Die besten Geschichten aller Zeiten
Platz 10: Der Ritter ohne Furcht und Adel (LTB
203, Der Ritter ohne Furcht und Adel):

Von der so genannten "Drachenland-Saga" sind insgesamt 3 Teile erschienen und allesamt ziemlich gelungen. Wenn man den hier beschriebenen 2. Teil (Der sich aber auch ohne jegliche Kenntnis von Teil 1 und 3 sehr gut lesen lässt) als den vielleicht Besten heraushebt, begeht man sicherlich keinen großen Fehler. Teil 1, "Drachengold" erschien in LTB 197, ein dritter Teil mit dem Namen "Der Geist aus der Kanne" befindet sich in LTB 226. Alle drei Teile haben mit über 100 Seiten für heutige Verhältnisse eine epische Länge, die sie zu nutzen wissen. Ganz besonders aber das an dieser Stelle beschriebene Werk "Der Ritter ohne Furcht und Adel".

Der Schauplatz der Handlung ist das mittelalterliche Drachenland, in dem König Dagobertur regiert. Die Geschichte beginnt im Grunde damit die einzelnen Bewohner Drachenlands, die wieder einmal sehr viel Ähnlichkeit – optisch und charakterlich – zu den uns bekannten Entenhausenern aufweisen, vorzustellen und ihre "Aufgabe" in der Handlung herauszuarbeiten.
Ritter Donaldus etwa reitet, nachdem er in Teil 1 im wahrsten Sinne des Wortes "über das Ziel hinausgeschossen" ist, mit seinem mechanischen Pferd auf dem Mond herum – ohne genau zu wissen, wie er auf die Erde zurückkehren soll. Die beiden Weisen Meister Düsentrieb und Magister Wundersam haben es sich derweil zur Aufgabe gemacht, eben dieses Problem für ihn zu lösen.


Donaldus macht den Mond unsicher

So ist es ohnehin eine der großen Stärken dieser Geschichte, gekonnt zwischen den einzelnen Schauplätzen hin- und her zu schalten, ohne das große Ganze – den Storyaufbau und dessen Weiterkommen – zu gefährden. In anderen Nebenschauplätzen träumt die junge Dollina zum Beispiel davon einmal eine Ritterin zu werden, Herzogin Gitta hat ähnlich abwegig klingende Phantastereien – will sie doch mit aller Macht das Herz von König Dagobertur gewinnen. Hierfür greift sie sogar auf vermeintlichen Zaubertrank zurück, den ihr Quacksalber und Scharlatan Kuno aufschwatzt.

Eine ganz große Geschichte entsteht selbstverständlich nicht, wenn man nur viele kleine amüsante Teilgeschichten aneinanderreiht. So gibt es auch hier einen durchgehenden Haupt-Handlungsstrang, der es wahrlich in sich hat.
Der junge Mickos, eigentlich lediglich Gehilfe von Ritter Goofus aus Mausanien, besiegt eher zufällig bei einem von Dagobertur veranstalteten Ritter-Wettkampf den scheinbar unschlagbaren "Schwarzen Ritter", der sich nach der Niederlage als eine von bösen Mächten gelenkte Rüstung entpuppt. Dies stellt die beiden Weisen Düsentrieb und Wundersam vor ein weiteres Rätsel... Mickos wird daraufhin zum Ritter geschlagen – vor allem da Dagobertur so auf die Ausgabe des Preisgeldes für den Turniergewinn verzichten kann.

Dem Leser wird im folgenden recht schnell vor Augen geführt, aus welcher Quelle die bösen Kräfte stammen. Das schwarze Phantom hat Welteroberungspläne und hat sich (zufälligerweise auch auf dem Mond) ein Heer von Blechsoldaten zusammengebastelt. Hierbei kommt ihm zu Gute, dass (zumindest in dieser Sage) alle Gegenstände, die die Bewohner Drachenlands auf der Erde verlieren, auf dem Mond wieder auftauchen. So hat das Phantom auf dem Mond wirklich allerlei Materialien um sich sein seelenloses Heer zurechtzuzimmern.
Besonders pikant (und eine fabelhafte Idee Mognatos) ist aber, dass nicht nur verlorenen Gegenstände, sondern auch nicht benötigte Charaktereigenschaften der Erdenbewohner auf dem Mond landen. So gibt es dort beispielsweise riesige Gefäße mit der Großzügigkeit von König Dagobertur oder dem Scharfsinn von Donaldus, der – noch immer auf dem Mond gefangen – tatenlos den Plänen des Schwarzen Phantoms zusehen muss.


