacht hat. Alles spielt sich in einer Seelenruhe ab, entwicklungstechnisch befindet man sich auf dem Stand des Mittelaters.
Die friedliebenden Bewohner Ululands aber leben in großer Not, werden sie doch vom finstren Fürsten von Niflheim, dem Herrn des Nebels, terrorisiert. Der alte Weise Jor erinnert seine Mitbürger jedoch daran, dass der böse Fürst bereits einmal besiegt worden ist – und zwar von dem sagenumwobenen Alf mit dem Gläsernen Schwert. Dieser Alf aus einer fremden Dimension - der zehnten und damit höchsten und am schwierigsten zu erreichenden - soll also zur erneuten Rettung von Ululand herbeigeholt werden, um sich das Schwert zurückzuholen, das durch einen Erdrutsch verschüttet wurde und damit die finsteren Kräfte des Bösen nicht mehr bannen konnte, und den Fürsten von Niflheim ein weiteres Mal in die Schranken zu weisen.
Der recht kurz gewachsene "Freiwillige" mit Namen Fridthjof begibt sich alsbald mit dem Dimensionsvektor - einem durch Gedankenkraft gesteuerten Reisegerät, das entfernt an einen zu groß geratenen Teller erinnert - auf die Reise durch die Dimensionen, auf der Suche nach dem designierten Retter seines Reiches.


Ein wenig Wahnsinn sorgt für die wahre Weisheit

Finden tut Fridthjof allerdings "nur" Goofy und Micky, die sich inmitten der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest befinden, dessen Entsprechung in Ululand die "Julnacht" ist. Mehr oder weniger freiwillig folgen die beiden dem liebenswerten, aber durch und durch schreckhaften Besucher einer fremden Dimension zurück in sein Land - Goofy gibt sich, dort angekommen, sogar notgedrungen als "Vetter von Alf" aus, um Fridthjofs Mission nicht als gescheitert darzustellen.
Dieser vermeintliche Verwandschaftsgrad weckt dann auch sogleich hohe Erwartungen, so dass Goofy assistiert von Micky und Fridthjof gebeten wird, das kleine Ululand vor der Zerstörung zu retten. Klar, dass sich dieses Trio schon alsbald auf den langen und beschwerlichen Weg macht, zunächst das Gläserne Schwert aus dem Land der Riesen zu entwenden, um dieses dann in die Spitze des "unerklimmbaren Gipfels" zu stoßen und Ululand von der Schreckensherrschaft des Fürsten mit den magischen Kräften des Schwertes zu befreien. Ausgerüstet mit dem legendären Gjallarhorn, das nur einmal geblasen werden kann, dann aber die wundersame Rettung aus jeder Gefahr verspricht, machen die drei sich auf, ihre schwierige Mission zu erfüllen.
Es stellt sich rasch heraus, dass die Macht des Fürsten von Niflheim, die lange gebrochen war, noch nicht in voller Stärke zurückgekehrt ist: All seine Zaubertricks beruhen auf Illusionen. Durch ein einfaches Leugnen dessen, was man zu sehen glaubt, lässt sich die Magie brechen. So gelingt es unseren Freunden recht bald, in die berüchtigten Sümpfe von Hel vorzustoßen, die voller Gefahren stecken sollen. Es gelingt ihnen sogar, bis zur Göttin des Helsumpfes vorzudringen, was seit 800 Jahren niemandem mehr geglückt war. Dort erlangen sie wertvolle Hilfe: Mit einem Phönikopter, einem enormen fliegenden Tier mit gewaltigen Kräften, geht die Reise sehr viel unbeschwerlicher als auf dem Landwege in der Luft weiter. Dass dabei auch die Herzen von Goofy und der Helgötin gebrochen werden, die sich rasch ineinander verliebt hatten, muss in Kauf genommen werden.


