Die besten Geschichten aller Zeiten
Platz 21:
Die Frau in Zartrosa (LTB 222, Der erste Held von Olympia)

Die Aussicht, im Gespräch zu bleiben und neue Klienten zu finden, treibt Privatdetektiv Micky Maus in eine verrufene Kneipe. Dort trifft er nicht nur seinen alten Freund Ricko, sondern auch eine potenzielle Kundin, die ihn in einen Gespräch verwickelt und auf ein Gläschen einlädt. Doch der Mäuserich hatte nicht mit der Heimtücke der Dame gerechnet: In einem unaufmerksamen Moment mischt sie seinem Drink eine bittere Flüssigkeit bei - Gift! Micky trinkt, von seinem Schicksal noch nichts ahnend, und wird dann durch eine mit "Die Frau in Zartrosa" unterschriebenen Karte mit der Wahrheit konfrontiert. Wenn er kein Gegengift findet, hat er noch 12 Stunden zu leben. Eine wilde Suche beginnt.


Schurkische Scherze schändlicher Schufte

Der Attentäter legt anfangs Spuren, um Micky die Ausweglosigkeit seiner Lage genau vor Augen zu führen - doch das ist ein Fehler, denn die Maus sichtet auch im Angesicht des Todes weiterhin jede Spur und zieht seine Schlüsse. Und so ist er schon bald einem der Ganoven auf der Spur, von dem er immerhin weiß, dass er übergewichtig und wie ein Cowboy gekleidet ist. Auch die Polizei wird eingeschaltet, als zentrale Anlaufstation entpuppt sich allerdings Ricko, der Micky in dieser Stunde der Gefahr zur Seite steht und mit seinen Methoden wichtige Erkenntnisse gewinnen kann. So findet man heraus, wer hinter der Sache steckt: Marlis Mamba, auch bekannt als Schwarze Witwe, eine bekannte Giftmischerin, die derzeit die Strafe für einen ihrer zahlreichen Morde absitzt. Und auch die Frau in Zartrosa wird identifiziert: Es handelt sich um eine kriminelle Schnulzensängerin. Doch das alles nützt nicht viel, denn die Gestalten müssen binnen weniger Stunden gefunden und zur Herausgabe eines Gegenmittels gezwungen werden.


Schweiß im Scheinwerferlicht

Man setzt sich an Spuren und verfolgt diese, doch jeder Versuch, das Gegengift zu bekommen oder große Erkenntnisse zu gewinnen, schlägt fehl - bis Ricko sich wieder einschaltet. Er hat den Aufenthaltsort der zwei freien Banditen erfahren und gemeinsam mit Micky macht er sich mit einem raffinierten Plan auf, um das saubere Duo hereinzulegen. Ein wenig Theaterschminke und Schauspielkunst sorgen im Gefühl des sicheren Sieges für Leichtsinn bei den Giftmischern, den Micky gerade noch ausnutzen kann. Gerettet!


Das war's dann wohl

In dieser Geschichte zeigt Joaquin, der sich später zu einem der zentralen Zeichner des unsäglichen "Kaschperlmicky" entwickeln sollte, was in ihm steckt. Die für Disney-Verhältnisse ungewohnt düstere Story wird von ihm mit ausgesprochen atmosphärischen Zeichnungen hervorragend transportiert. Damit gelingt es, den Hintergrund des nahenden Todes des Hauptprotagonisten passend darzustellen, das zeichnerische Umfeld passt perfekt zum Stil der Story (überhaupt sei, wem diese Geschichte gefällt, auf die Serie "Ein Fall für Micky" verwiesen, von der Mitte der 90er Jahre 26 Bände beim Ehapa-Verlag erschienen sind, die alle voll derartiger - teilweise noch deutlich besserer - Geschichten sind). Dass das Ende ein wenig uninspiriert daherkommt und nicht an die teilweise fantastische Entwicklung der Handlung bis dahin anknüpfen kann, ist ein kleiner Wermutstropfen - doch das Faszinierende dieser Story ist ohnehin weniger in der eigentlichen Handlung zu suchen als vielmehr in der Atmosphäre, die vollkommen untypisch daherkommt und keinen Wert auf kindgerechte Darstellung legt. Und verblüffend ist wirklich, wie Egmont, das diese Geschichte produziert hat, kurz darauf die komplette Kehrtwende mit der Schaffung von Kaschperlmicky hingelegt hat. Auch wenn man sicherlich einwerfen kann, dass Micky in diesen Storys nicht sonderlich sympathisch erscheint, ist das Ziel des andersartigen Disney-Comics mit einem anderen Charakter in der Hauptrolle wohl nicht zu erreichen, so dass die etwas verfremdete Hauptfigur in Kauf genommen werden muss.

Autor: Bob Langhans
Zeichner: Joaquin
Seiten: 49
Veröffentlicht: 1996