Die Großzügigkeit von König Dagobertur wird auf der Erde nicht benötigt

Dieses will sein Heer nämlich mit einer gewaltigen Prise Egoismus versehen, um so einen Krieg gegen das Drachenland gewinnen zu können.
Da die meisten edlen Ritter Drachenlands doch vor allem eigene Ziele verfolgen (Allen voran Ritter Gustavus) tropfen wenig Egoismustropfen in ihre Gefäße – wird die Selbstliebe doch noch auf der Erde benötigt. Etwas anders ist das beim völlig selbstlosen Mickos, dessen Egoismus-Glas sich seit dem Ritterschlag unaufhaltsam füllt. Damit spielt er unbewusst dem Schwarzen Phantom natürlich in die Karten. Dieses wird allerdings ungeduldig und lässt Königin Minella von Mausanien durch seinen Handlanger Graf Karolus (von allen nur "Klauallus" genannt, was diesen allerdings regelmäßig zu Wutausbrüchen führt) entführen, damit Mickos' selbstloser Heldenmut geweckt wird und sich weitere Egoismus-Flußigkeit gen Mond bewegt. In der Tat führt Mickos kurz nach Überbringung der schrecklichen Nachricht einen ansonsten wenig motivierten Ritter-Trupp zur Befreiung der Königin an.


Ritter Mickos' Edelmut speist unbewusst Kraft in das Heer des Bösen

Bei der anvisierten Rettungsaktion riskiert Mickos schließlich sein Leben und kommt nur mit viel Glück mit diesem davon. Soviel Heldenmut kommt den Phantom natürlich zupass und sein Altmetall-Heer erhält die letzte nötige Prise Egoismus. Der Angriff auf das Drachenland kann beginnen, Donaldus heftet sich allerdings mit einer weiteren Flasche eher zufällig herausgegriffener unbenötigter Charaktereigenschaften an die Fersen des kriegerischen Trupps.

So kommt es zum finalen Showdown im Drachenland. Die bösen Krieger des Schwarzen Phantoms liefern sich einen harten Kampf mit den Rittern des Drachenlands. Selbst der gesundheitlich stark angeschlagene Mickos zieht in den Kampf. Dieser scheint leider aussichtslos, bis Donaldus die Flasche vom Mond über den Blechrittern leert und diese mit der neu erworbenen menschlichen Eigenschaft "Höflichkeit" ein leicht zu bezwingender Gegner werden... ;)

Die Geschichte weiß neben ihrer absolut fantasievollen Storyidee auch mit der Vielzahl der eingesetzten unterschiedlichen Disney-Charaktere aus Maus- und Duck-Universum zu überzeugen. Hierbei ist eigentlich keine der Personen nur schmückendes Beiwerk sondern trägt aktiv zur gelungenen Storybildung bei. Die vielen unterschiedlichen Handlungsstränge ergänzen sich bravourös zu einem Ganzen; auffällig und interessant – keinesfalls aber störend – sind die vielen Schnitte zwischen den unterschiedlichen Schauplätzen und Protagonisten, die mit ihren unterschiedlichen Aufgaben und Charaktereigenschaften dafür sorgen, dass trotz 179 Seiten stets für Abwechslung gesorgt ist.

Natürlich nimmt die Geschichte teilweise aberwitzige Wendungen, greift der Zufall auf unnatürlich starke Art und Weise in den Verlauf ein (Man denke nur an die Szene, in der Düsentreib und Wundersam Donald via Telefon auf dem Mond anrufen; von dessen Erfindung sie in der Zukunft gehört haben). Bei dieser Geschichte handelt es sich aber um ein fantasievolles Ritter-Märchen – da soll das durchaus einmal erlaubt sein, wie ich finde. Zumal ich es als absolut nicht störend in einem insgesamt auch sehr humorvollen Werk empfinde.

Auch zeichnerisch läuft Dalla Santa hier zu einer Hochform auf, die er vielleicht nicht bei allen seiner Comics bisher erreicht hat. Hier passen sie aber außerordentlich zur mittelalterlichen Grundstimmung und verleihen der Geschichte den letzten Schliff. Das Duo Mognato/ Dalla Santa hat übrigens schon sehr häufig zusammengearbeitet, so hat Mognato einen Großteil der ersten von Dalla Santa gezeichneten Geschichten geschrieben.

von Christian Peters

Autor: Caterina Mognato
Zeichner: Giuseppe Dalla Santa
Seiten: 179
Veröffentlicht: 1994