Dumm gelaufen

Die nächste Station der Reise ist der Wald der Elfen. Dort wird man nicht gleich erkannt, so dass man sich, für einen Feind gehalten, erst einmal enormen Umständen erwehren muss. Zudem erkältet sich Fridthjof und muss zurückbleiben - doch die Reisegruppe wächst rasch wieder auf drei Personen an: Mit dem Troll Gunni Helm stößt man auf einen unverzichtbaren Begleiter auf dem weiteren Weg, der ins Land der Riesen führt. Und noch eine weitere Person ist dort mit von der Partie: Der weise Jor, der nachgeeilt war um das Gjallarhorn auszutauschen, nachdem er den Gefährten versehentlich eine Spielzeugtröte mitgegeben hatte, holt die drei ein und kann sie mit eben diesem Horn aus großer Gefahr erretten - allerdings auf etwas unorthodoxe Weise. Das Horn ist danach nicht mehr zu gebrauchen. Über einen magischen Regenbogen muss eine Schlucht überquert werden, ehe man schließlich das Gläserne Schwert im Land der Riesen entdeckt: Es ist im Besitz des Königs und muss diesem mit einem raffinierten Trick abgeluchst werden. Doch solche Kunststückchen hat der clevere Jor stets auf Lager. Das Gläserne Schwert kann daher errungen werden und der Weg führt stante pede zum Unerklimmbaren Gipfel. Dank der Zauberkraft des Fürsten von Niflheim sogar schneller als geplant: Die Gruppe kapert ein erzaubertes Flugtier und kann so den Berg rasch erreichen. So wird das Böse bezwungen und der Weg zurück nach Hause ist frei für Micky und Goofy. Dort verleben sie dann eine frohe Weihnacht.


Das Schwert und der Berg - Finale bei Sonnenaufgang

Dieser erste Teil der Asgardland-Saga setzt hohe Maßstäbe. Nicht nur für die noch folgenden drei Teile, sondern für das Fantasygenre im Disney-Comic ganz allgemein. Mit einer wunderbaren Charakterentwicklung, die alle Figuren samt deren Handeln absolut plausibel macht, sorgt die Story für eine wunderbare Atmosphäre, die durch das liebevoll und im Detail ausgearbeiteten Asgardland noch unterstützt wird. Niemals hat man den Eindruck, dass die Helden durch eine unfertige oder gar in wesentlichen Teilen unglaubwürdige Welt eilen, stattdessen kann man sich zu jeder Zeit an der ungeheuren Tiefe erfreuen, die Massimo de Vita der Story verliehen hat.
Durch die exzellente Studie von Figuren und Welt ist es de Vita natürlich auch ein Leichtes, eine ebenso epische wie fantastische Geschichte zu konstruieren, die in ihrem Kosmos von der ersten bis zur letzten Sekunde funktioniert. Dabei wird, quasi nebenbei, ein Gag nach dem anderen gezündet, so dass man sich trotz der realen Umgebung stets bewusst ist, in einer Comic-Geschichte zu sein. Dass das Ganze zudem vor dem Hintergrund es Weihnachtsfestes geschieht und damit die Welt am fröhlichsten und unbeschwertesten aller Tage ihre Erlösung begehen kann, passt ins Bild. De Vita transportiert durch diese Darstellung auch einen traditionellen Geist der Weihnacht, für die Tradition und die Betonung der Gemeinschaft, gegen moderne Auswüchste (was ja auch in den späteren Teilen geschieht, und dort noch wesentlich stärker). So lebt auch diese Story in weiten Teilen davon, dass die reisende Gemeinschaft funktioniert, weil jeder für den anderen kämpft und das eigene Ego komplett zurückstellt, um für die Gruppe bestmöglich arbeiten zu können. Das große Ziel steht im Vordergrund, nicht der Einzelne - auch diese Einstellung wird durch de Vita ausgiebig propagiert, der sich damit gegen eine Entfremdung der Menschen voneinander wendet. Daher dürfte diese Geschichte auch heute noch nicht nur als Fantasy-, sondern auch als Weihnachtsgeschichte wahrgenommen werden, die den vielzitierten "Geist der Weihnacht" transportiert. Dass durch die Fantasy-Elemente gleichzeitig auch die nicht on Kitsch faszinierten Leser angesprochen und in ihren Bann gezogen werden - um so besser.
So hat man am Ende eine Geschichte, die einfach wunderschön ist, keine Fragen offen lässt und die in ihrer Themenwahl auch optimal zur Adventskalender-Aktion passt. Alles bestens also ;)

von Carsten Spitz

Autor: Massimo de Vita
Zeichner: Massimo de Vita
Seiten: 99
Veröffentlicht: 1982