Am 23. April 2005 ist Romano Scarpa 77-jährig verstorben.
Scarpa war der womöglich beste italienische Comickünstler aller Zeiten, hat die europäische Comickultur über viele Jahrzehnte geprägt und war als Autor und Zeichner an vielen der schönsten Disney-Comics direkt beteiligt.

Scarpa wurde am 27. September 1927 in Venedig geboren und begann schon früh mit dem Comiczeichnen. Sein Talent konnte er er an der Kunstakademie in Venedig ausbauen. Sein allererster veröffentlichter Disney-Comic war "Biancaneve e verde fiamma", eine Comic-Version von "Schneewittchen" (In Deutschland bislang unveröffentlicht, in Italien 1953). Abseits der Disney-Comics sollte er später u.a. auch für Kaukas "Fix und Foxi" aktiv werden.


Szene aus "Der fliegende Schotte" (LTB 8) © Disney

Besonders seinen frühen Werken merkt man die Ausrichtung an den Comics von Floyd Gottfredson an. Oft schließen die einzelnen Seiten mit einem kleinen Gag bzw. einen kleinem Höhepunkt ab, ganz wie es einst bei Gottfredsons Tagesstrips gewesen war.

Der erste in Deutschland erschienene Scarpa-Comic war zugleich die allererste Geschichte im Lustigen Taschenbuch, nämlich "Der Kolumbusfalter" aus Band 1. Die älteste Scarpa-Geschichte, die in Deutschland bislang erschienen ist, ist aber "Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms" (LTB 62, in Italien 1955 erstveröffentlicht).
Mit "Der rasende Kurier" (in LTB 36 erschienen) schrieb Romano Scarpa schließlich auch seinen allerersten Disney-Comic, nachdem Guido Martina die Skripte für seine Frühwerke entworfen hatte. Scarpa sollte fortan nicht nur als einer der besten Zeichner, sondern zudem auch als einer der einfallsreichsten Storyautoren fungieren.


Szene aus "Der Kolumbusfalter" (LTB 1) © Disney

Scarpa avancierte frühzeitig zu einem der aktivsten und angesehensten italienischen Comic-Künstler, in den langen Jahren seiner Karriere gab er sein Können auch an viele jüngere Nachwuchszeichner weiter, die heute längst selber angesehen und etabliert sind. Zu erwähnen sind hier etwa Giorgio Cavazzano, Luciano Gatto, Rodolfo Cimino, Luciano Capitanio, Sandro Del Conte oder Maurizio Amendola..
Gerade Cavazzano setzte viele Jahre lang Scarpas Zeichnungen um und so verwundert es wenig, dass seine Zeichnungen in den ersten Jahren denen von Scarpa doch sehr ähnelten.
Dass diese talentierten Zeichner seine Bleistiftzeichnungen in Tusche umsetzten, gab Scarpa wiederum die Möglichkeit einen sehr hohen Comic-Ausstoß bei unwahrscheinlich hoher Qualität zu produzieren.


Maxi Smart © Disney


Atömchen (l.) und Micky © Disney

Scarpa zeichnete sich vor allem auch dadurch aus, dass er es verstand unwahrscheinlich faszinierende Nebencharaktere zu entwerfen, die den Entenhausener Kosmos - obwohl sie manches Mal vielleicht nur einen Auftritt in einem einzigen Comic hatten - immens bereicherten.
Wer, der schon in frühen Jahren seine Comics gelesen hat, erinnert sich nicht gerne an den etwas naiven Moritz Mollton mit seinem Trichterfon, Herrn Bauz, den "Südsee-Yeti", oder den putzigen letzten "Gulu-Gulu"?

Bei anderen von Romano Scarpa erschaffenen Charakteren blieb es hingegen nicht bei einem einmaligen Auftritt. Kater Karlos Freundin Trudi, Gitta Gans und Kuno Knäul, Atömchen, Kralle oder auch Dummi wurden recht bald schon auch von anderen Zeichnern übernommen und so fest in den Kosmos integriert. Auch Maxi Smart, Mickys gefiedertem Rabenfreund, dessen Vater Ellsworth einst von Gottfredson erfunden worden war, wurde von Scarpa Leben eingehaucht.
Das Schwarze Phantom wurde zudem in der bereits angesprochenen Geschichte "Das doppelte Geheimnis des Schwarzen Phantoms" von Scarpa quasi als Widersacher von Micky Maus und wertvoller Charakter wiederentdeckt.


Übersicht der Scarpa-Kreationen © Disney

Scarpas Liebling blieb über all die Jahre Micky Maus, die Figur, die spätestens durch die etwa zeitgleich in den USA erschienenen wunderbaren Comics von Carl Barks mehr und mehr an Boden auf den Enterich Donald Duck zu verlieren schien. Scarpa vermochte es aber - wie vielleicht kein Zweiter - mit dem Mäuserich umzugehen und ihm spannende und humorvolle Geschichten auf den Leib zu schreiben und diese in seinem unvergleichlichen Stil zeichnerisch umzusetzen.


Szene aus "Das geheimnisvolle Geisterhaus" (LTB 147) © Disney

Zu den bekanntesten Geschichten von Scarpa gehört mit Sicherheit "Olympisches Fieber" aus LTB 130, welche mit 250 Comicseiten nicht nur qualitativ zu begeistern weiß.
Bis 1998 textete und zeichnete Romano schließlich noch für den italienischen Mondadori-Verlag, ehe er sich nach einem Streit Egmont anschloss und für diese noch bis zuletzt aktiv war.

Beenden möchte ich diesen Text über Romano Scarpa mit seinen eigenen Worten, abgedruckt in Ehapas "Hall of Fame Band 3":
"Ich bin besonders dankbar dafür, dass die Leser so viel von meiner Arbeit halten, denn das hatte ich nie erwartet. Ich hoffe, ich werde sie nie enttäuschen". (Romano Scarpa, 2004)

Christian Peters, April 2005

Highlight-Rubrik mit zahlreichen Comic-Highlights von Romano Scarpa.

Verwendete Quellen:
• "Hall of Fame: Band 3 – Romano Scarpa", Ehapa Comic Collection; 2004; ISBN: 3-7704-0682-6
• Inducks Deutschland; http://de.inducks.org/