Die besten Geschichten aller Zeiten
Platz 28: Der Mann aus Ping-Pong (LTB 13, Micky in Gefahr)

Zu den ganz großen Maus-Geschichten des italienischen Meisterautors und -zeichners Romano Scarpa gehört zweifelsohne auch "Der Mann aus Ping-Pong" um den etwas verschrobenen, aber durchweg liebenswerten Trichterfonisten Moritz Mollton. Da war es also folglich nur eine Frage der Zeit, bis dieser "Klassiker" sein eigenes, ihm gewidmetes Highlight erhielt.

In Ping-Pong sitzt zu Beginn der Geschichte eben dieser Moritz Mollton wegen Diebstahls in Haft. Ping-Pong ist im italienischen Original übrigens nichts anderes als die berühmte Gefängnisfestung Alcatraz. Mollton hat seine Haftstrafe nun verbüßt, hat während seiner Haftzeit mit dem sogenannten Trichterfon sein eigenes Musikinstrument entwickelt und wird nun wieder auf freien Fuß gesetzt. Sein neues Leben beginnt Mollton, wie es der Zufall so will, im beschaulichen Entenhausen, welches der lebensfrohe Trichterfonist mit den unerträglichen Tönen seines Werkes gewaltig aufschreckt. Schließlich nimmt Micky den Ex-Häftling unter seine Fittiche und erlaubt ihm, vorübergehend bei ihm als Untermieter einzuziehen.


Traditionspflege aus Überzeugung

Um seinem neuen Gast eine schöne Zeit zu ermöglichen, staffiert Micky sogar seine Garage mit schalldichten Platten aus, so dass jener seinem musikalischen Hobby nachgehen kann, ohne seine Mitmenschen weiter damit zu belästigen. Mollton kommt zwar etwas tolpatschig und naiv daher, ist jedoch ein wunderbar von Scarpa erschaffener Charakter, der dem Leser nachhaltig ans Herz wächst. Dass eine "Nebenfigur" über Jahre hinweg in guter Erinnerung bleibt, kann man wohl nur von den wenigsten Disneycomics behaupten. Bei Moritz Mollton ist dies aber nicht nur bei mir zweifelsohne der Fall.


Ungewollte Heiterkeit zu unpassender Zeit

Als die Buddhaflöte des berühmten Musikmäzens Herrn Wohlklang, bei dem Mollton kurz vorher erfolglos vorgespielt hatte, gestohlen wird, gerät Mickys Untermieter als ehemaliger Ping-Pong-Häftling sofort in Verdacht und eine äußerst wilde Verfolgungsjagd von Kommissar Hunter und Micky Maus auf den Dieb entwickelt sich.
An deren Ende wird der deprimiert dreinschauende Mollton in Handschellen abgeführt und nicht nur Micky zweifelt an seiner Menschenkenntnis, wie er sich in ihm so sehr täuschen konnte.
Wie sich später allerdings herausstellt, ist nicht etwa Moritz Mollton der Verbrecher, sondern sein einstiger Mithäftling Bert Brecher, frisch aus der Gefängnisfestung entkommen.
Brecher hatte einen von ihm entwickelten Gedankenleser in Molltons Trichterfon versteckt, woraufhin dieses unerwarteterweise ausschließlich schöne Töne von sich gab. Mithilfe des versteckten Gedankenlesers hatte Brecher die Gedanken des Mäzen Wohlklang hören können und war auch so an den Code für den Safe der wertvollen Buddhafläte gelangt.
In einem furiosen Finale stellt Micky, der nur durch Zufall und sein detektivisches Geschick hinter die Geschichte gekommen war, den wahren Übeltäter und verhilft Mollton damit wieder zu seiner verdienten Freiheit.


Fische zu verblasen! Frische Fische!

Als ob das Finale nicht schön genug wäre, hört Mäzen Wohlklang Molltons Trichterfonklänge - die sich für den normalen Lauscher ohne den eingearbeiteten Gedankenleser wieder äußerst "gewöhnungsbedürftig" anhören - und engagiert ihn und seine Erfindung vom Fleck weg.

Grandios der Plot des 'Detektivfalls', der so viel mehr ist - unerwartet die Handlungsstränge.
Der Leser weiß erst sehr spät, um was für eine Persönlichkeit es sich bei Mollton genau handelt, lange Zeit wird sein Charakter sehr mysteriös und offen gehalten. Zeitweilig mag der Leser noch vermuten, hinter dem kauzigen Mollton würde sich ein Verbrechergenie verstecken. Zudem ist "Der Mann aus Ping-Pong" urkomisch und gespickt mit Situationskomik, in der Scarpas ganze Genialität durchschimmert.
Da bedarf es nur einem ganz kurzen Resumee: Unbedingt lesen! Und zwar immer und immer wieder! ;)

von Christian Peters, Carsten Spitz

Autor: Romano Scarpa
Zeichner: Romano Scarpa
Seiten: 66
Veröffentlicht: 1963